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Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Titel: Sonne, Meer und Bea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Christopher
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wohl Rucksackreisende wie wir. Aber auch hier im Café gilt, bloß kein freundlicher Blick oder netter Austausch und wir kommen mit niemandem ins Gespräch. Wir sind genervt vom komischen Europäer-Eso-Mix, der hier an jeder Ecke lauert.
    Uns zieht es an die Promenade. Wie am Morgen sitzen wir auf den großen Steinen am Meer und beobachten zuerst den Mondaufgang, anschließend die bizarre Szenerie um uns herum. Die Promenade gleicht einer Partymeile. Überall stehen kleine Essensstände. Die einen verkaufen Gerichte direkt aus der Pfanne, die anderen gemischte Obstbecher. Daneben Verkäufer, die bunt blinkende Plastikdinger hoch in den Himmel schießen und sicher wieder auffangen. Meistens jedenfalls.
    Wir essen hier und da ein paar Happen und kehren früh zurück in unsere Unterkunft. Beide sind wir völlig platt, der Tag war mehr als anstrengend.
    »Das mit den Betten geht gar nicht«, stellt Paul klar, als wir unser Zimmer betreten. »Auf welchem der beiden möchtest du deinen Körper heute Nacht an meinen kuscheln?«
    »Wir nehmen das am Fenster.« Ich freue mich, dass Paul das Thema angesprochen hat, denn ich hätte auch nicht getrennt von ihm schlafen mögen. Seine liebe Ansprache nutze ich als Einstieg für ein klärendes Gespräch.
    »Du Paul«, ich druckse herum. »Es tut mir leid, dass ich die letzten Tage so mies gelaunt war. Mir war einfach alles zu viel. Und dann der wenige Schlaf.« Ich gucke ihn schuldbewusst an.
    »Ja, du warst schon etwas anstrengend. So griesgrämig und gereizt …«
    Oh. Eine direkte Anklage hatte ich jetzt nicht erwartet. Ich war auf ein ähnliches Eingeständnis seinerseits eingestellt. Ich will schon verärgert zum Gegenangriff starten und ihm seine schlechte Planung vorhalten, aber Paul kommt mir glücklicherweise zuvor, legt seine Arme um mich und beendet seinen Satz:
    »… aber ich weiß. Meine Planung war wohl nicht die beste. Verzeih mir. Doch egal wie furchtbar die Erlebnisse der letzten Tage waren, ich möchte keins davon missen, denn sie waren ja mit dir verbunden.« Ich bekomme einen tiefen Blick in die Augen und einen Kuss. »Und jetzt vergessen wir alles Vorgefallene und genießen den Rest des Urlaubs! Eine Runde Backgammon zum Einstieg?«
    »Gerne«, erwidere ich. »Und danke, schöner hätte ich es nicht sagen können.«
    Wir erfreuen uns an der neu erlangten offiziellen Harmonie und setzen uns mit dem kleinen Reise-Spiel aufs Bett. Jeder gewinnt einmal. So lassen wir es heute stehen. Dabei ist Paul doch ein Kämpfer und muss eigentlich immer auf eine klare Entscheidung spielen. Als er sich dann den Reiseführer schnappt und die nächsten Tage in Pondicherry planen möchte, interveniere ich.
    »Nee Paul, davon möchte ich heute wirklich nichts mehr wissen. Lass uns einfach mal spontan die nächsten Tage genießen.«
    »Okay, gegen Genießen habe ich nichts einzuwenden.« Er klappt das Buch zu. »Ich glaube, das Bett ist zu schmal, um nebeneinanderzuliegen. Willst du nach oben oder unten?«
     

Paul
    Ich starre an die Decke. Es ist dunkle Nacht. Der Mond scheint fade durchs Fenster und draußen ist es mucksmäuschenstill. Dann ein Rascheln. Nervös scheint ein Tier draußen über den Rasen zu flitzen. In der Ferne höre ich das Tröten eines Elefanten. Die Vögel kreischen auf und fliegen fort. Wieder Ruhe. Ich versuche aufzustehen, doch ich kann nicht. Mit einem Mal donnert es draußen bedrohlich. Ich spüre es vibrieren. Der Vorhang weht auf und der Mond erhellt die Szenerie. Ich sehe wie riesige Wassermassen auf uns zu gewalzt kommen. Und …, ich wache auf. Nass geschwitzt liege ich im Bett, alles ist ruhig, nur Maja atmet leise vor sich hin. Etwas verunsichert schiebe ich das Moskitonetz zur Seite und gehe ans Fenster. Draußen ist alles friedlich. Wenn man genau hinhorcht, dann kann man die Brandung des Indischen Ozeans erahnen. Ich habe wohl nur geträumt.
    Vor einigen Jahren ist Pondicherry von dem verheerenden Tsunami aus Indonesien getroffen worden. Und nun liegen wir in einem Hotel, direkt am Meer, im Erdgeschoss. Mir ist mulmig zumute. Ich schaue auf die Uhr: Sie zeigt halb drei. Ich gehe ins Bad, um mich frisch zu machen. Im Spiegel schaue ich in meine Augen. Sie sehen glasig aus. Ist es der Schrecken des Albtraums, der noch in ihnen steht, oder hat auch mich Indien geschafft? Ich spritze mir Wasser ins Gesicht und sage mir, dass allein der geträumte Tsunami mich so fertig ausschauen lässt. Ich klettere zurück zu Maja unters Netz und halte sie ganz

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