Somnambul Eliza (German Edition)
bereits genau eine Woche zuvor schreckte Eliza
auf und öffnete mit pochendem Herzen.
„Ich bin gar nicht erst bei mir drüben
gewesen. Komme direkt von der Arbeit hierher. Du willst das aber nicht
anbehalten, oder?“
Stephan scannte sie und ihr Outfit mit
dem Kennerblick eines Couturiers und unterzog sie dann schnell und gekonnt der
Prozedur der drei französischen Bussis auf die Wangen, dann war er bereits an
Eliza vorbei in die Wohnung getreten. Eliza blickte etwas verunsichert an sich
hinunter.
„Ich wollte mich schon noch umziehen,
aber ich wusste noch nicht so recht, was.“
Stephan grinste breit: „Genau das wollte
ich hören. Also – Modenschau?“
Sofort
wurde Eliza von seiner fröhlichen Stimmung angesteckt und sie ging ihm voran
ins Schlafzimmer. Obwohl sie einen großen Teil ihrer Garderobe hatte zuhause
lassen müssen, hatte Eliza hier einen sehr vollen und mit den
unterschiedlichsten Trends und Moden bestückten Kleiderschrank, der auf den
Betrachter ähnlich einem Theaterfundus wirken musste. Es handelte sich um eine
bunte Mischung aus Designer-Mode und Kaufhausteilen, von Petticoats aus den
Fünfzigern über den Glamrock der Siebziger bis hin zu
den aktuell angesagten Leder-Leggins. Der Blick in diesen Schrank kam einer
Zeitreise gleich. Selbst ein absoluter Laie auf dem Feld der Mode erkannte beim
Anblick dieses Kleiderschrankes, dass hier viel Aufmerksamkeit, Zeit und Geld
investiert worden war. Eliza hatte ein beachtliches Talent dafür entwickelt,
mit einem nicht allzu großen Budget das ganze Spektrum abzudecken, das die
Modewelt zu bieten hatte. Ihre Designer-Sachen kamen nur zu einem kleinen Teil
aus der aktuellen Saison und aus den Fachboutiquen. Es handelte sich lediglich
jeweils um eine kleine Auswahl der angesagtesten
Trendteile, die als Highlights ihrer Outfits dienten. Der überwiegende Teil
ihrer Designermode hingegen stammte aus Online-Auktionen, Second-Hand-Shops,
Designer-Outlets und von Flohmärkten.
Stephan ließ sich auf dem Rand des
Bettes nieder und überschlug die Beine. Seine Pose erinnerte an die eines
Moderedakteurs in der Front Row einer Fashion-Show.
Als erstes griff Eliza nach einem kuscheligen silbergrauen Alpaka-Rock von Strenesse , doch Stephans Urteil lautete „Zu winterlich“.
Dann hielt sie ein kurzes violettes
Sixties-Strickkleid mit großen Zierknöpfen am weiten Rundhalsausschnitt hoch,
das sie gern mit schwarzen Strumpfhosen kombiniert hätte, doch Stephan fand das
Ensemble zu mädchenhaft. Unvermittelt ließ Eliza das Kleidungsstück fallen, das
sie gerade in der Hand gehalten hatte und setzte sich neben Stephan auf das
Bett. Blitzartig war ihre Miene angespannt: „Was mache ich, wenn er mich
versetzt? Oder wenn er auf einmal mit seiner Frau oder mit seiner Freundin
auftaucht? So ein Mann kann doch gar nicht mehr frei sein. Das ginge doch
überhaupt nicht mit rechten Dingen zu.“
Plötzlich lag das ganze Unglück dieser
Welt in ihrer Stimme und Stephan nahm sie liebevoll in den Arm: „Erstens hat er
sich deiner Führung angeschlossen, sich für dein Lieblingsbild interessiert und
sich mit dir verabredet und nicht umgekehrt. Außerdem bist du doch auch noch zu
haben. Bei einer Frau wie dir dürfte das dann auch nicht mit rechten Dingen
zugehen.“
Elizas herabhängende Mundwinkel verzogen
sich zu einem Lächeln. Sie erwiderte Stephans Umarmung und flüsterte: „Du bist
ein Schatz, Stephan.“
Dann stand sie auf und widmete sich
wieder dem Kleiderschrank und seinem Inhalt. Nach einigen weiteren Versuchen
einigten sie sich auf ein klassisches Jersey-Wickelkleid von Diane von
Fürstenberg. Der obere Teil des Kleides war mit einem schwarz-weißen Op -Art-Muster bedruckt und mit einer Art Polokragen
versehen. Der Rock-Teil war schwarz und etwas über knielang. Dazu wählten sie
ein Paar hochhackige schwarze Vintage-Schnürstiefeletten, die ein wenig an die
Schuhmode des französischen Rokoko erinnerten und einen modern interpretierten
schwarz-changierenden Trenchcoat von Burberry, den Eliza im Schlussverkauf
erstanden hatte. Wie das Kleid hatte der schmal geschnittene Mantel
dreiviertellange Ärmel, was dem Outfit einen witzigen Aspekt
verlieh.
„Du siehst absolut fabelhaft aus“,
befand Stephan und zog die Schleife des Bindegürtels vom Kleid zurecht. Wieder
war er in die Rolle des Modeschöpfers geschlüpft, in der er sich sichtlich
gefiel.
„Zusammen mit deinen blonden Haaren ist
das ganze Ensemble sehr Deneuve“, philosophierte
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