Song of Blood (German Edition)
kleiner, und Songlian rang mit aller Gewalt um Beherrschung, als er dies bemerkte.
„Ich fürchte – und ich meine das wörtlich – dass uns Mathis nicht alles von seinem Fauxpas erzählt hat“, sagte er mit einem Seufzen und machte sich auf die nächste Hiobsbotschaft gefasst. Die prompt folgte.
„Man ist mir hinterhergefahren“, gestand Mathis kleinlaut. „Möglicherweise haben die also mein Kennzeichen.“
„Das ist ja wohl nicht dein Ernst!“, brüllte Songlian, der endgültig die Beherrschung verlor. Er schoss ein weiteres Mal in die Höhe. Doch nun stellte sich Far schützend vor Mathis.
„Beruhige dich wieder, Song. Mathis ist von uns zu dieser Aktion überredet worden und wir haben ihn ohne jegliches Konzept dorthin geschickt. Wenn Fehler passiert sind, dann nur, weil wir zu übereifrig waren und uns diesen Schritt nicht überlegt haben.“
„Du brauchst mich nicht zu verteidigen. Dazu bin ich selbst in der Lage.“ Mathis maulte jetzt Far an, schubste ihn beiseite und erhob sich mit einem letzten Rest Würde.
„Außerdem merke ich, wenn ich allmählich unerwünscht bin.“ Und schon war er beleidigt verschwunden. Songlian sah ihm hinterher, für den Augenblick mit der Situation etwas überfordert.
„Scheiße, verdammte!“ Far hieb mit der Faust auf den Tisch und ließ Songlian ebenfalls sitzen.
Er ging an dem Pool vorbei und zwischen Bäumen und Sträuchern entlang, bis er sich seufzend mit einer Schulter gegen einen borkigen Stamm lehnte. Um ihn herum raschelte nächtliches Getier in den Büschen und er konnte den Geruch von weichem Fell und süßem Blut wahrnehmen. Und von Sandelholz und Zimt.
„Tut mir leid“, murmelte Songlian hinter ihm.
„Du hast Mathis verletzt“, sagte Far, ohne sich umzusehen.
„Nicht zum ersten Mal.“ Songlian klang beschämt und schmiegte sich gegen Fars Rücken.
„Ich bin kein toller Held oder ein Ideal für irgendwen, Far. Ich mache genauso wie andere Fehler. Du siehst immer bloß den Engel in mir.“
„Ange de la Mort“, brummte Far. „Da ist wohl mehr dran, als ich damals hatte ausdrücken wollen.“ Er spürte Songlians Körper an seinem Rücken, als der ihn umarmte. Far legte eine Hand über die Songlians.
„Bist du böse?“, fragte der und verschränkte seine Finger mit Fars.
„Ich könnte dir den Arsch versohlen“, knurrte Far und drehte sich um, damit er die Umarmung erwidern konnte. Er legte sein Kinn auf Songlians blauschwarzen Schopf und schloss die Augen, um seinen Freund einfach nur zu fühlen.
„Du musst dich bei Mathis entschuldigen“, sagte er.
„Ich weiß. Gleich morgen, wenn er sich ein bisschen abgekühlt hat.“
„Und wir müssen dafür sorgen, dass er weder von einem Skender Vale noch von Ooghi umgelegt wird.“
„Natürlich. Auch das.“
„Und ich muss Ooghi erwischen.“ Far wusste, wie verbissen er sich anhörte. Ein Schauer durchrann Songlian und so zog er ihn fester an sich.
„Weißt du, warum ich vorhin so ausgerastet bin?“, fragte Songlian leise, und Far schüttelte den Kopf.
„Ich habe kein gutes Gefühl bei dieser Sache, mo chroí. Es kommt mir so vor, als hätte mich eine abscheuliche Vorahnung gepackt. Am liebsten würde ich mit euch beiden einfach eine Zeit lang verschwinden. Nach Norwegen vielleicht oder irgendwo anders hin.“
„Du willst weglaufen?“, fragte Far ungläubig. Songlian nickte langsam.
„Du kannst mich ruhig einen Feigling schimpfen.“
„Bisher habe ich nicht erlebt, dass du dich gegenüber Dämonen feige verhalten hast, Song. Du bist ihnen doch haushoch überlegen.“
Songlian lächelte müde. Far küsste ihn auf die Stirn und versprach liebevoll: „Ich passe auf dich auf, Hase.“
„Das weiß ich“, murmelte Songlian. „Aber wer passt auf dich auf?“
***
„Was für eine impertinente Frechheit! Ich kann auf mich alleine achtgeben. Im Laufe der Jahrhunderte konnte ich mich durchaus von diversen Rockzipfeln lösen und auf eigenen Füßen stehen.“ Mathis war erbost und machte keinen Hehl daraus. Nur widerstrebend hatte er einem Treffen mit Songlian zugestimmt und sich in dem Café demonstrativ nichts bestellt, um seinen Unmut ihm gegenüber deutlich werden zu lassen. Eigentlich war es Mathis’ Art, sich in sein Stadthaus zurückzuziehen und in Ruhe zu schmollen. Doch das konnte Songlian dieses Mal nicht zulassen. Dafür hatten sie es mit viel zu gefährlichen Leuten zu tun. Er hatte sich über Skender Vale informiert. Der
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