Somnambul Eliza (German Edition)
Buch vor und Eliza genoss es in vollsten Zügen.
Als er geendet hatte, fragte Valeriu
unvermittelt: „Warum zählst du dieses Buch zu deinen Lieblingsbüchern?“
„Hat es dir nicht gefallen? Wir
hätten doch ebenso gut ein anderes aussuchen können“, antwortete sie besorgt
mit einer Gegenfrage.
„Es hat mir gefallen“, versicherte er ihr.
„Dennoch möchte ich gerne wissen, was genau es ist, das du an diesem Buch
liebst.“
„Zum einen schätze ich ganz allgemein
den Stil des Autors, zum anderen teile ich mit den Protagonisten die Liebe zum
Kino.“
„Und?“ Valeriu schien bemerkt zu haben,
dass sie ihm noch einen Aspekt verschwiegen hatte.
„Also, die Beziehung zwischen den
Geschwistern, die dich abstößt, übt auf mich eine eigenartige Faszination aus.“
„Kannst du mir das genauer erklären?“
fragte er interessiert, mit einem leicht amüsierten Lächeln auf den Lippen und
Eliza hatte Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden.
„Wie du weißt, bin ich ein Einzelkind
und manchmal habe ich mir einen großen Bruder gewünscht, mit dem man hätte
angeben können und der mich beschützt hätte.“
Sie hielt inne und biss sich auf die
Unterlippe: „Und als ich ein bisschen älter war, habe ich mir ab und zu
vorgestellt, wie es gewesen wäre, wenn dieser große Bruder gleichzeitig mein
Liebhaber gewesen wäre.“
Eliza errötete unter diesen intimen
Geständnissen, doch Valeriu sah sie fasziniert und mit liebenden,
verständnisvollen Augen an. Sie runzelte die Stirn.
„Ich weiß gar nicht, warum ich dir das
eben anvertraut habe. Über diese Phantasien habe ich noch nie mit jemandem
gesprochen.“
Valeriu grinste: „Tja, vielleicht
meintest du einfach, dass ich es wissen sollte.“
Dann zog er sie zu sich hinauf, bis sie
seitlich auf seinem Schoß saß, den Kopf an seine Schulter gelehnt. Dann
massierten seine Hände ihren Nacken und fuhren sacht an ihrem Rücken hinab.
Seine Finger waren wie pure Magie auf ihrer Haut und lösten bei Eliza einen
Schauer des Wohlbefindens aus. Sie rekelte sich wohlig unter seinen Berührungen
und die gurrenden Laute, die sie von sich gab, erinnerten an das Schnurren
einer Katze.
„Ich wusste, dass du eine Katzenfrau
bist, meu iubit pisică .“
Eliza drehte sich zu ihm um: „Was
bedeutet das?“
„Das ist rumänisch und heißt Meine geliebte Katze “, sagte er und sie schmiegte sich wieder
an seine Schulter.
„Ich wusste nicht, dass die rumänische
Sprache so schön klingt“, murmelte sie und schloss die Augen. Verträumt fügte
sie hinzu: „Eigenartig, dass du mich so nennst. Meine Oma sagt seit jeher Kätzchen zu mir.“
„Dann hat deine Großmutter deine wahre
Natur erkannt“, flüsterte Valeriu mit seiner schönen rauen Stimme in ihr Ohr.
Irgendwann
musste Eliza in Valerius Armen eingeschlafen sein, denn als sie die Augen
aufschlug, schien bereits die Sonne ins Zimmer und er war fort. Als sie sich
erhob, um das Badezimmer aufzusuchen, merkte sie, dass ihr die Grippe zwar noch
in den Gliedern steckte, aber dass sie sich bereits um einiges besser fühlte,
als an den beiden vorangegangenen Tagen. Sie duschte ausführlich und zog ihren
ebenso trendigen wie kuscheligen amerikanischen Nicki-Jogginganzug an. Das
Duschen hatte sie ein bisschen angestrengt, aber sie fühlte sich frisch und
duftend wie neu geboren. Dann klopfte es an der Wohnungstür, doch die Klingel
ertönte nicht und im gleichen Moment wurde selbige von außen aufgeschlossen.
Gleich darauf hörte sie Wilberts federnde, lange
Schritte im Flur und ging ihm entgegen.
„Oh, Sie sind auf, Miss? Ich wünsche
Ihnen einen wunderschönen guten Morgen und freue mich zu sehen, dass es Ihnen
offenbar schon etwas besser geht.“
Wilbert sprach Eliza immer mit Miss an, wie es in seiner englischen Heimat üblich war und sie ließ es sich gern
gefallen, weil es aus seinem Mund ausgesprochen charmant klang. Im linken Arm
trug er erneut einen atemberaubenden Blumenstrauß, etwa von der Größe, wie sie
die Damen am Ende einer großen Samstagabendshow im Fernsehen bekamen. Diesmal
hatte er sogar gleich eine passende Vase mitgebracht. Wilbert überreichte ihr
den Strauß.
„Der ist wirklich wunderschön“, strahlte
Eliza und steckte die Nase in die duftenden Blüten der üppigen alten englischen
Rosen.
„Der Herr Baron lässt Ihnen ausrichten,
dass es ihm sehr leid tut, dass er sich davonstehlen musste, während Sie noch
schliefen. Aber er wollte Sie nicht wecken und er war
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