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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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dass er ihr endlich vertraute und so freimütig
mit ihr sprach und sie teilhaben ließ, statt sich vor ihr zu verschließen.
    Er schien den Moment des Unbehagens in
ihrem Gesichtsausdruck registriert zu haben: „Entschuldige, ich wollte dir
keine Angst machen.“
    Eliza griff nach seiner Hand und blickte
in seine bunten Augen.
    „Du hast mir keine Angst gemacht. Ich
möchte noch so viel mehr erfahren. Da sind so unendlich viele Fragen, die ich
dir stellen möchte. Auf dem Bild dort“, sie wies auf das Rokoko-Gemälde, „das
bist doch du, oder?“
    Valeriu nickte. „Es ist ein
Familienportrait.“
    „Du bist darauf jünger als jetzt“,
stellte Eliza fest.
    Valeriu nickte erneut und streichelte
ihren Arm, während er sprach. „Ja, es entstand vor meiner Wandlung. Ich wurde
1743 in Transsilvanien geboren.“
    1743 . Die Zahl hallte in Elizas Kopf
wider.
    „Das ist unglaublich.“ Ihre Stimme war
erfüllt von kindlichem Staunen. „Dann hast du den Siebenjährigen Krieg erlebt
und die Französische Revolution.“
    „Ja, und ich war sogar in Paris am
Vorabend der Revolution“, bestätigte Valeriu ruhig.
    „Warst du da schon, ich meine, hatte die
Wandlung damals schon stattgefunden?“
    Valeriu nickte wieder. „Ich war
neununddreißig Jahre alt, als ich zu dem wurde, was ich bin. Es war im Frühjahr
1782 als man mich zum Vampir machte.“
    Seine Stimme klang jetzt hart und
bitter. Valerius Hand hatte aufgehört, sie zu streicheln und sein Blick war in
eine unbekannte Ferne gerichtet.
    „Du klingst, als wäre es gegen deinen
Willen geschehen.“
    Eliza war nicht sicher, ob er sie gehört
hatte, doch dann fuhr seine Hand wieder zärtlich über ihren Arm und er
antwortete ihr.
    „Ja, so ist es. Ich habe dieses
Schicksal nicht aus freien Stücken gewählt und ich habe meine Existenz oft
verflucht. Aber jetzt glaube ich, es war doch mehr als grausame Willkür. Ich
hätte dir sonst niemals begegnen können. Erst jetzt ergibt das alles einen Sinn
für mich. Ich wurde geschaffen, um genau in diesem Moment hier bei dir zu sein.
Um dich zu lieben.“
    Es war die schönste Liebeserklärung, die
man sich vorstellen konnte und wieder schauderte Eliza ein wenig bei dem
Gedanken, dass der Mann, der sie im Arm hielt und der so überirdisch schön und
jugendlich wirkte, eigentlich seit fast zweihundert Jahren tot sein sollte.
Unwillkürlich kuschelte sie sich enger an Valeriu und obwohl sein Körper sie
nicht wärmte und seine Atemluft kalt war, strahlte jede seiner Berührung
Lebendigkeit und Vitalität aus.
    „Wer hat dir das angetan? Wie ist es
dazu gekommen?“ fragte Eliza leise, an Valerius Brust geschmiegt.
    Er atmete tief und drückte sie fester an
sich.
    „Ich möchte dir nichts verheimlichen und
nichts vorenthalten, Liebste. Aber diese spezielle Frage würde ich dir lieber
ein andermal beantworten.“
    Valerius Stimme hatte ruhig und besonnen
geklungen, aber Eliza spürte, dass er innerlich aufgewühlt war und dass er mit
dieser Sache noch immer nicht seinen Frieden gemacht hatte.
    „Uns bleibt noch so viel Zeit und ich
verspreche dir, dass ich dir alles erzählen werde, was du wissen willst. Aber
jetzt solltest du erst einmal etwas essen und trinken und auch versuchen, ein
bisschen zu schlafen. Du musst doch völlig entkräftet und übermüdet sein. Was
du in den letzten Tagen erlebt und erfahren hast, würde den meisten Menschen
den Verstand kosten.“
    Eliza knurrte in der Tat ein bisschen
der Magen. Schließlich hatte sie aus Sorge um Valeriu nichts von dem angerührt,
was ihr Wilbert bereitgestellt hatte und somit hatte sie am Vortag im Zug zum
letzten Mal etwas zu sich genommen. Mittlerweile war es fast zwanzig Uhr. Ihr
ganzes Zeitempfinden war durcheinandergeraten. Aber allein der Gedanke, das
unendlich gemütliche Bett und Valerius Umarmung verlassen zu müssen, um etwas
zu essen, ließ die Entscheidung unwahrscheinlich schwer fallen.
    „Rühr dich nicht vom Fleck, pisică mea .
Ich werde sofort zurück sein“, erklärte Valeriu und gab ihr einen zärtlichen
Kuss auf den Mund.
    Dann konnte sie nur noch staunen und
ihren Augen misstrauen, denn die Geschwindigkeit, mit der Valeriu das Bett
verließ, seinen seidenen Kimono überzog und durch die Tür verschwand, war
absolut unglaublich und mit dem menschlichen Auge kaum in allen Einzelheiten
wahrzunehmen. Eliza hatte sich gerade in die weichen Kissen zurückgelehnt, als
Valeriu schon wieder zurück war. Auf der einen Hand balancierte er einen
Meißener

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