Somnambul Eliza (German Edition)
lediglich zur Kenntnis genommen, dass du gestern etwas
überdreht warst.“
Dann nahm ihre Stimme einen
gebieterischen Ton an, von dem nicht eindeutig zu sagen war, wie viel davon
ernst, wie viel humorvoll gemeint war: „Ich möchte dich nur in eigener
Sache bitten, dass du meinen Freund demnächst nicht mehr so unverblümt lüstern
ansiehst, haben wir uns in diesem Punkt verstanden?“
Stephan nickte schuldbewusst, doch dann
umspielte schon wieder ein Lächeln seine Lippen.
„Gott sei Dank. Ich dachte wirklich
schon, ich hätte alles total vermasselt.“
Dann erhob er sich schwungvoll aus
seinem Sessel und drückte Eliza einen dicken Bussi auf die Wange und scherte
sich dabei zum ersten Mal nicht um die Grippe. Sie unterhielten sich noch eine
Weile über alles Mögliche und Stephan machte währenddessen ein bisschen
Ordnung. In den vergangenen beiden Tagen hatten sich zahlreiche Dinge angesammelt,
die Grippekranke benötigten. Überall standen Tassen und Teegläser, Nasenspray
und Lutschbonbons herum, Bücher und Zeitschriften stapelten sich auf dem
Couchtisch und im Schlafzimmer neben Elizas Bett. Eliza wollte Stephan beim
Aufräumen helfen, denn schließlich waren es ihre Hinterlassenschaften in ihrer Wohnung, doch Stephan bestand darauf, Buße zu tun, wie er es
nannte. Dann schenkte er ihr noch eine Tasse des köstlichen Tees aus der Thermoskanne ein und sagte streng, indem er den Ton eines
Arztes oder wenigstens einer Oberschwester nachahmte: „Bei einer Grippe muss
man viel trinken, damit die Viren ausgeschwemmt werden können.“
Schließlich verabschiedete er sich eilig
und erklärte, dass er heute nicht unbedingt mit Valeriu zusammentreffen wolle.
„Ich glaube, ich wäre heute noch so
befangen, dass ich mich wieder wie ein Depp benehmen würde.“
Theatralisch, mit einer bühnenreifen
Geste der Resignation, fügte er hinzu: „Ich brauche wohl noch ein paar Tage, um
darüber hinweg zu kommen. Verschieben wir es auf morgen .“
Eliza musste grinsen: „Ja, Scarlett,
verschieben wir es auf morgen.“
Tatsächlich war Eliza nicht sehr lange
allein, denn sie hatte es gerade geschafft, die Hälfte der neuen Vogue durchzublättern, als es erneut klingelte. Eliza blieb kurz vor dem Spiegel im
Flur stehen und überprüfte ihre Frisur, eine Fingerübung, auf die sie an den
beiden letzten Tagen hatte verzichten müssen. Sie fuhr mit den gespreizten
Fingern ihrer rechten Hand, die die Aufgabe eines breitzinkigen Kamms
erfüllten, durch ihre blonde Haarpracht und lockerte die auf der Couch
plattgelegenen Locken dadurch auf.
Dann öffnete sie Valeriu die Tür.
Ein strahlendes Lächeln breitete sich
auf seinem schönen, ebenmäßigen Gesicht aus, als er sie in der Tür stehen sah:
„Welch erhabener Anblick bietet sich da meinen Augen?“
Und mit etwas ernsterem Ton fügte er
hinzu: „Du siehst großartig aus, pisică mea . “
Doch dann fiel sein Blick auf ihre
nackten Füße und ehe sie sich versah, hatte Valeriu Eliza auf seine Arme geladen,
die Tür hinter ihnen ins Schloss fallen lassen und sie ins Wohnzimmer zur Couch
getragen, wo er sie behutsam absetzte.
„Du kannst doch mit einer Grippe nicht
barfuß durch die Wohnung spazieren. Du holst dir noch eine Lungenentzündung“,
schalt er sie, während er sich neben ihr auf dem Sofa niederließ.
„Bist du fertig mit deiner Standpauke?“
fragte Eliza und schob ihre kalten Füße zu Valeriu. Ein bisschen unschlüssig
betrachtete er ihre schlanken, wohlgeformten Füße. Dann packte er sie, um sie
zu streicheln und zu massieren, doch Eliza zog sie schaudernd zurück.
„Verdammt. Daran hatte ich nicht
gedacht“, sagte sie und schob sie stattdessen unter die Wolldecke.
„Bist du wegen diesen
Durchblutungsstörungen schon mal beim Arzt gewesen? Dieser Dauerzustand macht
mir langsam wirklich Gedanken. Vielleicht leidest du an Eisenmangel“, überlegte
sie und schaute ihn besorgt an.
„Ich fühle mich eigentlich ziemlich wohl
in meiner kalten Haut“, gab er zurück. „Außerdem halte ich von Ärzten etwa
genau so viel wie du selbst.“
Eliza gab sich geschlagen.
„Zu essen biete ich dir erst gar nichts
an, aber möchtest du nicht vielleicht wenigstens etwas trinken?“ fragte sie,
doch Valeriu lehnte dankend ab.
„Heute Abend keine Blumen?“ fragte sie
gespielt vorwurfsvoll und imitierte dabei den Ton einer echten Filmdiva.
„Nein, bedaure, heute habe ich etwas
anderes für dich“, entgegnete Valeriu und reichte ihr ein kleines
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