Sonne, Meer und Bea (German Edition)
es vorbei mit der Geschäftigkeit. Nachdem wir eine große Straße gekreuzt haben, ist vollkommene Ruhe. Pondy schläft und wirkt so friedlich wie kein anderer Ort, den wir bislang in Indien besucht haben. Als wir das Meer erreichen, hat sich bereits ein grauer Schleier am Horizont breitgemacht. Wir setzen uns an die Mauer der Promenade und sehen zu, wie der große Ball aus dem Meer hervor steigt und die Nacht vertreibt. Ich streichle Maja zart über ihren Handrücken. Sie lächelt sanft. Wir sind doch ein gutes Team. Da muss nur mal jemand von außen kommen und schon ist jeder Streit vergessen.
Wir beschließen, im Le Café frühstücken zu gehen. Le Café klingt gut, klingt Französisch und das liegt auch nahe, denn Pondicherry ist eine ehemalige französische Kolonie. Leider ist das Personal im Café total unmotiviert und wir warten ewig, bis wir überhaupt eine Speisekarte in die Hand bekommen.
Bei unserem nächsten Hotel ist das Check-in erst um 12 Uhr und so haben wir noch eine Unendlichkeit vor uns, bis ich wieder ein Bett unter meinem Rücken spüren darf. Nach dem Frühstück setzen wir uns zurück ans Meer. Leider hat Pondicherry keinen richtigen Strand. Hinter einem kleinen Streifen mit hart getretenem Sand geht es steil abwärts zum Meer und riesige Steine liegen herum, wohl um bei stürmischer See die Wellen zu brechen. So beginnen wir uns zu langweilen, während die ersten Sport treibenden Inder an uns vorbei walken oder mit ihren Hunden Gassi gehen.
»Vielleicht lassen die uns ja auch früher rein«, meine ich zu Maja.
»Wo hinein? Was meinst du? Was?«
Ich habe sie wohl aus ihren Träumen gerissen.
»Ich meine, vielleicht können wir ja ein wenig früher im Park-Guesthouse einchecken.«
»Ach das. Okay.«
Wir stehen auf und ziehen die Promenade entlang in Richtung des grau angestrichenen Gebäudes an deren Ende.
»Aber was ist, wenn die sauer auf uns sind, weil wir viel zu früh auftauchen?« Mir kommen Zweifel, ob wir es wirklich versuchen sollen.
»Was nun. Wollen wir? Oder nicht?«, drängelt Maja.
»Was meinst du?«
»Was soll ich meinen?«
»Ob wir es versuchen sollen, oder etwa nicht.«
»Ist mir gleich. Entscheide du!«
»Weshalb muss ich eigentlich alles entscheiden? Ob wir essen gehen, oder zum Strand, ob wir Einchecken und was sonst noch alles. Du hast doch auch einen Kopf.«
»Der ist gerade schlapp.«
»Und mir geht es etwa besser?« Ich stelle meinen Rucksack an einem Spielplatz ab und setze mich auf einen kleinen Steinelefanten. Maja bleibt beleidigt stehen.
»Es ist deine Superplanung.«
»Ach Maja, das hatten wir doch schon mal.«
»Tut mir leid! Mir geht es nicht gut, ich bin müde und vollkommen fertig!«
Ich schlucke. Mich hat die Reise auch total geschlaucht und da hatte ich kein Gefühl dafür, wie es Maja geht.
»Hast du Lust auf eine Kokosnuss? Ich habe hinten einen Verkäufer gesehen, der seinen Stand aufgebaut hat. Warte, ich hole uns zwei.«
Flugs bin ich verschwunden und kaufe uns grüne Kokosnüsse. Der Verkäufer schlägt sie mit einer kleinen Minimachete auf und reicht mir zwei Strohhalme. Zurück hat sich Majas Gemüt beruhigt und wir können gemeinsam am Meer unsere beiden Kokosnüsse ausschlürfen und von ein paar netten Tagen träumen.
Maja
Ich schaue aufs Wasser hinaus. Da sind wir endlich: zu zweit am Meer. Ich schlürfe an meiner Kokosnuss und Paul streichelt meine Hand. Mein Groll legt sich und ich muss zugeben, Pauls Planung war doch nicht so schlecht. Ich bereue jetzt, dass ich den ganzen gestrigen Tag nur gemault und völlig unleidlich auf jede Äußerung Pauls reagiert habe. Seine Idee mit dem Sonnenaufgang war wunderbar. War sie das, meine ersehnte romantische Geste? Ich schüttle meine Kokosnuss.
»Schon alle! Das war lecker, danke!« Ich grinse Paul voller Demut an und alle Streitigkeiten zwischen uns scheinen verflogen.
Um 12 Uhr steuern wir das Gasthaus an. Eine missmutige ältere Frau sitzt hinter dem Rezeptionstisch. Wir grüßen freundlich und setzen uns ihr gegenüber, erhalten aber lediglich ein knappes Nicken und die Andeutung eines gezwungenen Lächelns. Paul lässt sich nicht irritieren und bringt unser Anliegen vor. Er sagt der Frau, dass wir vor zwei Wochen eine Mail geschrieben hätten.
»Okay«, fällt die Frau ihm sichtbar genervt ins Wort. »And what do you want NOW?«
Paul beginnt erneut: Wir hätten gerne ein Zimmer, mit Balkon zum Meer. Alle seien belegt, werden wir in arrogantem Tonfall angeblafft.
Weitere Kostenlose Bücher