Sonea - Die Hueterin
Abenteuer sollte mich mit Erregung erfüllen.
Als er zu Lorkin hinüberschaute, sah er, dass der junge Mann aus dem anderen Fenster blickte.
Ich bin also nicht der Einzige. Ich schätze, jede Reise macht es notwendig, irgendeinen Ort zu verlassen, und das bringt häufig ein wenig Kummer mit sich. Nun, zumindest hatte Lorkin jemanden, der ihn verabschiedet hat.
Er runzelte die Stirn, als er an die vergangenen Tage zurückdachte. Seit ihrem Streit hatte Tayend kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Nicht einmal als Dannyl ihm eröffnet hatte, dass er am nächsten Tag aufbrechen werde. Nicht ein einziges Wort zum Abschied. Er war auch nicht zugegen gewesen, als Dannyl seine Truhen auf die Kutsche geladen hatte und davongefahren war.
Warum muss er sich so verhalten? Es ist ja nicht so, als wollte er nach wie vor Anteil an den Forschungen nehmen.
Tayend hatte im Laufe der Jahre immer weniger Interesse an der Arbeit gezeigt. Er fand den Klatsch und Tratsch des Hofes aufregender.
Dannyl hatte dem schweigenden Gelehrten erklärt, dass er, wenn er Sachaka für sicher genug halte, eine Nachricht schicken würde, und wenn Tayend dann immer noch darauf brenne, sich ihm anzuschließen, könne er den elynischen König um seine Zustimmung bitten. Aber der Gelehrte hatte Dannyl nur angefunkelt und den Tisch verlassen, ohne seine Mahlzeit beendet zu haben.
Ich habe ihn noch nie so wütend gesehen. Es ist unvernünftig. Meine Forschungen werden keine Fortschritte machen, wenn ich nicht nach Sachaka gehe. Nun, ich hoffe, sie werden Fortschritte machen. Es wäre auch möglich, dass ich dort nichts finde.
Aber das würde er niemals wissen, wenn er es nicht versuchte.
Die Kutsche fuhr durch die Innere Stadtmauer hinaus ins Nordviertel. Lorkin starrte immer noch aus dem Fenster. Er wirkte in sich gekehrt und nachdenklich, was die Ähnlichkeit mit seinem Vater betonte.
Akkarin hat immer über irgendetwas nachgegrübelt. Nun, es stellte sich heraus, dass er allen Grund dazu hatte. Wer hätte gedacht, dass der Mann, dem so viele Magier mit Ehrfurcht begegneten, einst ein Sklave gewesen war?
Gewiss hatte niemand Verdacht geschöpft, dass ihr Hoher Lord schwarze Magie beherrschte und sich in die Stadt hinausgewagt hatte, um sachakanische Spione zu töten.
Waren auch jetzt sachakanische Spione in der Stadt? Er lächelte. Natürlich waren welche da. Nur nicht die Art, die Akkarin gejagt hatte - ehemalige Sklaven, die von ihren Ichani-Herren nach Kyralia geschickt worden waren. Nein, die heutigen Spione würden von der altmodischen Art sein, ausgesandt oder in Dienst genommen von den Herrschern anderer Länder, um ein Auge auf ihre Nachbarn zu halten. Und sie würden sich nicht mit den ärmeren Bezirken abgeben, sondern stattdessen nach nützlichen Positionen mit Zugang zu Hof und Handel Ausschau halten.
Dannyl blickte aus dem Fenster. Er sah zu, wie die adretten Steinhäuser des Nordviertels an ihnen vorbeizogen, dann passierte die Kutsche die Äußere Stadtmauer und erreichte den Stadtteil, in dem einst die Hüttenviertel gelegen hatten.
Es
hat sich so sehr verändert,
ging es Dannyl durch den Kopf. Wo früher klapprige Hütten das Bild beherrscht hatten, standen jetzt saubere Ziegelsteinhäuser. Er wusste, dass manche Gebiete der Hüttenviertel nach wie vor schmutzig und gefährlich waren, aber sobald die Säuberung aufgehört hatte, war schnell klar geworden, dass der alljährliche, erzwungene Exodus die Ausdehnung der Stadt ebenso blockiert hatte, wie er die Armen an ihrem Betreten gehindert hatte.
Und die Armen hatten nicht nur Zugang zur Stadt, sondern konnten jetzt auch der Gilde beitreten - wenn sie über ausreichend starke magische Fähigkeiten geboten. Der Wohlstand, der mit einem solchen Privileg einherging, hatte mehr als nur wenige Familien aus der Armut befreit. Obwohl der Zustrom von Novizen aus den Klassen der Armen und der Dienstboten der Gilde einige Probleme bereitet hatte. Wie dieses jüngste Durcheinander, bei dem Magier und Novizen der höheren Klassen in einem von Schmugglern betriebenen Feuel- und Spielhaus gefunden worden waren. Sie hatten danach behauptet, die »Proliis« hätten ihnen den Weg zu dem Haus beschrieben. Das Beunruhigendste daran war der Umstand, dass es in einer Gasse im Inneren Ring lag, einem Stadtteil, von dem man immer geglaubt hatte, er sei frei von solch üblen Einrichtungen. Und es war nicht allzu weit entfernt von Dannyls und Tayends Zuhause gewesen.
Aber das war jetzt die Sorge anderer.
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