Somnambul Eliza (German Edition)
kann.
Karo-Acht und Karo-Zehn hier beim Herz-König weisen darauf hin, dass er ein
sehr vermögender Mann ist, aber das weißt du ja schon.“
„Siehst du etwas in den Karten, das mit
Betrug oder Diebstahl zu tun hat?“ wollte Eliza wissen und ihre Hände
verschränkten sich krampfartig ineinander.
Sibylle schüttelte den Kopf. „Nein,
Kätzchen. Von deiner Kunstraubgeschichte ist hier nichts zu sehen. Diese
Karo-Kombinationen berichten von ehrlich verdientem Geld und rechtmäßigem Vermögen.
Pik-Zehn hier deutet zwar auf ein dunkles Geheimnis , doch es hat nichts
mit Raub zu tun und umgeben von Herz-Karten, kann es überwunden werden.
Kreuz-Sieben steht in diesem Fall für unnötige Tränen und Verzweiflung, ein
unbegründetes Sich-Zurückziehen. Die Karo-Dame wird euch dabei helfen, diesen
Zustand zu überwinden. Sie ist eine angesehene Frau, die euch beiden
wohlgesinnt ist und keine Konkurrenz für dich bedeutet. Dann steht übrigens
auch einem erfüllten Sexualleben nichts mehr im Weg, davon künden Herz-Sieben
und Acht.“
So kritisch und zurückhaltend, wie sie
sich der Wahrsagerei gegenüber bisher gezeigt hatte, wollte Eliza nur ungern
zugeben, wie sehr sie sich über diese Weissagungen freute. Doch das Gefühl, das
Sybilles Worte in ihrem Inneren verursachte, war am ehesten so zu beschreiben,
als habe jemand das dicke, strebe Tau, das sich eng um ihr Herz geschnürt
hatte, aufgeschnitten, es von seinen Fesseln befreit.
„Das klingt fantastisch, Omi“, strahlte
sie glücklich.
„Hier haben wir noch zwei positive
Personen, die recht eng mit dir und Valeriu verknüpft sind.“
Sibylle zeigte auf den Herz-Buben, der
in direkter Diagonalverbindung zur Herz-Dame lag und auf den Pik-Buben, der auf
die gleiche Weise mit dem Herz-König verknüpft war.
„Herz-Bube ist im Allgemeinen ein
Freund, eine nahestehende, vergleichsweise junge Person, die zu Recht dein
Vertrauen genießt, aber keine Konkurrenz für Herz-König darstellt. Weißt du, um
wen es sich handeln könnte?“
„Ich nehme an, das ist Stephan“,
vermutete Eliza und Sibylle nickte.
„Das hatte ich mir schon gedacht“,
bestätigte sie. „Der Pik-Bube steht hier für eine vertrauenswürdige, treue
Person, vielleicht mit Beraterfunktion. Hast du da auch eine Vermutung, für wen
die Karte stehen könnte?“
Eliza nickte. „Damit kann eigentlich nur
Wilbert gemeint sein, Valerius Butler. Er ist Valerius engster Vertrauter und
ich schätze ihn sehr. Warum guckst du so nachdenklich, Omi? Das klingt doch
alles positiver, als ich befürchtet hatte.“
„Ja, das tut es, mein Kätzchen. Was mir
allerdings große Sorgen macht, ist diese Gruppe hier.“ Sibylle deutete auf eine
Gruppe von ausschließlich schwarzen Karten. „Der Kreuz-Bube ist eine äußerst
missgünstige Person und in dieser engen Verbindung mit Kreuz-Acht und Kreuz-Ass
ist allerhöchste Vorsicht geboten. Dieser Mensch sinnt auf Rache und er ist
sehr gefährlich. Ich habe eine solche Konzentration von Schlechtigkeit selten
gesehen.“
Sibylle machte einen ernsthaft besorgten
Eindruck. „Weißt du, um wen es sich handeln könnte?“
Eliza nickte erneut. Sie hatte gehofft,
René würde in ihrem Kartenbild keine Rolle spielen. Doch offenbar waren sich
die Karten mit Valeriu über seine Gefährlichkeit einig.
„Es ist ein Bekannter von Valeriu. Sie
hatten eine Auseinandersetzung und er hat ihm nie verziehen“, erklärte sie
knapp.
„Den Karten nach muss das mehr als eine Auseinandersetzung gewesen sein, Kätzchen. Der Mann ist eine massive Bedrohung. Ich würde sagen,
er ist – lebensgefährlich.“ Sibylles Stimme war nur noch ein Flüstern.
„Dein Ring, Kätzchen. Valeriu hat ihn
dir zum Schutz gegeben, richtig?“
Eliza nickte zerstreut.
„Steh mal kurz auf, Schatz“, bat Sibylle
und Eliza gehorchte.
„Zieh den Ring für einen Moment ab und
nimm den Kreuz-Buben in die linke Hand. Leg sie auf deine Brust. Dann streck
den rechten Arm aus und halt mit aller Kraft dagegen.“
Erst jetzt dämmerte Eliza, worauf diese
Übung hinauslief. Es handelte sich um Kinesiologie ,
die Sibylle gewöhnlich anwendete, um Lebensmittelunverträglichkeiten und
ähnliche Alltagsprobleme auszutesten. Schon im nächsten Augenblick drückte
Sibylle kräftig auf den ausgestreckten Arm, der wie ein schlaffer Lappen unter
der Kraft der alten Frau nach unten klappte, obwohl sich Eliza wirklich alle
Mühe gegeben hatte, dagegenzuhalten.
Sibylle nickte bloß und reichte ihrer
Enkelin
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