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Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

Titel: Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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lassen. Zügel …
    Die Mädchen waren fröhlich miteinander, standen in der Küche herum. Hab’ das gern, wenn«das Personal»sich wohl fühlt.
     
    Von Jörg Drews sagte Hildegard, der wisse soviel, es müsse angenehm sein, bei dem zu studieren. Sie meinte, so wie er jetzt aussehe, so«rasant», wäre das vielleicht in seinen jungen Jahren nicht sehr anziehend gewesen für junge Mädchen. Es fiel mir auf, daß ich auf so was nicht achte.
    Ulla Hahn mit ihrem Nimbus um die Locken.
    Kein größerer Gegensatz als zwischen Bavendamm und Drews. – Drews war bereit, ihn abzulehnen, aber Bavendamm erzählte so wundervoll sonnig und selbstironisierend seine Storys (WV), daß Drews nicht zum Einsatz kam. Seine Brandenburger-Tor-Erzählung, er sei eisern da durchgegangen, mit unbewegtem Gesicht und kerzengerade.«Eh! Glatzkopf! – Was will der Glatzkopf hier?»
    Auch Drews kann Stefan Heym nicht leiden. Dieser habe gesagt: Schädlich kommt mir nicht in die Akademie rein, dann geh’ ich raus. Und er sei tatsächlich nicht aufgenommen worden.
     
    2007: Ich möchte so furchtbar gern die Namen wissen der Leute, die gegen mich intrigieren. – Der Tod Stefan Heyms: Er starb im Whirlpool eines Hotels am Toten Meer.
     
    Drews hat sich die zwei, drei Stellen, in denen er vorkommt, genau gemerkt. Das ist eben der Irrtum, daß man glaubt, das interessiere sie nicht, was man so über sie sagt. Da gibt es eine Überempfindlichkeit, die vielleicht mit der Einsamkeit des Menschen zu tun hat. Wahrgenommen werden wollen.
     
    Als Wellershoff von seinem Bruder im Sarg las, bekam eine Frau einen Weinkrampf und ging raus. Sie habe gerade ihre beiden Eltern bis zu deren Tod gepflegt.
     
    Eben höre ich, daß Hildegard vor sich hin pfeift. Sie hängt die Teppiche auf. Auch schön, eine Ehefrau mit guter Laune zu haben.
     
    Ein Schweizer führte einen absolut unverständlichen Sketch in seiner Sprache auf. Wundervoll. Er sei nur gekommen, um herauszufinden, ob ich tatsächlich so ein Strahlemann sei. Die wunderbare Sprache: Ich fragte ihn, ob man die lernen kann.
     
ich bin
-
irch bi
du bist
-
du bisch
er ist
-
ehr ischt
     
     
    Einige Teilnehmer meinten, diese Darbietung sei besser gewesen als Pastiors Gedichte. Damit wollten sie sich selbst, deren Vertreter ja dieser unbekannte Schweizer war, aufwerten.
    Die Wirkung des ansonsten schweigsamen Pastior geht unter anderem davon aus, daß er so freundlich, fast kindlich liest, selbst lesen wollte ihn fast niemand, ein, zwei seiner Bücher wurden nur verkauft. Pastior:«Krieg’ ich auch ein Honorar? »- Am meisten Bücher hat Ulla Hahn verkauft. Ihre Wirkung auf Männer ist enorm. Zu mir ist sie auch immer sehr nett.
     
    2007: Sie hat mir erzählt, wie man bei Radio Bremen gegen mich gehetzt hat.
     
    Der Zauberer am letzten Abend, den ich übers Arbeitsamt zur Belustigung eingeladen hatte, konnte absolut nichts, hatte nur Apparate, aus denen er Tücherberge zog. Ein kleiner Mann aus dem Erzgebirge mit kleiner Frau, die ein goldenes Kleid trug, Kunstreiterin gewesen sei und sehr merkwürdige Bewegungen machte.«Wie sieht er aus?»fragte ich Simone. -«Wie ein Zauberer! »
     
    Zwischen KF und mir herrschte Übereinstimmung, wir mußten beide über die dilettantischen Zaubereien lachen. Das Publikum bemerkte erst später das Besondere, Skurrile seiner Darbietungen. Es kommt ja nicht aufs Zaubern an, wir sahen hier einen Menschen, der sich durchs Leben gezaubert hat. Rührend! – Ich sagte:«Wir sind derselbe Jahrgang!»- Er:«Sind Sie auch noch gemustert worden? Ich bin noch gemustert worden!»- Ein kleiner Mann mit zerknittertem Gesicht, krisseligem Haar. Hinterher mischten die beiden sich zwischen die Teilnehmer und erzählten, wo sie überall schon aufgetreten seien. – Zum Schluß steppte er noch. Es war zum Wundern. Eigentlich traurig.
    Die Nachkriegszeit sei die goldene Zeit für ihn gewesen, sagte er, da hätten sie ihn alle sehen wollen, aber in den 50ern dann nicht mehr, da sei jeder mit sich selbst beschäftigt gewesen. Jetzt gehe das erst wieder los.
    Eine Frau sagte:«Der Mann kann ja gar nicht zaubern!»
     
    Paul Kersten hielt ein Referat über Nelly Sachs in seinem Kurs. Er wunderte sich, daß nur ein einziger des Kurses den Namen schon mal gehört habe, ausgerechnet ein amerikanischer Student.
     
    Die Leute hat es sehr interessiert, welche verschiedenen Umschlagentwürfe für M/B zur Debatte standen. Ich hatte sie ausgelegt und numeriert. Der Messer-durch-Hand-Vorschlag

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