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Sie ihn sprechen?«
Kröger nickte.
Der Vorarbeiter ließ einen kurzen, lauten Pfiff ertönen. Vollert verzog das Gesicht. Er hasste es, wenn man nach Leuten pfiff wie nach Hunden. Doch die Bauleute schienen auf diese Art der Kommunikation trainiert: Ein Gesicht tauchte an einem der Fenster auf.
»Schick Peters runter, sein Typ wird verlangt!«
Wortlos verschwand das Gesicht. Einen Augenblick später kam Peters die Freitreppe hinunter. Kröger konnte keinerlei Überraschung in seinem Blick sehen. Scheinbar hatte er mit dem Besuch der Beamten gerechnet.
Der Vorarbeiter schaute Peters wütend entgegen. »Wo ist dein Helm?«, schrie er ihn an.
»Der fällt mir dauernd vom Kopf … Ich stemm doch die Durchbrüche«, rechtfertigte sich Peters leise.
»Ja, und? Wenn der Arbeitsschutz wieder auftaucht, dann zahlst du das Bußgeld. Ich red’ mir doch nur das Maul fusselig.« Ärgerlich winkte er ab.
Aus dem Schloss hörte man Gepolter und jemand fluchte.
»Brauchen Sie mich noch?« Der Vorarbeiter drehte seinen Helm in den Händen und schaute zu Kröger.
»Nein, zurzeit nicht. Gehen Sie ruhig.«
Der Verabschiedete stülpte den Helm auf den Kopf und lief los.
»Übrigens, sie ist ledig!«
Vollerts Ruf ließ ihn kurz anhalten. Verständnislos schaute er zum Ermittler. Dann überzog ein Lächeln sein Gesicht. »Danke!« Er tippte mit zwei Fingern an den Helm und stürmte die Freitreppe hinauf ins Schloss.
»So, jetzt zu uns, Herr Peters.« Kröger begrüßte den Mann freundlich und begann das Gespräch mit einem Lächeln. »Wir haben ein paar spezielle Fragen an Sie. Als Sie die Mauer eingerissen haben, ist Ihnen da etwas aufgefallen?«
Der Maurer schüttelte den Kopf. »Nee, was soll mir da aufgefallen sein?«
»Na, uns interessiert, ob Sie uns was zu dieser Mauer sagen können. Sie als Fachmann, Sie können doch bestimmt etwas erklären zum Alter oder zur Beschaffenheit. Hat ein Spezialist oder ein Laie die Wand gezogen?«
»Ach so!« Er überlegte kurz. »Also, zum Alter kann ich nicht viel sagen. Alt war die Mauer, aber wie alt genau, ist schwer abzuschätzen. Und ein Fachmann hat die nicht hochgezogen.«
»Warum?«
»Die Fugen waren krumm und schief. Die Ziegel lagen zwar im Verband, aber das war es dann auch schon. Und der Putz, der noch dran war, schien mir auch nur so rangeklatscht worden zu sein.«
»Mmh, dann ließ sich die Wand wohl zügig abreißen?«
»Nee, ganz im Gegenteil. Derjenige, der gemauert und geputzt hat, hat an Zement nicht gespart. Kaum Kalk, aber viel Zement, auch so’n Fehler, den Laien gern machen.«
»Und über das Alter können Sie nichts Konkretes sagen?«
»Nee, beim besten Willen nicht.« Peters schüttelte den Kopf.
»Falls Ihnen noch etwas einfällt, hier meine Karte.« Kröger verabschiedete sich und der Maurer lief zurück ins Schloss, wo nach dem Lärm der letzten Minuten Stille eingezogen war.
Die Ermittlungsbeamten begutachteten noch die provisorische Tür, die auf Anweisung der Staatsanwältin eingebaut worden war. Das Siegel war unverletzt, und obwohl die Tür nur vorübergehender Art war, hatten die Männer gute Arbeit geleistet.
Kröger und Vollert gingen um das Gutshaus herum, das am Rande eines kleinen Sees stand. Blesshühner zogen im Wasser ihre Runden. Wenn das Gebäude und das umliegende Gelände einmal fertig waren, musste sich dem Betrachter ein traumhafter Anblick bieten. Jetzt konnte man nur erahnen, welch ein Kleinod dieses Schloss sein würde.
Die Baustelle blieb hinter ihnen zurück. Aus der Ferne drang das Tuckern eines Traktors, der seine Runden auf dem Acker drehte, zu ihnen herüber. Vögel zwitscherten und die Sonne brach sich in den Zweigen der großen Bäume, meist Buchen und Kastanien.
Im Gebüsch, gleich neben dem Weg, ertönte Gekicher. Vollert, der auf das Gesträuch zuging, blieb plötzlich stehen und rief: »Rauskommen, aber ein bisschen fix!« Mit dem Daumen zeigte er die Richtung an. Zwei Mädchen, etwa zehn bis zwölf Jahre alt, stolperten kichernd und, wie es schien, verlegen auf den Weg.
»Habt ihr keine Schule heute?«, begann Vollert das Verhör.
Die beiden Kinder wurden rot, schauten sich gegenseitig an und ihr Kichern wurde noch intensiver.
»Na, ihr solltet meine sein!« Vollert baute sich vor den beiden auf.
»Sind wir aber nicht!« Die Kleine, die sprach, hatte Sommersprossen auf der Nase und schaute keck zu dem Beamten empor. Dessen Stirn legte sich in Falten.
»Na, da schlag doch einer hin …! Gibt es hier im
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