Sonne, Meer und Bea (German Edition)
Erwachen weg, aber frisch und erholt fühle ich mich bei Weitem nicht. Zum Glück verlassen wir heute Mamallapuram. Vielleicht wird alles wieder leichter, wenn ich Peter auch räumlich hinter mir gelassen habe.
Ich traue mich wegen ihm auch heute nicht aufs Dach. Ich fühle mich miserabel. Die Schuld des Kusses plagt mich schwer. Paul hat das nicht verdient. Er kann ja nichts dafür, dass Bea ihm schöne Augen macht. Am liebsten würde ich heute beide nicht sehen. Aber das wird nichts, wir sind zu dritt für die Weiterreise verabredet. Zumindest eine Stunde wäre ich gerne noch alleine mit meinen Gedanken. Ich sage Paul, dass es mir nicht gut gehe, und schlage ihm vor, dass er mit Bea alleine frühstücken gehen solle. In mir sträubt sich zwar alles bei der Vorstellung von den beiden alleine auf dem Dach, aber auf diese Weise kann ich Paul zeigen, dass ich ihm vertraue, dass ich nicht eifersüchtig bin. Und ich habe noch meine Ruhe.
Wer konnte ahnen, dass er diese Vorlage nicht annimmt, seine Chance auf ein romantisches Frühstück mit Bea nicht ergreift? Und auch Bea scheint es tatsächlich nicht auf Intimität mit Paul abgesehen zu haben. Als sie bei uns klopft und ins Zimmer schaut, kommt sie sofort zu mir herüber und setzt sich neben mich aufs Bett. Paul auf die andere Seite. Jetzt warten wir also, bis es mir besser geht, aber so wird das natürlich nichts. Mit beiden so eng in einem Raum verstärkt sich mein schlechtes Gefühl nur mehr und mehr. Aber jetzt aufspringen und sagen: »He he, mir geht es schon viel besser«, ist nicht möglich, denn dann würde schließlich vor unserer Abfahrt noch ein Frühstück von den beiden eingefordert werden. So müssen die Stunden bis elf Uhr ausgehalten werden.
Die Zeit vergeht im Schneckentempo und ich leide. Ich muss nichts vorspielen, denn die Situation macht mir echte Bauchschmerzen. Besonders, wenn mir Bea ganz fürsorglich über den Kopf streicht und Paul es ihr sofort gleichtut. Endlich ist die Frühstückszeit vorüber und ich kann die unangenehme Atmosphäre durchbrechen: »Danke, das hat gut getan. Ich glaube mir geht es jetzt gut genug für die Fahrt.« Ich versuche mich an einem schiefen Lächeln.
Bea geht ihre Sachen holen und auch wir schultern unsere Rucksäcke. Mir entgeht der enttäuschte Blick von Paul nicht, als Bea aus unserem Zimmer verschwindet. Habe ich mit meiner Vermutung über seine Gefühle doch nicht unrecht? Bea jedenfalls macht heute nicht den Eindruck, als sei sie traurig über eine verpasste Chance. Im Bus ist sie sogar so umsichtig, sich nicht in unsere Mitte zu drängen, sondern mich dorthin zu lassen. Sie sitzt zufrieden am Fenster und akzeptiert mein Schweigen, während Paul sich mit einem Einheimischen unterhält. Ich versuche meinen Schuldgefühlen keinen Platz einzuräumen und die nagenden Zweifel an Paul und seinem vermeintlichen Interesse an Bea aus meinem Kopf zu verbannen. Mit jedem Meter, den wir uns Chennai nähern, gelingt es mir besser. Neue Stadt, neues Glück für Paul und mich.
Bye Bye, Sweetheart
Paul
Die Großstadt kündigt sich durch immer stärker werdenden Verkehr an. In Chennai-Egmore wartet ein schreckliches Gedränge auf uns. Mindestens ein Dutzend Rikschafahrer fragt uns, wo wir hin wollen und bietet uns eine Fahrt zu einem billigen Hotel an. Ich hatte fast vergessen, wie stressig Großstädte sein können. Auf unseren letzten Stationen hatten wir kaum nervige Situationen, aber hier quasseln alle auf einen ein und wir müssen aufpassen, dass sie uns dabei nicht überfahren. In einer kleinen Seitenstraße finden wir ein günstiges Hotel, das von außen einen hübschen Eindruck macht. Bea erhält ein Zimmer im Geschoss über uns. Maja hat sich wieder ein wenig berappelt und möchte etwas essen gehen. Unten auf der Straße haben wir auf dem Weg zum Hotel ein nettes Restaurant gesehen. Wir machen uns fertig und gehen hoch zu Bea um sie abzuholen. Wir klopfen an.
»Kommt rein. Wartet einen Moment. Ich bin gleich soweit.« Die Tür ist nicht verschlossen und Bea wohl im Bad.
Maja ruft zu ihr: »Wir sind bereit zum Essen gehen und wollten Dich fragen, ob Du mitkommst.« Ich freue mich, dass Maja nun besser mit Bea zurechtkommt und auf sie zugeht.
»Fein. Ich freue mich«, quiekt Bea aus dem Bad.
Wir setzen uns auf ihr Bett. Auf dem Fußboden sehe ich eine Kakerlake vorbeihuschen, sage Maja aber nichts. Wenn hier eine entlangläuft, muss das ja nicht bedeuten, dass wir in unserem Zimmer auch welche
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