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Somniferus

Somniferus

Titel: Somniferus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Ich
wirbelte herum – und fiel wieder in mich zusammen. Es war, als
stürzte ich von einer großen Höhe auf den Erdboden
nieder. Ich flog geradewegs in eine Schwärze hinein, die sich
sofort um mich schloss. Dann setzte mein Bewusstsein aus.

 
21. Kapitel
     
     
    Ich erwachte. Offenbar lag ich am Boden. Mein Kopf ruhte in Lisas
Schoß. Sie weinte und strich mir über das Haar. Als sie
bemerkte, dass ich die Augen aufschlug, stieß sie einen spitzen
Schrei aus. Ich spürte, wie ein Zucken durch ihren Körper
lief, und befürchtete schon, sie würde aufspringen und
meinen Kopf einfach fallen lassen, doch sie beherrschte sich.
    »Was war los?«, fragte ich.
    »Ich… ich weiß es nicht«, flüsterte sie.
»Da war dieser Schatten hinter dir. Es hat ausgesehen, als
würde er in dich hineinkriechen. Und dann…« Ihre
Stimme versagte.
    Ich wollte sie nicht weiter fragen. Ich hatte Angst vor ihren
Antworten. Aber warum war nun alles wieder normal? Selbst der
moderige Geruch war verschwunden. Mühsam hob ich den Kopf,
stützte mich auf den Ellbogen ab und versuchte mich zu erheben.
Es war verdammt schwer. Nach einigen Versuchen saß ich
wenigstens aufrecht.
    »Wir lassen uns von dieser ganzen Sache verrückt
machen«, sagte ich schließlich. »Hoffentlich ist sie
bald vorbei.« Ich fühlte mich elend. Ich fühlte mich,
als stecke etwas Fremdes in mir. Ich fühlte mich unwirklich
alt.
    »Sie ist vorbei«, sagte Lisa. »Ich bin mit meinem
Latein buchstäblich am Ende.«
    Ich erinnerte mich daran, dass mir ein wichtiger Gedanke gekommen
war, bevor… bevor… Ein Gedanke an meinen Onkel Jakob, an
einige Ausflüge mit ihm und meiner Mutter, auf denen er uns
einige Sehenswürdigkeiten der Eifel gezeigt hatte. Auf einem
dieser Ausflüge waren wir nach Kyllburg gekommen, in dessen
Stiftskirche zwei der schönsten Kirchenfenster Deutschlands
hängen. Einige Zeit lang hatte man sogar geglaubt, sie seien von
Albrecht Dürer entworfen, was bereits für ihre
Qualität spricht. Sie stammen zwar nicht vom Meister, wie
Kunsthistoriker später herausfanden, sind aber trotzdem immer
eine Reise wert. Und auf diesem Ausflug waren wir auch durch das
benachbarte Örtchen Malberg gekommen. Onkel Jakob hatte uns kurz
gesagt, dass er mit dem Besitzer des über dem Dorf thronenden
Schlosses gut bekannt sei, und er hatte uns in seiner
oberlehrerhaften Art erklärt, woher der Name Malberg kam: Es war
die fränkische Bezeichnung für einen Gerichtsort. War es da
nicht möglich, dass dieser Ort bereits in vorfränkischer
Zeit – also bei den Germanen – als Gerichtsort benutzt
wurde? War Malberg unser letztes Ziel, an dem sich unser Schicksal
entscheiden würde, je nachdem, ob wir das Götterbild fanden
oder nicht?
    Ich stand auf und lief erregt umher. Malberg lag in einiger
Entfernung von der Mosel, sodass es durchaus einen Sinn ergab, dort
ein zweites Heiligtum zu errichten. Aber wieso befand sich das
Heiligtum angeblich im Berg? Oder war das nicht wörtlich
zu nehmen? Ich teilte Lisa meine Überlegungen mit und bemerkte,
wie sie sich entspannte. Das in diesem Gewölbe Geschehene –
was war denn wirklich geschehen? – rückte in weite Ferne
und die Neugier hatte meine Begleiterin wieder gepackt.
    »Es wäre möglich«, sagte sie. »Die Gegend
dort war in römischer Zeit besiedelt. Das Dorf zieht sich ja
wirklich einen Berg hoch. Aber wenn der Tempel in dem Berg liegt,
weiß ich nicht, wie wir hineinkommen sollen. Wir können ja
nicht einfach in das Schloss auf dem Berg spazieren und uns als
Tempelschatzjäger ausgeben.« Sie lächelte schwach. So
gefiel sie mir schon wieder besser. »Aber vielleicht gibt es ja
einen anderen Zugang.«
    Dr. Kuffel kam wie verabredet gegen fünf Uhr und befreite uns
aus unserem Gefängnis. Wir beeilten uns, diesen Katakomben zu
entkommen, belogen den Archäologen, indem wir ihm sagten, wir
hätten leider nichts Aufschlussreiches gefunden, und machten uns
durch den Garten des erzbischöflichen Palais und an der
Palastaula vorbei auf den Weg zum Bahnhof. Unser nächstes Ziel
hieß Malberg. Wir waren uns beide sicher, dass es unser letztes
Ziel war. Zumindest war dieses Dorf unsere letzte Hoffnung.
    Aber wir konnten nicht im Entferntesten ahnen, was uns dort
erwartete.
     
    * * *
     
    Malberg besitzt keinen eigenen Bahnhof. Wir fuhren bis Kyllburg
und nahmen dort ein Taxi. Der Fahrer bedachte uns mit dem uns schon
sattsam bekannten Blick, verlangte aber wenigstens keine
Vorauskasse.
    »Wohin soll’s denn gehen?«,

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