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Titel: Sonderauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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als Grundlage nehmen.«
    Kröger starrtemit offenem Mund auf das Gesicht. Laut stieß er die Luft aus den Lungen, so überrascht warer von dem, was er sah.Erblickte indasAntlitzeinesMenschen, den er schoneinmal gesehenhatte und dessen Namen er kannte. Dr. Hüpenbecker hatte ganze Arbeit geleistet. Es fehlten zwar die Haare, sodassdieser Kopf ohne Frisur etwas Fremdesan sich hatte,und auch das Gesicht war ein wenigvoller als in Krögers Erinnerung, aber es warendie Augen, derMund unddas Kinn,diedieses Gesichtunverwechselbarmachten. Es war definitivdasGesicht von einem derFotos, dieihnen die WAST überlassen hatte. Es war der Kopf von Wernher von Schleyersdorf.
    Kröger war von der Arbeit des Gerichtsmediziners fasziniert. Die Szene hatte etwasGespenstischesan sich: Es sah aus,als kämederKopf direktaus dem Schreibtisch.Manwargeneigt, unterdie Arbeitsplatte zuschauen, um den Rest des Körperszu entdecken.Mit leichtvorgeneigtem Kopf musterte er dieArbeit des Gerichtsmediziners. Keine Sekunde ließ erden Blick von den Augen:DieseAugen starrtenihn förmlichan! Jeden Moment mussten sich doch dieAugenlider bewegen. Niemand konnte so lange dermaßen starr blicken, ohne zu blinzeln.
    Kröger bewegte sich langsam hin und her und langsam kam auch die Erkenntnis, dass dieser Blick und diese Augen leblos waren, nur eine Nachbildung einer Person aus längst vergangener Zeit. Diese Augenlider konnten sich nie über die Augen schieben, dieser Blickwürde immer in ein unddieselbe Richtunggehen.
    Kröger fasste sich. »MeinGott, Doktor. Wie sagte schon Ovid: ›Was wir waren und was wir sind, nicht eben dasselbe werden wir morgen sein.‹«
    Überrascht schaute der Arzt ihn an. »Ich wusste gar nicht,dass du Ovid gelesen hast.«
    »Du glaubst gar nicht, was ich alles lese.« Er gewann langsam seine Selbstsicherheitzurück. »Und miteinigen Haaren auf dem Kopf würdeer nochbesser aussehen!«
    »Du kannstihm ja welcheabgeben.« DerGerichtsmediziner griff in den Kittel,zog dieZigaretten hervor, nahmsich eine und zündete sie sich auch gleichan.
    »Daslassichlieber.So vielehabeich nun auch wieder nicht.« Krögerstrich sich über seinen gepflegt geschnittenen Kopfschmuck. »Auch ohne Haare – tolle Arbeit!« Es schien ihmwirklich unfassbar: Vor einigen Tagen hatte der Schädelknochen noch in einem dunklen Teil eines Kellers gelegen und heute schaute Kröger indasGesicht diesesMannes,der schonüber ein halbes Jahrhundert tot war.
    Dr. Hüpenbecker quittierteKrögers Lobmit einem Nicken.Er war mit dem Auffangen der Zigarettenasche beschäftigt.Das Unterteil einer Petrischale leistete dabei gute Dienste.
    »Die Ähnlichkeitmit dem Foto ist verblüffend. Dieser da«, beidiesem Satz ruckteKrögers Kopf in RichtungSchreibtisch,»hat zwar eine Glatze und ist etwas älterund wohlgenährter, aber unverkennbar ist es Wernher von Schleyersdorf. Du hast uns sehr geholfen. Irgendwieerinnert mich das Ganze aberandie Gesichter im Wachsfigurenkabinett von Madam Tussauds.«
    Dr. Hüpenbecker zog nocheinmal kräftig an der Zigarette. »Da hast du gar nicht so unrecht«, antwortete er. »Der Kopf ist aber nicht aus Wachsmodelliert,sondern ausKnetmasse.« Er drückte die Kippe in der Petrischale aus. »Grundgerüst ist der Schädel, darauf werden an anatomisch definierten Punkten Abstandshalter gesetzt. Die entstehenden Zwischenräume werden mit Knetmasse aufgefüllt.«
    »Und dann?«
    »Tja, dann werden Augenlider, Mund und Nase entsprechend der jeweiligen Region geformt. Dann hat man einen Rohling, der noch entsprechend künstlerisch verfeinert wird, um den Wiedererkennungseffekt zu erhöhen.«
    »Wenn ich dir das Foto zeige, wirst du staunen, wie dicht du an der Realität bist.«
    Kröger zog aus seiner Jacketttasche ein Foto von Wernher von Schleyersdorf. Die Ähnlichkeit war verblüffend.
    »Übrigens, der Kopf auf deinem Schreibtisch erinnert mich sehr an einen meiner ersten Fälle.« Kröger steckte das Foto wieder ein.
    »Ach ja? Los, erzähl!« Dr. Hüpenbecker deutete auf zwei Stühle. »Kaffee?«
    Kröger schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich muss auch gleich los.«
    »Na gut, dann vielleicht beim nächsten Mal.« Der Arzt griff zur Zigarettenschachtel, schaute dann Kröger an und steckte die Schachtel wieder ein, ohne sich eine Zigarette anzuzünden.
    »Du und deine Sargnägel!« Kröger schüttelte missbilligend den Kopf.
    Dr. Hüpenbecker winkte ab. »Ein Laster muss der Mensch haben. Rauchste nicht, stirbste auch … Du wolltest mir noch

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