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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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sein.“
    Der Elf rang mit sich. Er schwankte hin und her zwischen Emilys Worten und dem Vertrauen, das Arrow ihr zweifellos entgegen brachte. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, wandte er sich plötzlich wortlos ab und verschwand im Schatten des Tunnels.
    Arrow fiel eine Last von den Schultern. Zustimmend nickte sie Emily zu, die daraufhin die Axt an sich nahm und mit ihr in das Wasser ging. Die übrigen schauten ihr besorgt hinterher. Bis auf Dewayne gab es niemanden, der nicht von den Worten des kleinen Mädchens ergriffen war. Dennoch schwang auch ein schwacher Klang des Zweifels an ihrem Wahrheitsgehalt in ihren Gedanken wider.
    Die Zeit verging und nichts passierte. Arrow und Neve hatten sich am Rande des Moores niedergelassen und schauten ungeduldig auf die Lichtquelle. Von Emily selbst war nichts zu sehen.
    „Das kleine Mädchen hat es dir ganz schön angetan“, suchte die Elfe das Gespräch.
    Arrow nickte. „Es ist grauenvoll, dass ein so zartes und reines Wesen nie die Chance bekommen hat, erwachsen zu werden, eine Familie zu gründen und irgendwann im Kreise ihrer Lieben alt zu werden. Vielleicht gibt es andere, die solch ein Schicksal verdient hätten, doch sie gehört mit Sicherheit nicht dazu. Schade nur, dass mein Bruder das offenbar anderer Meinung ist.“
    „Dewayne?“, entgegnete Neve überrascht. „Wenn du denkst, dass er es persönlich meint, dann liegst du falsch. Seine Ablehnung hat etwas mit unserem Glauben zu tun. Wir Elfen sind der festen Überzeugung, dass die Toten nicht zu den Lebenden gehören. Die Tatsache, dass wir nach unserem Ableben nicht in das ewige Himmelreich eintreten, bestärkt uns noch mehr darin. Weiterhin gilt es als schlechtes Omen, sich mit ihnen abzugeben. Mit einem Geist zu reden verheißt nichts Gutes. Schlimme Dinge werden danach geschehen.“
    „Du scheinst diesen Glauben aber nicht so ernst zu nehmen, wie er.“
    „Weil ich mir kaum vorstellen kann, dass es noch schlimmer werden kann, als es ohnehin schon ist“, entgegnete sie mit einem müden Lächeln. „Was soll uns denn noch ach so Verheerendes passieren, nachdem die Túatha Dé Danann zurückgekehrt sind, uns aus unserem Zuhause vertrieben und meinen Mann von seinem Thron gestoßen haben? Ein Krieg bahnt sich nicht länger an, sondern tobt in vollem Gange hoch über unseren Köpfen. Unschuldige sterben, während wir nichts anderes tun können, als uns hier unten zu verstecken und zum Gegenangriff auszuholen. Noch dazu möchte ich mir gar nicht ausmalen, wie lange es dauern wird, bis die nötigen Vorbereitungen dafür abgeschlossen sind. Aber was am Schlimmsten ist und wir schon lange vor Emilys Ankunft in unseren Hallen wussten, ist, dass die Túatha Dé Danann es auf ein ganz bestimmtes Kind abgesehen haben. Aufgrund der Prophezeiung steht es außer Frage, dass es eine Verbindung zwischen dir und diesem Kind gibt. Somit könnte es tatsächlich Juna sein, die sie wollen.“
    Neve senkte den Kopf. Nachdem sie eine Weile regungslos über das Wasser geschaut hat, vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen und begann bitterlich zu weinen. Arrow zögerte. Auf der einen Seite schrie alles in ihr danach, ihrer Freundin Trost zu spenden, sie in den Arm zu nehmen und ihr gut zuzureden. Andererseits jedoch konnte sie den Kummer der Elfe nachvollziehen und hielt es ebenfalls für angemessen, ihren Tränen freien Lauf zu lassen. Weinen hat oft etwas Befreiendes. Man sammelt all seine Sorgen über einen gewissen Zeitraum an und denkt, dass man ihnen gewachsen ist und sie bewältigen kann, indem man versucht, sie zu verdrängen. Doch wie so oft macht es sie nur noch stärker, bis man ihnen irgendwann nicht mehr widerstehen kann. Dann ist all die Verdrängung umsonst gewesen und sie platzen aus einem heraus wie eine Fontäne. Wenn es dann vorbei ist, fühlt man sich schlecht, weil man nicht stark genug gewesen ist ihnen zu trotzen, doch anschließend arrangiert man sich damit und fühlt sich frei. Der Kopf ist leer für neue Gedanken und das Herz erleichtert für neuen Mut.
    Letzten Endes nahm sie die Elfe dann aber doch in den Arm, denn sie hätte es sich für sich selbst genauso gewünscht. Nichts ist schlimmer, als mit seinen Tränen allein gelassen zu werden und ihnen schutzlos ausgeliefert zu sein. Tröstende Worte fand Arrow allerdings nicht. Immerhin konnte es sich bei dem besagten Kind aus der Prophezeiung ebenso um ihr eigenes handeln, was ihrer Ansicht nach sehr viel wahrscheinlicher war. Und sie selbst

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