Songkran
eindeutig.“
„Und die Schließung der Bars?“
„Können alle wieder geöffnet werden, ohne Ausnahme.“
„Ab wann?“
„Ab sofort!“
„Die Bombenleger sind noch auf freiem Fuß, oder?“
Chaiyon schwieg und Ratlosigkeit sprach aus seiner Mimik.
„Was geht da vor, Sir?“
„Ich weiß es nicht, Gun. Der Chef hat das nicht weiter ausgeführt.“ Entschuldigend hob er die Schulterblätter an, um sie dann absinken zu lassen.
„Aber sehen Sie es mal von der guten Seite: Keine unbezahlten Überstunden mehr, kein Stress mehr...“ Chaiyon suchte nach weiteren Argumenten. In seinem tiefen Inneren war er froh, dass das Alltagsgeschäft zurückkehrte.
„Ach so, Sie sollen alle Ermittlungsunterlagen und vor allem die Aufnahmen der Bahnsteige dem DSI übergeben. Ein Bote holt das ganze Zeug in einer Stunde ab.“
Gun nickte.
„Eine Frage Sir: Warum gibt Thanee den Fall an das DSI ab? Wenn ich mich nicht irre, gehört das DSI zum Justizministerium und nicht zu unserem Stall. Das macht keinen Sinn.“
„Gun, die Frage habe ich mir auch gestellt.“
„Und wie war Ihre Antwort?“
„Natürlich gibt Thanee den Fall nicht freiwillig ab. Da muss der Innenminister seine Finger im Spiel haben.“
„Richtig. Für diesen Fall unterstehen wir dem Innenministerium. Warum? frage ich mich. Und jetzt macht das doch noch weniger Sinn. Welches Ministerium gibt schon gerne Kompetenzen oder Macht ab. Und gerade in diesem Fall, wo das Innenministerium wieder eine Hand in der Polizeibehörde hat. Es sei denn...“ Gun stockte und zupfte wieder an seiner Unterlippe.
„Gun, vergessen Sie das Ganze!“, unterbrach Chaiyon bestimmt.
„Eine letzte Frage, Sir: Wer im DSI übernimmt unseren Fall?“
Chaiyon schüttelte den Kopf. „Gun, ich habe keine Ahnung. Vermutlich irgendwelche Terrorismusexperten. Für mich ist das eine Nummer zu groß, und für Sie auch Gun. Die Devise für uns heißt jetzt: Finger weg von der Bombe und zurück zum Alltag. Sie haben doch genug zu tun in Ihrem Revier, oder?“
„Natürlich, Sir. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig.“
Gun hatte eine Kopie der Aufzeichnungen mit dem Bombenleger Muu auf CD gebrannt und diese in seinem Stahlschrank versteckt. Irgendetwas stimmte nicht mit den Videoaufnahmen. Sein kriminalistischer Spürsinn lief auf Hochtouren. Warum hatte der Student die Odyssee über unzählige Stationen der Hochbahn und der Metro unternommen? Um seine Verfolger abzuhängen? Unwahrscheinlich! Da hätten sich wechselnde Taxifahrten eher angeboten.
Sollten doch die Experten vom DSI die Ermittlungsunterlagen erhalten. Mehr als er und sein Team herausgefunden hatte, würden die nicht entdecken. Es sei denn, etwas wäre bis jetzt übersehen worden. Und dieses etwas tauchte in dem Zusammenschnitt der Überwachungsbänder auf, den sein Kollege mühsam erstellt hatte. Irgendwo in den Minuten monotoner Bahnsteigaufnahmen steckte die Lösung des Rätsels.
Teil 2
Die Trutzburg
Sechs Monate später, kurz vor Songkran
Freitagmittag
Mit ernsthafter Mine stellte die junge, zierliche Frau das Glas mit frisch gepressten Orangensaft auf den flachen Marmortisch.
„Thirty Baht, please“, sagte sie zu dem deutschen Hotelgast, der auf der Kante der Holzliege saß.
Er reichte ihr zwei Zwanzigerscheine und machte mit einer großzügigen Handbewegung deutlich, dass sie die restlichen zehn Baht als Trinkgeld betrachten sollte.
Nach einem höflichen kaup kun ka betrat sie den schmalen Pfad, der durch den Dschungel des Hotelgartens zum Haupthaus führte. Durch das grüne Dickicht hindurch sah der Deutsche ihre zarten Konturen, bis sie hinter üppig wachsendem Pampasgras verschwand.
Der deutsche Gast griff nach der Bangkok Post. Sein suchender Blick galt einer Kunststoffunterlage, die das harte, unnachgiebige Holz der Liege dämpfen sollte. Fehlanzeige! Er streckte sich auf dem unbequemen Untergrund aus. Die englischsprachige Tageszeitung hatte er aus dem Hotelrestaurant mitgehen lassen. Ohne schlechtes Gewissen empfand er sein Diebesgut als Entschädigung für das entsetzliche Thunfischsandwich, das er zum Frühstück mit Mühe und Not runtergewürgt hatte.
Jetzt schmerzte der nackte Rücken. Ein zusammengewickeltes Badehandtuch dämpfte den Druck auf seinen Hinterkopf. Überstehende Blätter einer zwölf Meter hohen Kokospalme spendeten einen Rest Schatten gegen die Sonne, die sich ihrem Zenit näherte.
Die Schlagzeile der Post galt dem neuen Innenminister Porphant, den
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