Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)
was niet-und nagelfest war.
Hauser erzählte von einer DDR-Film-Jury, die sich über einen bestimmten komischen Film totgelacht habe, aber dieser Film sei nicht einmal in die Endwertung gekommen. Lustigerweise sprach er in anderem Zusammenhang ganz ernsthaft von der«Hautevolee von Bützow». Bützow!
Ich bekam heute eine sehr erfreuliche Honorarabrechnung. Die Katzen wollten nicht draußen sein. Sie kamen an mein Fenster, ich ließ sie ein, und sofort ging die Bunte aufs Klo, das hätte sie ja auch draußen erledigen können. Es ist ein rechtes Kreuz mit den Tieren.
Der Irak-Krimi beschert uns eine Überraschung nach der anderen. Heute Saddam Husseins überschlaues Angebot zur Räumung Kuwaits (konditionales A.) und die kuriose Nachricht: er sei verletzt. Am kleinen Finger, das haben wir ja gesehen.
Scholl-Latour zitiert bereits Shakespeare!
Biermann gab sich recht leidend, er barmte in die Kamera, Gott helfe mir, er müsse leider für den Krieg sein, dafür wurde er von Lea Rosh geküßt, was sie noch nie getan habe, wie sie sagte. Eine nicht geküßt habende Frau. Anschließend eselte sie den deppischen Präsidenten des BDI aus. Und es gelang ihr auch! Daß diese Leute sich nicht besser vorbereiten!
Nartum Sa 16. Februar 1991, Schnee
Tag der Mitarbeiter des Handels
T: Bin bei den Chinesen notgelandet. Anscheinend wollen sie mich gut behandeln, sie sind ja gar nicht so, soll das bedeuten.
Schöner Wintertag.
Die deutsche Wiedervereinigung wird besonders im Wetterbericht sinnfällig:«Sachsen-Anhalt: Schneeglätte …»Oder:«Temperatur Greifswald minus 3 Grad.»
Wie das Wort«Wiedervereinigung»damals die Linke erregte. Es müsse«Neuvereinigung»heißen, wurden wir belehrt.
Die alten und die neuen Bundesländer. Alt im Sinne von«oll», darunter wären dann, meinem Sprachverständnis nach, die sogenannten«neuen»zu verstehen.
Große Debatte jetzt, ob Saddam Hussein wie Hitler sei.
Warneke erzählte, daß vor seinem Haus in Klein-Machnow ein schwarzer Mercedes vorgefahren sei. Und aus dem Autofenster heraus habe einer das Haus fotografiert. Er wär’ hinter der Gardine stehengeblieben.
Nicht einmal der Ansatz eines Unrechts- oder Rechtsbewußtseins – wie man’s nimmt – ist vorhanden. Bei Nacht und Nebel flüchteten die Leute damals, und alles ließen sie zurück. Daß sie nun ziemlich brutal sind beim Wiedereinkassieren ihres alten Besitzes, ist eine andere Frage. Das spiegelt vielleicht die Roheit wider, mit der die Menschen damals verjagt wurden.
Mancher ist eben«im Düsenjäger durch die Kinderstube geflitzt», wie man es ausdrückt. Und Herzensbildung ist nicht jedermanns Sache.
Hildegard zu den Hunden heute früh:«Moine Süßis! Moine Knackel-Dackels!»
Gestern großes Trara mit den Disketten. Eine zu voll geknallte gab ihren Geist auf. Anstatt vernünftiger Texte erschienen tatsächlich grinsende Gesichter. – Aus Amerika, der«Knacker»oder wie diese Leute heißen, der da alle Computer mit einem Weihnachtsbaum infizierte. Dauernd erschien:«Happy Christmas! »Wenn sie diese Leute fassen, kriegen sie 14 Tage Gefängnis oder so. – In meinem Fall, gestern, allerhand vergebliche
Rettungsversuche.«I looked forward!», schaffte also auf konventionelle Weise Ordnung.
«Komm mal schön bei Vater und Frauchen! Ja, brav, ja, lieb! Ganzer lieber Schnucker! Bravchen!»
Biermann gestern: Komm, süßes Gas!, deklamierten die Palästinenser. Woher der seine Informationen hat? Weshalb servieren uns die Journalisten so was nicht? Das ist nicht seriös.
Lea Rosh, ganz in Rot, als Mater dolorosa.
«Ooch, mein Guttel. Nun seid mal schön lieb und leise.»
Wer Tagebuch schreibt, verdoppelt sein Leben.
Der Schnee: Heute sitzen wir in einer Groh-Postkarte.
Das Hausmann-Tagebuch. Eine sehr aufgeregte Ich-Sache. TV: Nichts Besonderes. Skispringen. Der kritische Punkt spielt dabei eine Rolle. Wenn sie den verpassen, dann gute Nacht. Ich schrieb die ersten vier Kapitel von M/B ins Reine, gefällt mir jetzt.
Am Abend die«Hörzu»-Splitter. Das gäbe ein hübsches Buch. Habe jetzt schon 90«Splitter».
Der Journalist Johannes Willms möchte laut FAZ-Fragebogen am liebsten ein Fürstbischof im Barock gewesen sein. Seine Lieblingsfarbe ist Mohnrot. – So was vergeht.
Zum Mauerfall ein Mann:
Ich war in Frankfurt bei meiner Schwester, spätabends, da haben wir gepackt, weil wir am nächsten Tag nach Tel Aviv fliegen wollten. Und während wir da
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