Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommerzeit

Titel: Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
Vom Netzwerk:
besuchen?«
    »Nur selten. Wir fahren doch im Pendelverkehr zwischen Nynäshamn, Gotska Sandön und Fårösund hin und her. Aber früher habe ich mal als Assistent des Inselaufsehers gearbeitet. Deshalb kenne ich die Insel in- und auswendig.«
    Karin zog Morgan Larssons Passbild hervor.
    »Kennen Sie diesen Mann? Er heißt Morgan Larsson und fährt regelmäßig nach Gotska Sandön.«
    Stefan Norrström musterte das Bild nachdenklich.
    »Nein, den hab ich noch nie gesehen, glaube ich. Der Name sagt mir auch nichts. Aber man trifft ja so viele Menschen. Da kann man sich nicht an alle erinnern.«

Gotska Sandön, 22. Juli 1985

    A ls Vera das Zeltlager erreichte, war sie physisch und psychisch am Ende. Der Marsch zurück war zehnmal anstrengender gewesen als der Weg hinaus am vorigen Morgen. Sie betete, dass ihre Schwester auf eigene Faust ins Zeltlager zurückgekehrt war oder dass die Jungs sie mit dem Boot dorthin gebracht hatten. Ihre Eltern saßen vor der Hütte und tranken Kaffee. An ihren Gesichtern konnte sie sofort erkennen, dass Tanja nicht dort war.
    »Du bist allein? Wo ist Tanja?«, rief Oleg, ohne Vera auch nur zu begrüßen.
    Beide Eltern sprangen auf und liefen auf Vera zu, ihre Gesichter voller Unruhe. Vera konnte einen Stich an Gereiztheit nicht unterdrücken. Dass die Schwester immer Nummer eins in der elterlichen Aufmerksamkeit war! Sie war müde und außer sich vor Sorge, seit fast vier Stunden unterwegs. Ihr Wasser war längst geleert, die Hälfte hatte sie ja zurückgelassen. Sie war schweißnass, ausgedörrt und einfach am Ende ihrer Kräfte, aber die Eltern machten durchaus keine Anstalten, ihr beim Tragen zu helfen oder ihr etwas zu trinken anzubieten. Vera biss die Zähne zusammen. Ohne Umschweife berichtete sie, was geschehen
war. Das Gesicht ihres Vaters würde sie niemals vergessen. Er war unter seiner Sonnenbräune weiß, und seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
     
    »Soll das heißen, du hast dich volllaufen lassen und bist einfach schlafen gegangen? Du hast sie mit zwei wildfremden Männern alleingelassen?«
    »Ja, aber …«, begann sie, verstummte aber angesichts seines wütenden Blickes.
    »Wie konntest du nur? Du bist die Ältere und hattest die Verantwortung. Tanja weiß doch nicht, was gut für sie ist. Du bist einfach eingeschlafen, und jetzt ist sie verschwunden – vermutlich mit zwei fremden Kerlen!«
    Er stand nur wenige Zentimeter von ihr entfernt, und sie spürte seinen Speichel auf ihrem Gesicht. Vera strömte noch immer der Schweiß über das Gesicht, und der Rucksack hing wie ein Bleigewicht auf ihrem Rücken. Sie war erschöpft und wie benommen, und in ihrem Kopf drehte sich alles.
    »Ganz ruhig jetzt«, hörte sie die Stimme ihrer Mutter. »Es ist nicht Veras Schuld, dass Tanja verschwunden ist. Jetzt werden wir sie suchen gehen. Sicher hat sie sich einfach nur verlaufen.«
     
    Sie suchten den ganzen Abend, und andere Sommergäste, der Aufseher und die restlichen Angestellten halfen ihnen. Tanjas Name hallte auf der Insel wider, aber die Suche blieb ergebnislos. Als es dunkel wurde, verständigten sie die Polizei. Am nächsten Morgen würde eine Streife eintreffen, und sowie es hell war, sollte ein Hubschrauber eingesetzt werden. Nach dem Boot mit den
beiden Männern wurde gefahndet, aber Vera hatte nur eine sehr vage Vorstellung von dem Bootstyp. Sie konnte sich auch an die Namen der Männer nicht erinnern, sie glaubte jedoch, dass die beiden aus Stockholm stammten.

    N ach der Besprechung der Ermittlungsleitung rief Knutas Peter Bovides Eltern an. Katarina Bovide war am Apparat.
    »Hallo, hier spricht Kommissar Knutas von der Polizei Visby. Es tut mir sehr leid, wieder stören zu müssen, aber ich wüsste gern, ob Peter einen gewissen Morgan Larsson gekannt hat.«
    Am anderen Ende der Leitung war es still.
    »Ist das der, den sie tot aufgefunden haben? Ich habe eben im Radio gehört, dass jemand im Steinbruch …«
    »Ja, das ist er. Wir haben seinen Namen natürlich noch nicht bekanntgegeben, aber Ihnen kann ich bestätigen, es ist Morgan Larsson. Er wurde erschossen, genau auf dieselbe Weise wie Peter.«
    Knutas hörte, wie Katarina Bovide nach Luft schnappte.
    »Aber das ist doch entsetzlich. Warum gerade Morgan? Und warum Peter? Ich begreife das nicht. Das waren doch so liebe Jungen.«
    »Es tut mir leid. Sie haben einander also gekannt?«
    »Ja, früher waren sie Freunde. Aber als Erwachsene nicht mehr. Sie hatten seit vielen Jahren

Weitere Kostenlose Bücher