Somnambul Eliza (German Edition)
gewesen sei. Dann begann sie, ihre Geräte und Bücher
zusammenzupacken.
Valeriu hatte an seinem Wagen gelehnt
und ein paar Schneeflocken hatten sich auf dekorative Weise in seinem
dunkelblonden Haar verfangen, als er auf sie zukam und Eliza mit einem
zärtlichen Kuss begrüßte.
Er hielt ihr die Wagentür auf und beide
stiegen in den Porsche.
Als sie nach Hause kamen, bestand
Valeriu als erstes darauf, Elizas Schulter zu begutachten. Sie registrierte,
dass er durch zusammengebissene Zähne sprach, um seinen Zorn auf René zu
zügeln, als er ihr vorschlug, ein Bad im Pool zu nehmen.
„Ich könnte mir vorstellen, dass das
Wasser der Wunde guttut. Ich sehe keine offenen Stellen mehr, die beim Baden
brennen würden und es könnte helfen, die Muskulatur zu entspannen“, meinte er
und Eliza gab ihm Recht; nicht zuletzt wegen der verlockenden Aussicht, Valeriu
in einer Badehose zu sehen.
Eliza durchwühlte die Schubladen des
freistehenden Boards in ihrem Ankleidezimmer. Beim letzen Mal war sie in ihrem
alten grünen Wolford-Badeanzug geschwommen; für heute suchte sie etwas
Besonderes. Als sie die Suche bereits fast entnervt aufgeben hatte und doch
wieder zu dem abgetragenen Swimsuit greifen wollte,
fiel er ihr in die Hände: der schwarze Gaultier-Bikini, den sie seit dem
letztjährigen Sommerschlussverkauf samt Etikett für einen besonderen Anlass
aufbewahrt hatte, wobei ihr bis heute selbst nicht ganz klar gewesen war, ob es
überhaupt besondere Anlässe für Bademode gab. Das tiefdekolletierte
Neckholder-Oberteil war über und über mit feinen Tülljersey-Rüschen besetzt und
wurde zwischen den Brüsten von einer großen romantischen Schleife verziert,
deren lose Enden bis zum Bauchnabel herabhingen. Das Höschen war schlichter,
aber ebenfalls mit ein wenig Tüll verziert. Obwohl seit über einem Jahr
schändlich in die Tiefen ihres Kleiderschrankes verbannt, saß der Bikini wie
angegossen und brachte ihre zarte Gestalt, aber auch ihren gar nicht mal so
kleinen Busen vorteilhaft und auf elegante Weise zur Geltung. Doch dann
wanderte ihr Blick an ihr selbst vorbei in den Spiegel hinter ihr, der so
geschickt angebracht war, dass sie sich von beiden Seiten gleichzeitig
betrachten konnte, wenn sie nur richtig stand. Obwohl die Schmerzen in ihrer
Schulter fast vollständig abgeklungen waren, erwartete sie den Anblick einer bösen,
entstellenden Wunde in der Form eines geschwungenen R s.
Aber was sie sah, war nicht einmal mehr
halb so schlimm wie noch am Vortag. Auricas Tinktur hatte offenbar wahre Wunder
gewirkt, denn die purpurnen Schwielen waren fast vollständig verschwunden und
die ganze Wunde bereits nahezu verheilt. Man musste schon recht genau hinsehen,
um in der geröteten Hautpartie noch Renés unsägliches Initial auszumachen.
Entschlossen griff Eliza zu ihrem Bademantel. Vielleicht würde sie in den Pool
steigen können, ohne, dass Valerius Blicke noch einmal auf das Mal fielen.
Er erwartete sie am Treppenabsatz, in
eine Art edlen, schwarzen Kimono gehüllt und Eliza war erstaunt, wie breit
seine Schultern unter dem sanft fließenden Stoff wirkten und sie beobachtete,
wie der Saum bei jedem Schritt um seine wohlgeformten, blassen Waden schwang.
Wieder hatten der Vorraum mit seiner roten Chaiselongue und der langgestreckte
Korridor mit den diesmal brennenden Kerzen an den Wänden eine besondere,
irgendwie schwierig zu definierende Wirkung auf Eliza. Sie schob es auf das
hohe Alter der Gemäuer und die geschmackvolle, historische Beleuchtung, die ihr
ein Gefühl der Erhabenheit und des Besonderen vermittelte. Doch gleichzeitig
war da ein diffuses, wohliges Schaudern, wie es einen ebenfalls manchmal an
historischen Orten überkommt, wenn man sich Gedanken über die dunklen Kapitel
deren Vergangenheit macht. Sie spürte, wie sich ihr Gang an Valerius Seite
unwillkürlich veränderte; ein wenig getragen und feierlich schritt sie neben ihm
her.
„Willst du mir vor dem Schwimmen noch
deine Antiquitätensammlung zeigen?“ fragte Eliza, als er im Begriff war, die
Tür zum Schwimmbad zu öffnen.
„Meine was?“ fragte er irritiert.
„Ich meine deine gesammelten Möbel, die
du im Raum gegenüber unter Verschluss hältst“, erklärte sie geduldig.
„Oh, ich verstehe. Hat dir Wilbert davon
erzählt?“ fragte er mit einem schwierig zu deutenden, leicht süß-säuerlichen
Gesichtsausdruck.
Es klang, als habe der Butler ein
Geheimnis ausgeplaudert, aber Eliza konnte sich keinerlei Reim darauf
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