Somnambul Eliza (German Edition)
zu lange in Anspruch
genommen.“
„Nein, Miss, das haben Sie ganz sicher
nicht. Wie ich Ihnen schon versicherte, ist es mir eine Freude, Ihnen zu
Diensten zu sein.“
Dann verneigte er sich formvollendet:
„Falls Sie erlauben, werde ich den Wohnungsschlüssel wieder in den Briefkasten
Ihres Herrn Nachbarn werfen, damit Sie später nicht aufstehen müssen.“
„Das ist wirklich sehr nett und
fürsorglich gedacht, Wilbert. Aber ich möchte Sie bitten, meinen Schlüssel
heute hier zu lassen. Es geht mir schon viel besser und ich fühle mich wohler,
wenn ich wieder selbst entscheiden kann ob ich die Tür öffne oder nicht.“
Wilbert nickte verständnisvoll: „Ich
verstehe voll und ganz, Miss. Dann bleibt mir nur, Ihnen einen guten und
erholsamen Tag zu wünschen. Der Herr Baron wird Ihnen am Abend wieder seine
Aufwartung machen, sofern Sie seine Gesellschaft wünschen.“
Damit empfahl sich Wilbert und Eliza
hing noch einen Moment ihren Gedanken nach. Dann erhob sie sich und holte sich ihren
Laptop an den Wohnzimmertisch. Felis ließ sich zum ersten Mal blicken, seit
Eliza krank war und machte ihr prompt die Wolldecke streitig. Das treulose,
doch zweifellos kluge Tier hatte nichts für Grippe und andere Erkrankungen
übrig und zog es vor, einen großen Bogen um ihr krankes und nähebedürftiges Frauchen zu machen. Dass sie sich jetzt wieder an Eliza herantraute war das
sicherste Zeichen dafür, dass das Schlimmste überstanden war.
Nachdem sie ihre E-Mails abgerufen
hatte, ging Eliza ins Internet und gab in die Suchmaske der Suchmaschine den
Begriff Moonlight Hotels ein. Wie es zu erwarten war, erschien als
erster Eintrag die offizielle Homepage der Hotelgruppe. Es war ein äußerst
geschmackvoller Internetauftritt und erst allmählich wurde Eliza klar, was
genau Valeriu da sein eigen nannte. Es gab ein Haus in Rom, eines in Venedig,
eines in Florenz, in Triest, in Paris, in Prag, in München und in London. In
der Tat handelte es sich ausschließlich um kleine, äußerst feine Stadthotels
mit höchstens dreißig Zimmern und vier bis fünf Sternen. Man konnte jedes der
Hotels einzeln anklicken, um dann nähere Informationen und zahlreiche Bilder zu
erhalten. Eliza gingen fast die Augen über angesichts der Pracht und der
luxuriösen und individuellen Ausstattung der Häuser und der Zimmer. Ähnlich wie
in Valerius Wohnhaus, waren die meisten der Häuser im Stil der Zeit ihrer
Erbauung eingerichtet. Das Pariser Hotel war ganz dem Stil der Belle Epoque verpflichtet, das römische und das Prager Hotel dem
Barock und der Palazzo in Venedig dem Stil des venezianischen Rokoko aus der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Doch nicht nur die Ausstattung der
Häuser war exquisit zu nennen, denn das gleiche traf auch auf die Preise zu.
Eliza musste schlucken, als sie las, dass die Übernachtungspreise erst bei 280
Euro begannen. Über all diese Fakten gab die Homepage bereitwillig Auskunft,
lediglich über die Person des Besitzers gab es keinerlei Informationen.
Eigentlich verabscheute es Eliza zutiefst, Freunde oder Bekannte zu googeln , wie es zur allgemeinen Mode geworden war,
da ihr das wie eine modernisierte Stasi-Methode vorkam, doch diesmal übermannte
sie die Neugier.
Sie tippte Valerius vollständigen Namen
in die Suchmaske ein und tatsächlich gab es Einträge – jedoch nur fünf Stück an
der Zahl. Die beiden ersten Eintragungen erwähnten den „attraktiven
blaublütigen Unternehmer“ als Gast und großzügigen Spender bei diversen
Wohltätigkeitsveranstaltungen. Die drei anderen Artikel handelten gar nicht von
ihrem Valeriu, sondern von irgendwelchen Namensvettern, höchstwahrscheinlich
direkten Vorfahren. Bei dem einen Ergebnis handelte es sich um eine
englischsprachige Homepage, deren Autoren offenbar den Spagat zwischen der
Glaubwürdigkeit historischer Fakten und wilden Verschwörungstheorien um
irgendwelche alten und mächtigen Geheimbünde versuchten. In einer ihrer
akribisch geführten Listen tauchte unter den Mitgliedern einer venezianischen
Geheimgesellschaft im ausgehenden 18. Jahrhundert ein gewisser Valeriu
Bazon-Arany auf.
Auf einer groß aufgemachten und
professionell geführten Seite zur Pirateriegeschichte wurde ein Freibeuter gleichen Namens geführt, der zu Beginn des 19.
Jahrhunderts im Auftrag der Krone gekapert und geplündert hatte.
Ein letzter Link der Suchmaschine führte
zu einer Internetpräsenz zum Thema Heraldik und Adelsforschung. Der Aufbau der
Seite war etwas wirr und
Weitere Kostenlose Bücher