Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
einer Menschenkolonie innerhalb des Untergrundes standen. Es hieß, dass sich diese Menschen mithilfe von Eisen gegen die Besuche zweifelhafter Naturgeister schützten und Arrows Idee war es, diese Waffe, die sie selbst verwundbar machte, für sich nutzbar zu machen. Laut Bon gab es direkt unter Nebulae Hall ein altes Tunnelsystem, das mehr ein Labyrinth als einen Pfad darstellte. Es war vor ewigen Zeiten ausgebaut worden, bis die Arbeiten daran schließlich irgendwann eingestellt worden waren. Dem Riesen zufolge war das keineswegs ungewöhnlich, denn es existierten viele solcher Sackgassen innerhalb des Zwergenreiches. Die Erklärung dafür ließ sie, wie schon die über den simplen Zugang zum Moor der Toten, wieder einmal nur den Kopf schütteln.
„Handwerker eben“, hatte der Riese gesagt. „Manche leisten hervorragende Arbeit, andere wiederum sind so lala und wieder andere erledigen gerade mal die Hälfte, ehe sie die Lust verlieren und sich einer anderen Tätigkeit zuwenden. Das ist bei uns Zwergen nicht anders als bei den Menschen. Und die können einem noch viel mehr leidtun, wenn man bedenkt, dass sie schon seit einer Ewigkeit über Stonehenge rätseln, obgleich dem auch nur die plötzliche Lustlosigkeit von Bauarbeitern zum Verhängnis wurde.“
Bei all dem Unverständnis, das sich im Hinblick auf derlei Unzuverlässigkeit in ihr regte, konnte es in diesem Fall nur von Vorteil sein. Zum einen, weil sie sich endlich in ihrer Theorie Stonehenge betreffend bestätigt sah – immerhin hatte sie die zusammen mit ihrem Jugendfreund Robert schon zu ihrer Schulzeit entwickelt. Und zum anderen, weil die Menschen aus der Kolonie ihr Einverständnis gaben, ihr Eisen in diesen Tunneln zu deponieren. Davon ausgenommen waren jene Gänge, über denen sich die offiziellen Tore Nebulae Halls befanden, denn dort wurden innerhalb der Höhle Menschen als Wachen postiert, die sie rund um die Uhr im Auge behalten sollten. Neu war diese Form der Eingrenzung jedoch nicht. Bei Arrows letztem Besuch in der Menschenwelt waren ebenfalls Eisenstangen um den Wald nahe Elm Tree vergraben worden. Sie sollten die Geister, die die Portale innerhalb des Waldes dazu nutzten, zwischen den Welten hin- und herzureisen, davon abhalten, ihn zu verlassen. Und eben diesen Zweck sollten sie nun auch in Nebulae Hall erfüllen. Ganz selbstlos kamen die Menschen dieser Bitte allerdings nicht nach. Arrow musste ihr Wort geben, sie mit Nahrung zu versorgen, solange sie sich wegen des Krieges im Untergrund versteckten. Eine Forderung, der nicht einfach nachzukommen war, denn sie konnten mit Mühe und Not gerade sich selbst versorgen. Die Tatsache jedoch, dass Anne ihnen aus ihrer Vorjahreszucht eine Fülle an Samen hinterlassen hatte, ließ sie diesem Handel zustimmen. Um das auch in die Tat umsetzen zu können, benötigte sie jedoch die Hilfe der Nyriden, denn ohne sie war es schwer, daraus Obst, Gemüse oder Getreide zu züchten.
Die Menschen hatten sich unerwartet schnell an die Arbeit gemacht und Arrow spürte bereits die Kraft des Eisens, sobald sie sich einer der Grenzen näherte. Ganz wohl war ihr dabei nicht, denn es machte Nebulae Hall mehr zu einem Gefängnis als je zuvor. Dennoch durften sie hinsichtlich dieser Maßnahme unter keinen Umständen die Hände in den Schoß legen. Und so fuhren sie mit ihrer Suche nach dem Fremden fort, selbst wenn dieser wie vom Erdboden verschluckt schien.
„Hast du Neuigkeiten?“, fragte sie Bon, als er am Abend einem der Wasserspiegel entstieg.
„Bisher nicht. Von dem Halunken fehlt jede Spur und auch die Merrows haben ihn nicht mehr gesehen. Allerdings haben sie Smitt von einer schwer zugänglichen Höhle berichtet. Der Tunnel, der dorthin führt, soll aber sehr lang sein. Selbst als Kröte würde der Atem, den man für den Weg bräuchte, nicht ausreichen. Und die Merrows können die Höhle nicht erkunden, da sie außerhalb des Wassers nicht lange überleben.“
„Mithilfe der Merrows könnte er sich aber von ihnen dorthin bringen lassen. Ich für meinen Teil kenne kein Wesen, das sich dermaßen schnell im Wasser fortbewegen kann wie sie es tun.“
Bon musterte sie stirnrunzelnd. „Du kennst doch Smitt, oder? Kannst du dir tatsächlich auch nur im Entferntesten vorstellen, dass er sich freiwillig von einem Merrow in die Mangel nehmen ließe um ihn als Transportmittel zu benutzen? Gäbe es eine Nixe, die ihn auf diese Art und Weise dorthin geleiten würde, sähe die Sache schon anders
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