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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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sehr figurbetonte Rock gewesen. Wie so oft traf sie mit ihrer
Wahl genau ins Schwarze und wurde sofort von mehreren Seiten auf das
ungewöhnliche Stück angesprochen, wodurch sie mit anderen Gästen ins Gespräch
kam und das Eis des Fremdseins gebrochen war.
    Entgegen ihrer Befürchtung war Eliza
nicht die einzige Frau auf dieser Party und offenbar auch nicht die einzige Heterosexuelle.
Dirk und Heiko hatten rund zwanzig Freunde und Bekannte eingeladen und
entsprechend ihrer unterschiedlichen Berufe auch Leute aus völlig verschiedenen
Kreisen und Bereichen. Eliza hatte ein äußerst interessantes Gespräch mit einem
jungen Galeristen, der sich auf aufstrebende Künstler aus der Region
spezialisiert hatte. Dann gesellte sich eine freundlich dreinschauende, etwas
füllige Frau, etwa Mitte dreißig, zu ihr. Sie trug eine buntbedruckte
Tunika-Bluse zur Sieben-Achtel-Jeans und die blonden Haare zum Pferdeschwanz
gebunden. Doch ihr offenes Lächeln machte diesen modischen Fehlgriff auf den
ersten Blick wieder wett. Wie sich herausstellte, handelte es sich um Dirks
ältere Schwester Petra. Sie sagte, sie hätte schon gehört, dass Eliza Kunstwissenschaftlerin
sei und erst seit kurzer Zeit in Wien. Sie erkundigte sich, wie sie sich bisher
eingelebt habe und wie ihr die Stadt gefiele. Petra war Grundschullehrerin und
stolze Mutter eines achtjährigen Sohnes. Damit nahm das Unheil seinen Lauf.
    Offenbar
war sie eine dieser unsäglichen Frauen, die mit ihrem Kind den einzigen für sie
denkbaren Lebensinhalt gefunden hatten und mit missionarischem Eifer von diesem
Erfolgsmodell Zeugnis ablegen wollten. Der kleine Pierre-Theodor musste ein
ganz besonders aufgewecktes Kerlchen sein, denn Mama hatte ihn schon im
Mutterleib mit Hörspielen und Babymusik beschallt. Das zahlte sich nun aus,
denn Pierre-Theodor las, malte und rechnete weitaus besser und schneller als
seine unterbelichteten Klassenkameraden. Nur mit der Kontaktfreude und der
Sportlichkeit haperte es zum Leidwesen Petras noch ein wenig und so schleppte
sie das arme Kind neben dem obligatorischen Blockflötenunterricht auch noch zum
Fußballtraining, zum Judo und neuerdings zu den Pfadfindern. Als das Buffet
abgebaut und Kaffee und Kuchen gereicht wurden, kannte Eliza Petras
vollständige Lebensgeschichte inklusive der ihres Mannes Johannes, der übrigens
zuhause  geblieben war, um mit Pierre-Theodor für einen anstehenden
Mathematik-Test zu lernen, und der aller Anverwandten. Eliza dröhnte bereits
der Schädel. Eine Schulfreundin von ihr hatte für solche Situationen immer den
Ausdruck einen Knopf an die Backe reden gebraucht – in diesem Fall war
es schon eine ganze Knopfleiste, wenn nicht gar ein Reißverschluss.
    Als
Eliza nach Hause kam, hatte sie kaum noch eine Stunde, bis Valeriu da sein
würde. Wieder überkam sie ein Schwall nervöser Unruhe und freudiger Erregung.
Sie wusch und parfümierte sich und entschied sich dann nach reiflicher Überlegung
und nach telefonischer Absprache mit Stephan für ein kurzes schwarzes
Prada-Kleid aus fester, seidiger Spitze. Dazu zog sie ein paar schlichte
schwarze Manolos an, die sie im Internet ersteigert
hatte und die sicherlich schon zehn Jahre auf dem Buckel hatten, aber dank
neuer Besohlung so gut wie neu und noch dazu deutlich bequemer waren, als es
ein Paar neue jemals hätte sein können.
    Um 18 Uhr blickte Eliza aus dem Fenster,
das zur Straße hinausging. Wieder fürchtete sie einen Moment, er könne sie
versetzen, doch ihre Sorge war unbegründet. Die edle Porsche-Limousine wartete
bereits vor dem Haus. Eliza griff nach ihrem Lieblingsmantel, einem
ausgefallenen schwarzen Modell von Marc Jacobs mit einem unglaublich süßen
schwingenden Schößchen, den sie bereits vor drei Jahren im Schlussverkauf in
Paris erstanden hatte und der seither von Herbst bis Frühjahr einer ihrer
treuesten Begleiter war. Sie atmete noch einmal tief durch, dann nahm sie
entgegen ihrer Neigung den Aufzug, um schneller unten zu sein.
    Im gleichen Moment, in dem sie aus der
Haustür trat, stieg Valeriu aus dem Wagen, als habe er sie bereits kommen sehen
und begrüßte sie mit einer zärtlichen Umarmung und zwei französischen Küssen
auf die Wangen. Valeriu sah wieder atemberaubend aus. Er wirkte ebenso jung und
frisch wie bei ihrem letzten Treffen, nur war seine Haut wieder so
außerordentlich blass wie beim ersten Mal. Er trug einen langen schwarzen
Mantel, mehr konnte sie im Augenblick noch nicht erkennen.
     „Wie geht es dir?“

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