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ärgert dich?«
»Ja! Dich nicht?« Kröger blieb kurz stehen.
»Natürlich wurmt mich das genauso, und ich frage mich auch, wohin die Reise noch geht.«
»Siehste, das meine ich. Jeder, den du fragst, ärgert sich. Alle regen sich auf, heimlich, aber keiner macht was. Die wenigsten zeigen noch Zivilcourage. Wie die drei heiligen Affen. Nichts sehen, nichts hören und ja nichts sagen. Scheißgesellschaft!«
Sie hatten unterdessen den Querkanal erreicht, wo in den letzten Monaten mehrere Gaststätten eröffnet worden waren. Die Lage war fantastisch. An einer der traditionsreichsten Ecken der Hansestadt blickte man auf den Kanal mit seinen Segelbooten, konnte im Sommer draußen speisen. Und was auch keine Selbstverständlichkeit in der Stadt war und was Kröger außer einer guten Küche schätzte: Man wurde von Autoabgasen verschont.
Die beiden Beamten waren in dieser Ecke bekannt. Wenn es sich einrichten ließ, aßen sie hier. Das Personal war freundlich und schnell, das Essen schmeckte und die Preise waren erschwinglich. Keine Normalität in dieser hektischen Zeit, in der jeder versuchte, schnell reich zu werden.
Die Außentische waren alle besetzt und auch der Gastraum war gut gefüllt. Sie warteten einen Augenblick. Als ein Tisch auf der Terrasse frei wurde, nahm Vollert ihn sogleich in Beschlag.
Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, sagte Vollert: »Manchmal glaube ich, du trauerst der alten Zeit noch nach.«
Kröger schmunzelte und musterte seinen Kollegen.
»Das solltest du eigentlich besser wissen. Mich ärgern nur so viele Sachen. Die laufenden Kürzungen zum Beispiel oder politische Entscheidungen, die bar jeder Vernunft sind. Oder Schneiders antiquiertes Gerede von den verlorenen Ostgebieten.«
»Hör mir auf mit dem!« Vollerts Gesicht nahm einen ärgerlichen Ausdruck an.
»Der ist ja wirklich noch von gestern. Mir reichte seine Argumentation vorhin schon. Der scheint ja wirklich noch in der Vergangenheit zu leben!«
»Zum Glück war Frau Dr. Bednarek nicht anwesend. Wir hätten uns in Grund und Boden schämen müssen. Apropos Doktor – hat sich der Herr Doktor Neumann schon gemeldet?«
»Nein. Warum?«
»Wenn du ihm schon vertrauliche Unterlagen zukommen lässt, dann könnte er sich wenigstens mal melden.«
»Ach, Horst, erstens hat er die am Freitag erst erhalten und jetzt ist Montagmittag. Was erwartest du? Und zweitens: Frau Dr. Bednarek hat sich auch noch nicht gemeldet.«
Ihr Essen kam.
Kröger schob sich schnell einen Bissen Bratkartoffeln in den Mund, um nicht gleich antworten zu müssen. Vollert hatte recht. Das gab Kröger zu, indem er vorschlug:
»Dann werden wir nach diesem Mahl den Herrn Dr. Neumann mal besuchen.«
»Du schlägst den kurzen Dienstweg ein?«
»Genau.«
Genüsslich bugsierte Kröger ein weiteres Stück Schnitzel in den Mund. Das Kalbfleisch war zart und saftig, die Bratkartoffeln schön kross, so, wie er sie mochte.
Nach dem Essen gingen sie langsam in Richtung Museum. Die gute, reichhaltige Mahlzeit forderte ihren Tribut. Die Wärme des Tages tat ein Übriges. Es war schön, sich im Strom der Urlauber treiben zu lassen. Vorbei an alten Giebelhäusern aus der Zeit der Backsteingotik schlenderten sie über verwitterte Granitplatten, die in früheren Zeiten als Ballast auf Segelschiffen gedient hatten und die findige Stralsunder als Wegbefestigung zu nutzen gewusst hatten. Einige der alten Häuser strahlten schon in neuem Glanz, doch viele der Gebäude warteten noch auf ihre Wiedererweckung.
Kröger zeigte auf ein Haus, bei dem Eingang und Fenster zugemauert waren und an dem Schilder die Fußgänger aufforderten, aus Sicherheitsgründen die Straßenseite zu wechseln.
»Schau dir das an! Das ist unter anderem ein Grund, warum ich die alten Zeiten so nicht wiederhaben möchte. Zu viel Verfall und zu viele falsche Entscheidungen!«
»Die gibt es aber heute leider auch noch, die falschen Entscheidungen.«
Vollert hatte den Kopf in den Nacken gelegt und musterte den Giebel. Er musste die Augen mit der Hand vor der gleißenden Sonne schützen.
»Ob das jemals wieder bewohnbar wird?«
»Bestimmt! In den letzten Jahren wurden schon ganz andere Ruinen gerettet.«
Vollert riss sich von dem Anblick los und sie gingen weiter.
Vor dem Meeresmuseum standen die Menschen an und warteten auf Einlass. Langsam schob sich die Schlange vorwärts. Einige Touristen nutzten die Zeit für Erinnerungsfotos: Der Kutter ›Adolf Reichwein‹ auf dem weitläufigen
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