Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)
damit durchkommen.
Radio: Händels Salomon.
2007: Es gab mal ein hübsches Hörspiel, Bach und Händel unterhalten sich. So was verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Überhaupt, die Archive!
Lit.: Musiklexikon, zu Händel: Die erste Frau seines Vaters ist nach der Geburt von 11 Kindern an der Pest gestorben. – 46 Opern, 25 Oratorien, über 60 Continuo-Kantaten usw., und dann hat ihn der Schlag getroffen.
Nartum Mo 25. November 1991
Der ersehnte Tag ist gekommen: Die SU heißt jetzt GUS: Gemeinschaft unabhängiger Staaten.
Eine Schulklasse aus Lübeck, ein Herr Neitzel mit 22 Schülern von der Friedrich-List-Schule. Der polnische Busfahrer kam mit herein und setzte sich absolut selbstbewußt dazu in unseren Kreis. Er erzählte, daß er in Stargard lebt und dort noch 1959 mit angesehen hat, wie von den Russen aus ihrer Heimat ausgewiesene Polen mit einem Koffer und Rucksack nach Pommern kamen.
2007: Seit Jahren korrespondiert Hildegard mit einem von ihnen, dem ein deutsches Einfamilienhaus in Bartenstein u. a. zur Wahl gestellt wurde. Ein frommer Mann, der ab und zu Geld braucht.
Der Umschlagtest für M/B lief ganz anders als neulich beim Seminar. Kein einziger hat für den blauen Zaun gestimmt. Das Messer gefiel ihnen.
Am Nachmittag hing ich herum, war wie gelähmt, angeekelt von allem. Erst gegen Abend erholte ich mich.
«Echolot»: 20. Januar fertig. Starke Bedenken, ob das so geht.
Ich brauchte einen echten, frischen Leser, der mir seinen Eindruck mitteilt.
Nartum Di 26. November 1991
Stramm gearbeitet.
Ein FDP-Politiker hat vorgeschlagen, Liebesentzug der Eltern ihren Kindern gegenüber unter Strafe zu stellen! Eimer heißt der Mann. FAZ schreibt zu Recht, wenn diese Art, Gesetze vorzuschlagen, Schule macht, landen wir bei Huxleys«Schöne neue Welt».
2007: Wir sind schon mittendrin.
In der FAZ wird Schweden als moralische Supermacht bezeichnet. Den Lappen im hohen Norden haben sie ihre Sprache zu sprechen verboten, wie die Franzosen den Elsässern ihr Deutsch.
«Wohnungen sind Bühnenbilder»(FAZ).
«Echolot»: 21. Januar erledigt, es geht rasch vorwärts, da mir jetzt Simone hilft. Ich ordne die Tage, numeriere die Texte, und sie verschiebt sie und läßt sie ausdrucken. Es ist aber kaum möglich, mehr als einen Tag pro Tag zu schaffen, zumal ich zwischendurch immer wieder gestört werde. Heute kamen ein Rostocker und seine Frau, entsetzlich! Sie (70 Jahre alt!) konnte nicht einmal die Petri- und St.-Nikolai-Kirche auseinanderhalten. So was kostet immer einen ganzen Nachmittag. Man sitzt und glotzt sich an. Nach Freiexemplaren fragten sie nicht. Die Leute wissen nicht, was sie einem antun. Und sie ahnen nichts von der drückenden Last, die ich mir aufgebürdet habe.
Schöne«Sirius»-Kritik in amerikanischer Zeitung von Blomster. Schmeichelhaft.
Hörte ein Quartett von Messiaen, sehr schön. Angenehme Atonalität, dabei kann ich gut arbeiten.
Interview von Müller mit Koeppen. Er habe sich das letzte Kriegsjahr in einem Keller verborgen gehalten. Wer’s glaubt, wird selig.
Die Serben behaupten, wir seien schuld an ihrem Krieg! Gott!
Kinski ist tot, man sah ihn französische Journalisten anschreien.
Irgend jemanden hat er mal in die Wade gebissen. Ich mochte ihn nicht, er«überspielte».
Es stellt sich heraus, daß hinter den Asylantenverfolgungen die sogenannten Autonomen stecken. In N3 Bericht darüber.
Nartum Mi 27. November 1991
8 Uhr
Vor 45 Jahren in den Westen gegangen (1947).
T: Bin bei Thomas Mann in Amerika, Kreis von Studenten. Er zeigt ein Buch, in dem er mit Kindern dargestellt ist, einen Bildband. Er schlägt eine Seite auf und zeigt mir zwei Fotos, die in Breddorf gemacht sind, KF und Renate auf dem Rasen. Da erinnere ich mich, daß er damals bei uns war. – Andere Studenten kommen. Langes Gespräch über Schutzumschläge von Büchern. Thomas Mann sagt, sie gehörten schließlich dazu. Vergeblich überlege ich, mir fällt kein großes Buch mit einem bekannten Schutzumschlag ein. – Ich benutze die Toilette, auf der Thomas Mann sich kurz vorher aufgehalten hat. In der Wohnstube liegen seltene Erstausgaben, auf einem Band entdecke ich ein bräunliches Reiskorn vom Mittagessen. Ich schnippe es mit dem Finger weg, was ich dann bedaure. Ich hätte es mitnehmen sollen, in einer Glasampulle: Thomas Manns Reiskorn.
Die berühmten Flaschen mit Brigitte Bardots Badewasser. Die fromme
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