Somnambul Eliza (German Edition)
süßlichen Geruch seines Parfüms ein und empfand es als ebenso
aufdringlich wie seinen Träger.
„Es war mir eine Freude, dir endlich mal
wieder begegnet zu sein, Valeriu, und noch dazu in so charmanter Begleitung.“
Valeriu entgegnete: „Die Freude war ganz
auf meiner Seite“, doch er spie die Worte förmlich aus, so dass sie fast wie
eine Drohung klangen, und er lächelte, ohne dieses Lächeln seine eisigen
Opalaugen erreichen zu lassen. Dann legte er verblüffenderweise den Arm um Elizas Hüfte und sie hatte das ärgerliche Gefühl, es handele sich
dabei lediglich um eine demonstrative Geste des Besitzanspruchs.
Als sie in ihrer Loge Platz genommen
hatten, begann Eliza: „Du scheinst René nicht besonders zu mögen.“
Sie hatte ihn nicht gefragt sondern eine
Feststellung gemacht, doch Valeriu antwortete mit einer Gegenfrage: „Magst du
ihn denn?“
„Ich denke, das kann man nach so einem
kurzen Gespräch nicht mit Sicherheit sagen, aber auf Anhieb sympathisch ist er
mir nicht gewesen. Er wirkte auf mich irgendwie unecht und seine Freundlichkeit
aufgesetzt. Ehrlich gesagt war er mir ein bisschen unheimlich.“
Valeriu lächelte.
„Du scheinst eine ganz gute
Menschenkenntnis zu besitzen. Das sind in der Tat einige der Eigenschaften, die
ich an René nicht besonders schätze.“
Eliza hätte zu gern gewusst, woher
Valeriu und René sich kannten und warum er so schlecht auf ihn zu sprechen war.
Die Sache mit dem Kriminellen kam ihr wieder in den Sinn. Also wollte sie
wissen, was René beruflich machte. Valerius Antwort war ebenso sarkastisch wie
bitter: „René ist Rechtsanwalt für Strafrecht. Seine Kanzlei vertritt mit
Vorliebe recht zwielichtige Klienten. Ich denke, es bleibt nicht aus, dass
dieser Umgang mit der Zeit etwas abfärbt.“
Damit hatte Valeriu Elizas Frage
hinreichend beantwortet und seine abfälligen Worte und sein angespanntes
Verhältnis zu René ließen auch nicht darauf schließen, dass er selbst zu dessen
Kundenstamm gehörte.
Dann begann der Zweite Aufzug und sie
lauschten dem Marsch der Priester im Weisheitstempel des Sarastro . Es folgten die Prüfungen, die Tamino und Papageno bestehen müssen, um in den Kreis der
Eingeweihten aufgenommen zu werden. Eliza war ganz in das Geschehen auf der
Bühne und in die wunderbare traumartige Musik vertieft, als sie in einer Nische
ihres Geistes den Blick Valerius spürte, der auf ihr ruhte. Seine bunten Augen
wanderten über ihr Gesicht und schienen es trotz des schummrigen Lichts in
jeder Einzelheit zu erkunden. Er glaubte sich wohl unbeobachtet und war sich
sicher, dass Eliza zu sehr mit der Aufführung beschäftigt war, um seine
faszinierten Blicke wahrzunehmen.
Als Eliza sich ihm zuwandte, hatte
Valeriu die Augen schon wieder auf die Bühne gerichtet und sein Gesicht hatte
wieder den aristokratischen, etwas unnahbaren Ausdruck angenommen. Nun
beobachtete Eliza ihn ihrerseits eine Weile und sie war erneut hingerissen von
seinem perfekten, scharf geschnittenen Profil, dessen perlmuttfarbener Teint sich fast fluoreszierend in der Dunkelheit abzeichnete. Dann wandte auch
sie sich erneut der Bühne zu und eine gelockte Haarsträhne löste sich aus ihrer
Hochsteckfrisur. Doch ehe sie sie hinter das Ohr klemmen konnte, strichen
Valerius kühle, elegante Finger in einer zärtlichen Geste über ihre Wange,
umspielten sanft wie der Flügelschlag eines Schmetterlings die blonde Strähne
und legten sie sachte hinter ihr Ohr. Seine Berührung war zurückhaltend,
geradezu zaghaft, doch gleichzeitig so intuitiv und von einer nur mühsam
gezügelten Leidenschaft, dass Eliza innerlich erbebte. Dabei fuhr Valeriu mit
einer Fingerspitze ebenso sanft die Form ihres Ohres nach und sein zärtlicher,
aber nachdrücklicher Daumen ertastete ihr Kinn und streichelte behutsam die
Kanten ihres Kiefers. Im nächsten Moment war sein Gesicht ganz nah an ihrem und
sie schnappte nach Luft und erwartete seinen Kuss.
Doch ebenso plötzlich, wie er sich ihr
genähert hatte, zog er sich auch wieder von ihr zurück, murmelte mit ebenfalls
erregt-rauchiger Stimme unbeholfen eine Entschuldigung und bemühte sich wieder
die Pose des taktvollen, enthaltsamen Gentlemans einzunehmen. Er rang sichtlich
um Fassung und während die distanzierte Noblesse sich wie eine Maske über seine
schönen Züge legte, loderten seine bunt schillernden Augen noch immer vor
Begehren.
Eliza war von seinem Ausbruch verwirrt,
doch noch viel mehr überraschte sie dieser plötzliche
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