Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
freizubekommen. Die Erkenntnis jedoch, dass mein Herz viel mehr noch an diesen wenigen hängt als an jenen, den vielen, die es eigentlich zu retten gilt, erstaunt mich jedes Mal aufs Neue. Ist es nicht sonderbar, hin und wieder auf solche zu treffen, die einen so sehr mit ihrem Wesen fesseln, dass sie einen nicht mehr loslassen? Dass wir unser Glück von ihnen abhängig machen? Selbst, wenn man weiß, dass das Leben ohne sie weiterhin existieren würde? Und gleichzeitig ist man sich dessen bewusst, dass es das ohne die Nyriden nicht tun würde. Dennoch bedeutet mir das Wohlergehen unseres Volkes nicht annähernd so viel wie das meiner Freunde, denn sie haben auch eine ganz besondere eigene Welt geschaffen, die es zu beschützen gilt, meine Welt. Und ich habe ihnen so viel zu verdanken, denn ohne sie befände ich mich heute nicht dort, wo ich jetzt bin.
Wenn du Freunde hast, für die du ebenso empfindest, dann bewahre sie dir tief in deinem Herzen. Einige davon werden dich vielleicht dein Leben lang begleiten, andere wiederum nur für eine kurze Zeit. Doch ganz gleich wie lange sie derlei Gefühle in dir auslösen, sie alle sind von unschätzbarem Wert. Vergiss das nie, denn sie sind der Schlüssel zu einem viel kostbareren Schatz, als ihn ein Kobold je bewachen könnte. Nicht umsonst scharen diese grimmigen Gesellen Gold und Edelsteine in unüberschaubaren Mengen um sich und bekommen dennoch nie genug davon. Sie erkennen nicht, dass es nicht diese Dinge sind, die glücklich machen. Deshalb sind sie ihr ganzes Leben lang auf der Suche und binden sich auf ewig an den einen Ort, an dem sie ihre Schätze hüten. Wir jedoch, die wir wissen, worauf es wirklich ankommt, sind uns dessen bewusst, dass man die wahrlich kostbaren Schätze immer in seinem Herzen trägt, und dorthin, wohin wir gehen, werden auch sie uns auf ewig begleiten.
In Liebe deine Mutter
Als am Morgen ein donnerndes Klopfen an dem großen Tor, das Nebulae Hall von der Zwergenstadt trennte, ertönte, blieb Arrows Herz einen Moment lang stehen. Doch nicht nur sie allein hatte voller Vorfreude darauf gewartet. Auch die anderen verharrten zunächst regungslos davor und warfen einander gespannte Blicke zu.
Es öffnete sich wie von Zauberhand. Als Arrow beobachtete, wie die vielen Leute zaghaft aber neugierig hereinströmten, hätte sie am liebsten laut Keylams Namen gerufen. Sie konnte es gar nicht erwarten, ihn endlich wiederzusehen, und auch wenn es ihr wichtig war, vor den anderen stets Haltung zu bewahren, würde sie diese bereitwillig und ohne zu zögern aufgeben, um ihren Mann so zu begrüßen, wie es ihr Herz von ihr verlangte. Doch je mehr Leute an ihr vorübergingen, desto stärker überkam sie das Gefühl, vergebens zu warten.
Neve kam als eine der Letzten mit Juna hinein und Arrow wären vor Rührung beinahe die Tränen gekommen, denn die kleine Elfe hatte zwischenzeitlich das Laufen gelernt. Mit leuchtenden Augen und einem strahlenden Lächeln stapfte sie auf Arrow zu, die sich schon auf den Boden gehockt hatte, um die kleine Prinzessin zu begrüßen. Sie umarmte Juna, als wäre sie ihr eigenes Kind, küsste sie auf die Wange und tanzte einmal mit ihr auf dem Arm um die eigene Achse. Es war so schön, sie endlich wiederzusehen, denn es hatte etwas von Familie und genau das war es, was Arrow so schmerzlich vermisst hatte. Dann schlang sie einen Arm um Neve und drückte sie dabei so fest, dass es keinerlei Worte mehr bedurfte, um ihr zu verdeutlichen, wie glücklich sie war, sie endlich wiederzusehen.
„Du hast uns auch gefehlt“, sagte die Elfe und strahlte dabei über das ganze Gesicht.
Erwartungsvoll warf Arrow einen Blick über ihre Schulter. Keylam war noch immer nicht durch das Tor gekommen und auch von Dewayne fehlte jede Spur.
„Sie sind nicht mit uns gekommen“, sagte Neve zaghaft, wohl wissend, dass es Arrow das Herz brechen würde.
„Sind sie in Schwierigkeiten?“, entgegnete sie besorgt.
„Nein ... Zumindest hoffe ich das. Keylam ist schon seit einiger Zeit weg. Er sagte, er hätte einen Auftrag von Elaine bekommen, wollte aber nicht verraten, worum es ging. Seitdem du in Nebulae Hall eingezogen bist, ist es schon das zweite Mal, dass sie ihn fortgeschickt hat. Und Dewayne ist vor einer Woche aufgebrochen, um sich mit Row zu treffen.“
„Row?“, erwiderte sie entgeistert. „Aber es hieß doch, dass er tot sei.“
„So war es auch und uns hat diese Neuigkeit nicht weniger überrascht als dich jetzt. Vor allem, da
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