Somnambul Eliza (German Edition)
dieses
sagenhafte Lächeln seine Mundwinkel.
„Ich wollte dich nicht beunruhigen. Man
muss nur gut in dem sein, was man macht. Oft genügt es sogar, zur richtigen
Zeit am richtigen Ort zu sein.“
„Ich finde, das klingt nun weniger
überzeugend, als die erste Version“, sagte Eliza und schaute herausfordernd
direkt in seine exotischen, irisierenden Augen. Doch er schien ihrem Blick
nicht standhalten zu können und schaute in Richtung Bühne. Dennoch war der
Ausdruck seines ebenmäßigen Gesichts entspannt und das leichte Lächeln zierte
noch immer seine Mundpartie, als er antwortete: „Wenn das so ist und dir die
Vorstellung gefällt, will ich für dich gern dieser Schurke sein.“
„Ja, ich finde, dass die Rolle des
edelmütigen Banditen hervorragend zu dir passt.“
Valeriu schaute sie interessiert
an: „Wie kommst du darauf, dass ich edelmütig sei?“
Eliza dachte einen Moment nach, wie sie
seine Frage am besten beantworten sollte, ohne kindisch zu klingen.
„Nun, ich bin noch nie jemanden wie dir
begegnet.“
Sie glaubte, ihn flüstern zu hören: „Das
kann ich mir gut vorstellen.“
Doch dann sprach sie unbeirrt weiter:
„Du bist mir zur gleichen Zeit sehr vertraut und völlig fremd. Du entführst
mich in eine andere Welt. Deine Umgangsformen, deine Lebensart; das ist so
unwirklich und irreal. Als kämest du aus einer anderen Zeit oder von einem
anderen Stern.“
In diesem Moment wurde es dunkel und die
Vorstellung begann. Eliza war hingerissen von der Musik, den Darstellern, den
Kostümen und von der Atmosphäre des Hauses. Als Tamino am Ende der ersten Szene mit Dies Bildnis ist bezaubernd schön seine
Liebe zu Pamina besang, griff Eliza unvermittelt nach
Valerius Hand. Sie war so ergriffen von der Darbietung, dass sie gar nicht
darüber nachdachte, was sie tat. Sie wollte seine Nähe spüren. Zögerlich
umschlossen seine kühlen Finger die ihren und sie war erstaunt, wie fest und
kräftig diese elegante Hand war. Zärtlich streichelte er über ihren Handrücken,
doch er kam ihr körperlich nicht näher. Sie hätte es genossen, wenn er sie in
den Arm genommen hätte, doch stattdessen schien sich sein ganzer Körper zu
verspannen. Sie spürte regelrecht, dass all seine Muskeln angespannt waren,
dass er sich mit jeder Faser seines Körpers zurückzuhalten versuchte. Doch er hielt
weiterhin ihre Hand in der seinen und schließlich wurde Eliza von einer
atemberaubenden Vision ergriffen.
Der Ort und die Musik blieben die
gleichen, doch die Operngäste trugen plötzlich Kleidung wie vor über 100
Jahren. Sie sah Herren im Frack und mit hohen, schlanken Zylindern und Damen in
Taft- und Seidenatlasroben im Prinzess- und Turnürenstil wie man sie zum Beispiel auf den Gemälden von Georges Seurat sieht. Es handelte
sich um eng auf Figur gearbeitete Kleider, die durch die zum Saum hin zunehmende
Rockweite und Stoffraffung die Umrisse der Hüften deutlich betonten. Diese
Kleider waren aufs Üppigste mit Rüschen, Bändern, Volants, Falten und Spitzen
versehen und Eliza konnte sich gar nicht sattsehen an der verschwenderischen
Pracht der Stoffe und Farben. Die Damen trugen zauberhafte flache Blumenhüte
und fächelten sich mit zierlichen Fächern Luft zu. Eliza schaute zu Valeriu
hinüber und erschrak, als sie ihn in ebensolcher Tracht der 1870er oder 1880er
Jahre erblickte. Seine Haare waren lockiger und nach hinten gekämmt und er
hielt einen Stock in der Hand. Er trug einen dunklen Gehrock, dazu ein weißes
Hemd mit hohem Kragen.
Dann war die Sinnestäuschung wieder
vorüber und alles war wie zuvor. Eliza drückte Valerius Hand fester und er
stöhnte auf, als habe er gerade eine große Anstrengung vollbracht.
In der Pause nahmen sie in einem der
Prunksäle einen Drink, wobei Valeriu sogar dem Champagner ein paar Tropfen aus
seiner Pipettenflasche beimischte, was höchst eigenartig aussah, denn die
dunkle Flüssigkeit sank zuerst nach unten und stieg dann langsam auf, um sich
wabernd mit dem Sekt zu vermischen. Eliza wunderte sich ein wenig darüber, denn
schließlich hatten sie nicht vor, hier zu essen, doch sie verkniff es sich, ihn
zu fragen. Es gab eine ganze Reihe von Leuten, die Valeriu zunickten oder ihn
sogar mit Namen begrüßten. Mit einigen von ihnen machte er Eliza bekannt und es
stellte sich heraus, dass er eine Menge interessanter und hochrangiger
Persönlichkeiten in Wien zu seinem Bekanntenkreis zählte.
Gerade hatten sie einen amüsanten
Smalltalk mit dem Architektenpaar
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