Somnia: Tagebuch 1991 (German Edition)
dem Wiederaufbau der Theater, müßten sie die«Metamorphosen»mal rückwärts spielen.
«Pädagogik»hat mich eigentlich nie interessiert. Ich wollte nur mit Kindern zusammensein. Pädagogik geht überhaupt nicht. Lieb sein und die Interessen der Kinder befriedigen, das ist alles.
Merkwürdig, daß auf meinen Eselsbrücken-Aufruf nur so wenige Leser reagiert haben! Die meisten sind wohl einfach zu faul dazu. Ein Großteil der europäischen Kultur geht durch Faulheit verloren, der andere Teil durch Entstellung.
2007: Jetzt wird ein Buch mit Eselsbrücken für 5,55 Euro im Ramsch angeboten.
Unser Garten wächst jetzt zu. Wenn ich an die Anfänge denke!
«Echolot»: Eva Braun (es gibt ein Tagebuch).
Ribbentrop: Briefe?
Nartum Do 27. Juni 1991
Bullock: 1937«beherbergten»die drei Hauptkonzentrationslager nicht mehr als 10 000 Häftlinge und 4000 Wachtleute. Woher hat er die Zahlen? In Dachau sollen die Häftlinge damals bezogene Betten gehabt haben. Woher die Interna kriegen? Vieles ist in guter Absicht entstellt.
Mein schönster Erfolg als Schriftsteller: Eine Lehrerin hatte der Klasse den«Böckelmann»vorgelesen, und am Schluß habe ein Mädchen laut aufgeschluchzt.
Sie gehen dahin in die Jahrtausende.
Neulich war eine Amateuraufnahme zu sehen: Ein deutscher Soldat treibt Juden zusammen und jagt einen kleinen Jungen immer wieder fort, der zu seiner Mutter will. Das genügt eigentlich schon.
Heute Panzer in Jugoslawien, die Autos plattwalzen und einen Lastwagen mit einer einzelnen Granate kaputtschießen. Wie anders als nachgespielter Krieg im TV. Unverständlich die Weigerung der USA, die Staaten anzuerkennen.
Der Nachrichtensprecher Friedrichs hatte seinen letzten Tag. Sein Wort«Geklaut ist geklaut»in der Wieser-Affäre sei unvergessen. Das ging ihn doch gar nichts an? Früher war er mal Sportjournalist. Jetzt moderiert er hohe Politik. Warum auch nicht? – In der fraglichen Sendung hatte er als Symbol für meine Arbeit einen hohen Schornstein abgebildet, der in der Mitte gesprengt wird.
2007: Hat sich herausgestellt, daß er mit Wieser gekumpelt hat. Der hat als Ghostwriter die Biographie von Friedrichs geschrieben.
TV: Israel, wie Judenkinder unterrichtet werden. Schauerliches 19. Jahrhundert. -«Judenschule», dieses Wort darf man nicht verwenden. Obwohl es die doch gibt, Judenschulen.
Ich sehe Sendungen über Israel immer gerne an. Ein rätselhaftes Volk. Die Chassiden. Und Pelzmützen tragen sie. Die Frauen müssen ihr natürliches Haar mit Perücken bedecken, bei 30° im Schatten!
Warum war ich nie in Israel? – KF hat da mal ein halbes Jahr Telefone gespritzt in einem Kibbuz.
TV: Über Todesschützen (die keine Mörder sind, dem Gesetz nach, sondern Totschläger) an der«Friedensgrenze». Den Film hätte man nicht zeigen sollen. Krenz meinte, das Plakat an einer westdeutscher Kaserne -«… wird von der Schußwaffe Gebrauch gemacht»- sei mit den Mauerschüssen zu vergleichen. Es hat was von«freier Wildbahn»an sich, auf laufende, rennende Menschen zu schießen.«Vorhalten», so heißt das. – Diese Leute werden freigesprochen. Irrsinnsgeruch der Gesetze. Schwamm drüber?
Eruptierende Vulkane, deren Schlammfluten in vorbereitete Rillen geleitet werden, andere, bei denen das nicht geschieht. Einzelne Bäume knicken um, Wälder gehen in Flammen auf. Forscher, die sich direkt neben die 1000°-Fluten stellen. Weiß nicht, was die da forschen. Heiß ist es, das kann man ihnen auch von Nartum aus mitteilen. – Ins Wasser wälzt sich die Glut.
Ein groteskes Unwetter über dem Haus. An mehreren Stellen regnete es durch, ich rannte herum, um alles in Sicherheit zu bringen.
Die Hannoveraner: Alle Bilderhandschriften über den Krieg gebracht, und nach dem Krieg tritt die Leine über die Ufer und vernichtet die kostbaren Dokumente in der Universitätsbibliothek. – Nach dem Krieg noch, als wäre nicht schon genug zerstört worden.
In der Post hübsche Aquarelle von Rostock. Offenbar von Postkarten abgemalt. Egal. Rostock ist Rostock.
Gegen Abend 30 Landfrauen, die unser Haus besichtigen wollten. Ich zog mich zurück und ließ es Frau Schönherr machen, die die Damen ja auch eingeladen hatte.
Unter solchen Umständen muß ich arbeiten. Ein Wunder, daß ich überhaupt etwas zustande bringe. Ich blieb am Schreibtisch sitzen und war ebenfalls zur Besichtigung freigegeben.
Krenz beklagte sich, daß von den 25 Grenzsoldaten, die
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