Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)

village dogs, had disappeared in a cloud of dust. (Der erste Absatz aus«Dog Days»)
    Es kam ein Angebot aus Ost-Berlin, eine Frau Sandberg will mir Agitprop-Bilder besorgen, junge Pioniere usw. Ich würde mir das ganze Haus vollhängen. Handwerklich müssen sie jedoch«stimmen», aber das tun die Osterzeugnisse meistens. Aber die Preise! die Preise!
    Bilder aus der Hitlerzeit kriegt man überhaupt nicht.
    Man müßte sie einander gegenüber hängen.
     
    Unruhe im Haus, Keller wird aufgeräumt. Ich wurde gefragt, ob wir die Nachtgeschirre noch brauchen.
    Drei Hunde plus Simones Hacky im Haus. Wunderbarer Spaß, zu sehen, wie Hacky mit unserer Dame flirtet.
    Die Grässe-Bilder kamen. Sie sind leider ziemlich scheußlich. Sind auch physiognomisch nicht korrekt. Ein teurer Schlag ins Wasser.
    Buchweizen-Plinsen mit allerhand Ketchup.
     
    Im TV sprechen sie zum ersten Mal vom 3. Weltkrieg: Araber/ Islam gegen den Norden. Ich sehe das nicht, weil die Leute sich gegenseitig behindern.
    Im Radio NDR 4 der Sprecher sagt:«Fifty-two-Bomber …»Irak hat erst heute die sogenannten diplomatischen Beziehungen abgebrochen mit USA und anderen. Haben vielleicht gedacht, es geht noch mal gut.
    Vier Scherenschnitte meines edlen Profils kamen aus Weimar, sehr komisch! Absolut verrückt.
     
    Ein früherer Generalmajor (SPD) hat die deutschen Männer dazu aufgerufen, den Wehrdienst zu verweigern. Allein in diesem Monat seien ihm 22 000 gefolgt. Man fragt sich, was hat dieser Major in seiner Dienstzeit gemacht? Hat er die Männer herbeigelockt?
    Im«Spiegel»Horrormeldungen über SU. Die Zustände dort müssen ja unerträglich sein. Wie ein normales Leben dort überhaupt möglich ist. Die sogenannten Grundnahrungsmittel gäbe es allerdings.

Nartum Do 7. Februar 1991, kalt
     
    Es hat was Irres an sich, daß man von morgens um 5 Uhr bis Mitternacht stündlich auf allen Sendern darüber informiert wird, daß 50 Bundeswehrsoldaten in die Türkei verlegt werden. Sonst gab’s nichts Neues. In London explodierte eine Granate hinter Downing Street 10.
    Jordaniens kleiner König scheint umschwenken zu wollen. Dann wehe den Israelis!
     
    TV:«Planet der Affen»mit Charlton Heston. – Gut gemacht, intelligent, konsequent. Schluß verblüffend.
     
    Sie zählen die Kriegstage. Früher hatten die deutschen Soldaten zum Zählen der Dienstzeit Zollstöcke, von denen sie die Zentimeter absäbelten. Im Gefängnis macht man Striche an die Wand. Dort zählt das Fünfersystem:
    Ratlos, zunehmend ängstlich, daß die Amis irgendwas falsch gemacht haben. Werden sie schon, damit kann man rechnen.

Nartum Fr 8. Februar 1991, kalt
     
    Tag der jungen antifaschistischen Helden
    Kälte ohne Schnee. Da bleibt man am besten im Bett.
    Ich lese ein Buch über den Rückzug Napoleons aus Rußland. Herrlich gearbeitet, den ganzen Tag.
    Kein Telefon.
    Gestern fragte ein Theologiestudent, ob er mir beim Schreiben mal über die Schulter gucken könne. Da würde mir wohl die Spucke wegbleiben.
     
    Hamelberg war da und brachte den Thermodrucker in Ordnung. Die rasende automatische Druckmaschine mit den auswechselbaren Typenscheiben wandert ins Museum.
     
    TV: Golf. Die Amis heben Gruben aus für Kriegsgefangene. Die Gefangenen sollen sich nur hineinstellen. Die denken dann vielleicht, sie sollen lebendig begraben werden? Assoziationen zu alten Filmaufnahmen von Judenerschießungen im Osten. Die Iraker verlagern ihre militärischen Einrichtungen neuerdings in Wohngebiete. Zynisch. Aber was soll man von diesen Leuten erwarten.
    Es heißt, daß 80 000 Iraker bereits desertiert wären (was ich nicht glauben kann).
    Saddam hat wieder eine Scud-Rakete genehmigt. Die Abschußeinrichtung wurde allerdings von den Amis sofort danach zerstört. (Da hat wohl mal der Satellit funktioniert.)
    Deutsche Panzerabwehrleute konnten nicht starten, Flugzeug kaputt. Eine Maschine der NVA nahm sie auf.
     
    TV: Rudi Carrell mit seinen Liebespaaren. Einen jungen Mann fragte er, ob er mit der Frisur auch rückwärts gehen kann? – Ein anderer gab an, er sammelt spanische Möbel.«Also Apfelsinenkisten? »- Fällt so was nicht unter«Verunglimpfung»?
    Seit Tagen reden sie davon, also, nun ist es bald soweit, nun greifen die Amerikaner bald an. Es ist fast so, als könnten sie sich nicht entscheiden. Heute wurde eine kleine Trick-Karte gezeigt, mit beweglichen Panzern – schwupp! – fuhren sie über die Wüstenkarte – schwupp! – kam ein Hubschrauber. Fall 1, Fall 2, Fall 3. Die Nazis