Somnambul Eliza (German Edition)
er: „Klassisch und sexy wie
Belle de Jour“.
Beide waren große Filmfans und Liebhaber
des klassischen europäischen Kinos. Daher erschrak Eliza, als Stephan diesen
Vergleich aufstellte.
„Findest du es zu overdressed oder zu gewagt?“ wollte sie besorgt wissen.
Stephans Antwort kam prompt und absolut
glaubhaft: „Unsinn, Liebes. Du siehst umwerfend aus. Punkt. Das ist doch
schließlich der Sinn der Übung.“
Zur Unterstreichung seiner Worte und um
die Diskussion als beendet zu erklären, stupste Stephan Eliza liebevoll mit dem
Zeigefinger auf die Nase.
„Und darf ich jetzt noch an deine
Haare?“
Eliza stöhnte auf, doch es handelte sich
eher um gespielte Entnervung, denn Stephan war wirklich gut im Frisieren. Er
nahm ihre blonden Locken locker am Hinterkopf zusammen und fixierte sie so
geschickt, dass das Ergebnis sehr elegant, aber dabei völlig natürlich wirkte.
„So, nun haben wir aus der Deneuve ruck
zuck eine Michelle Pfeiffer gezaubert“, lobte Stephan seine Arbeit.
Zufrieden betrachtete Eliza sich im
Spiegel. Sie musste sich ein wenig recken, um Stephan einen Kuss auf die Wange
zu geben: „Was täte ich nur ohne dich?“
Dann lud sie ihn zum Essen und zu einem
Glas Wein ein. Eliza machte einen bunten Salat, während Stephan den Tisch
deckte. Er ließ es sich richtig schmecken und lobte Elizas pikantes Dressing,
doch sie selbst stocherte nur in ihrem Salat herum und bekam kaum etwas
hinunter. Stephan schaute sie besorgt an.
Sie zuckte mit den Achseln: „Ich weiß
auch nicht, warum mich dieser Mann so nervös macht. Es ist doch eine völlig zwanglose
Verabredung an einem absolut unverfänglichen Ort. Und trotzdem habe ich das
Gefühl, dass dieser Abend irgendwie bedeutend sein wird.“
Stephan machte große Augen und hörte
einen Moment lang auf zu kauen. Dann sagte er lapidar: „Du hast dich verliebt,
Liebes.“
So
schnell verliebt man sich nicht, wollte sie entgegnen, schon gar nicht ich,
aber sie spürte, dass sie diesen Gedanken nicht mit glaubhafter Intonation
würde aussprechen können.
Als sie auf die Uhr sah, war es schon fast
Viertel nach Sieben.
„Ich muss los“, sagte sie aufgeregt und
mit einer deutlichen Vorfreude in der Stimme.
Stephan half ihr in den Mantel: „Hast du
ein Handy dabei, Eliza? Wenn irgendetwas ist, ruf mich an.“
Eliza gab ihm erneut einen Kuss auf die Wange.
„Lass einfach alles stehen, ich räume
später auf“, rief sie ihm über die Schulter zu.
Dann
fiel die Haustür ins Schloss.
Eliza erreichte den Hof des Museumsquartiers um
Punkt halb acht. Sie ließ den Blick über den Platz wandern, doch die unsäglichen,
überdimensionalen roten Kunststoffbänke waren bis auf eine einzige, auf der ein
Touristen-Pärchen mit einem Stadtplan Platz genommen hatte, alle unbesetzt und
insgesamt war es äußerst ruhig an diesem Donnerstagabend. Es ging ein kalter
Wind und Eliza fröstelte an ihren unbedeckten Unterarmen. Sie entschloss sich,
drinnen im Foyer zu warten und hoffte, dass er die gleiche Entscheidung
getroffen hatte und schon dort sein würde. Doch noch ehe sie die steile
Außentreppe erreichte, hörte sie seine schöne, melodische Stimme ihren Namen
sagen.
„Frau Hoffmann,
ich freue mich sehr, dass sie wirklich gekommen sind.“
Eliza wandte sich ihm zu. Wieder stand
er plötzlich neben ihr. Wie machte er das bloß? Elizas Herz vergaß für einen
Augenblick zu schlagen, nicht weil er sie so sehr erschrocken hätte, sondern
weil er so atemberaubend gut aussah. Als es wieder in die Gänge kam, klopfte es
übermütig drauf los, als wollte es die verpassten Schläge doppelt und dreifach
nachholen. Wahrscheinlich hätte sie ihn nicht wiedererkannt, wenn er sie nicht
mit seiner unverwechselbaren Stimme angesprochen hätte. Er trug einen schwarzen
Kurzmantel und hatte einen Schal in unterschiedlichen Grau-Schattierungen
lässig um den Hals geschlungen. Seine blonden Haare trug er noch auf die gleiche
Weise, doch sein Gesicht hatte sich verändert. Die Fältchen um Augen und Mund
waren komplett verschwunden. Seine exotischen, wunderbaren Augen wirkten noch
farbintensiver und sahen fast aus, als seien sie mit Kajal umrandet worden.
Seine sinnlichen Lippen waren diesmal leicht gerötet, was im hübschen Kontrast
zu seinem blassen, fast elfenbeinfarbenen Teint stand. Eliza war es ein Rätsel,
wie sie ihn hatte auf über 50 schätzen können. Heute sah er kaum älter aus als
sie selbst und sie fragte sich, wie so etwas möglich sein konnte.
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