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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Fischer
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seiner Tante, deren Silhouette sich hinter dem vergilbten Vorhang abzeichnete. Das Eisenbett quietschte, als sie sich auf die andere Seite wälzte. Martins Verband hatte sich halb gelöst, also nahm er ihn ab. Das blutbefleckte Stück würde er aufbewahren, es war etwas von Alena.
    Ein Ofen beheizte das spärlich eingerichtete Zimmer. Die Tapete dahinter war von Ruß geschwärzt, die rissigen Stellen schimmelten. Martin entdeckte zwischen einem Socken und einer leeren Wodkafla¬sche eine Fliege, die an einem Joghurtfleck rüsselte.
    Die Buche vor dem Haus starrte durch das einzige Fenster. Mit seiner kräftigen Statur und dem zähen Gemüt fühlte sich Martin wie dieser Baum, in dessen Rinde in großen Buchstaben der Name Alena eingeritzt worden war.
    Er zog sich die zerschlissene Hose an, während er einen Blick ins Nebenzimmer warf. Ein Fernseher war darin aufgestellt, davor stand der Tisch, wo er den Brief verfasst hatte. Ein paar zerknüllte Schreib¬versuche lagen herum, die Alufolienkugel, daneben das Parfum seiner Tante.
    Martin schlich mit einem Baumwollhemd unter dem Arm aus dem Zimmer. Im Treppenhaus stieg er über einen Penner und zerknirschte einen Käfer. Mit den Gedanken an Alena lenkte er sich ab.
    Seit sie in sein Leben getreten war, schrumpften seine Sorgen zu Stubenfliegen, die er abschüttelte, sobald die Haustür hinter ihm ins Schloss gefallen war.
    Als er aus dem Plattenbau trat, blendete ihn das Sonnenlicht. Wolken überzogen den Himmel mit Schlieren und türmten sich zu weißen Kumulusbergen.
    Martin zog sich das Hemd über und putzte sich grob den Schmutz unter den Fingernägeln weg. Die Luft war erfüllt von Maisgeruch, den der Wind vom nahe gelegenen Feld herüberwehte.
    Martin beschattete die Augen und entdeckte in der Ferne einen Regenbogen. Das gibt eine Gewitternacht, flüsterte ihm die innere Stimme zu und schien ihn zu beschwören. Für einen Förstergehilfen war es ein Leichtes, die Botschaften der Natur zu entschlüsseln. Er tastete die Hosentasche nach den Kronen ab, die er sich gestern erarbei¬tet hatte und zog einen Schnürsenkel hervor, das Überbleibsel eines aus¬getretenen Schuhs. Das Teil konnte man bestimmt noch gebrauchen, dachte er, steckte es zurück und machte sich auf den Weg zu seiner alten Freundin. Kaum, dass er es erwarten konnte, ihr von dem Brief zu erzählen. Ab und an stieß er Kiesel und zertretene Zigarettenschachteln in Ecken, in denen sich das Gras durch die Fugen zwängte.
    Vogelscharen zogen über die Giebel und in der Nähe hackte ein Bauer sein Holz.
    Martins Blick strich über die Häuser. Mit ihren bröckelnden Mauern, schief hängenden Fensterläden und der abblätternden Farbe drängten sie sich dicht aneinander. Wie gebrechliche Babischkas mit verblichenen Hüten wirkten die Gebäude, die sich gegenseitig stützten, um nicht zusammenzubrechen. Bald bog er aus der Gasse und erreichte seine Freundin: Apolena, die zierliche Flussdame, die auf dem Weg zur Elbe die Stadt teilte.
    Die älteste der Smutkover Brücken, die den rückständigen Süden mit dem modernen Norden verband, hatte Martin als seine Brücke auser-koren. Der Übergang bestand aus Holz – verwittert und stellenweise morsch. Steinerne Pfeiler trugen ihn. Er diente einigen furchtlosen Bauern aus den umliegenden Dörfern dazu, mit Karren ihre Waren hin-überzuschieben, um sie auf dem Marktplatz feilzubieten. Martin setzte sich in der Mitte der Brücke auf die Holzplanken und schob die Beine unter dem Handlauf hindurch. Er ließ sie über der Apolena baumeln. Sie war durch die starken Regenfälle der letzten Wochen mächtig ange-schwollen und strömte knapp unter ihm dahin.
    »Ich besuche sie später«, fing er an und erzählte Apolena von seinem Plan. »Abends wird es gewittern, und wenn ich dann bei Alena bin, wird sie mich nicht noch einmal nach Hause schicken.«
    Er stellte sich vor, wie die Nacht verlaufen könnte. Sie an ihn geku-schelt. Beide den Blick zum Fenster gerichtet. Regen peitschte dagegen, Wasserrinnsale liefen die Scheibe hinab. Seine Hand unter ihrer Bluse.
    Schnatternde Erpel rissen Martin aus seiner Träumerei. Er stülpte den Hemdärmel hoch und strich über die noch frische Wunde.
    Ein Fisch tauchte auf und wälzte sich an der Wasseroberfläche.
    »Ach«, meinte Martin amüsiert, »dich interessiert, wo ich mich verletzt hab.«
    Und so erzählte er dem Fluss, wie es dazu gekommen war. Ab-schließend zitierte er den Brief, den er auswendig konnte.
    Ob Alena ihn schon

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