Sonne, Schnee und Tote
einzelne Gramm.“
„Hören
Sie …“
„Nein!
Versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen. Sie werden es nur bereuen“
„Ich
weiß wirklich nicht …“
„Erzählen
Sie das jemand anderem. Einen unserer Männer haben Sie schon auf dem Gewissen.
Das hier ist die letzte Warnung. Ich gebe Ihnen 48 Stunden.“
„Ich
… Ich lasse mich nicht erpressen.“
„Wir
werden sehen. 48 Stunden, keine Minute länger. Zwei Tage, Hadosh. Überlegen Sie
sich gut, was Sie tun. “
Es
knackte in der Leitung und das Gespräch war vorüber.
Hadosh
legte das Telefon beiseite. In seinem Inneren brodelte es. Er wusste genau, wem
er diesen ganzen Schlamassel zu verdanken hatte und stampfte wütend mit dem Fuß
auf. Dann jedoch bremste er sein Temperament und zwang sich dazu, die Ruhe zu
bewahren. Die Situation war brenzlig, aber keineswegs aussichtslos.
„Du
hast schon Schlimmeres mitgemacht“, redete er sich ein, gleichwohl das nicht
der Wahrheit entsprach und selbst die heikelsten Situationen seines alten
Lebens nicht annähernd an das hier heranreichten.
48
Stunden , dachte er und
überlegte kurz, während er sich den Schnurrbart kratzte, das ist mehr als
genug Zeit.
In
diesem Augenblick, als er allein im Flur seines weitläufigen Hauses stand,
wusste er, dass am Ende der nächsten zwei Tage, irgendwer seinen Kopf für diese
ganze Geschichte würde hinhalten müssen. Er nahm sich vor, nicht dieser jemand
zu werden.
***
Kapitel 11
Mittwoch 23. Juni
8:25 Polizeistation
Rotterdam-Noord
Die
Bombe platzte am nächsten Morgen. Bloemberg, der die letzte Nacht schlafend und
ausnahmsweise nicht selbstmitleidig in die Dunkelheit starrend verbracht hatte,
schaffte es auf dem Weg in sein Büro gerade so bis in den Flur im zweiten
Stock, als er abgefangen wurde. Hauptkommissar Van Houden kam ihm von der
anderen Seite des Ganges entgegengestürmt. Neben dem Dicken versuchte Fred
Maartens Schritt zu halten und hinter den beiden - mit einigem Abstand -
trottete der junge Surveillant vom Wochenende, dessen Namen Kees allerdings
vergessen hatte.
Van
Houden schwenkte die Seiten einer oder mehrerer Zeitungen durch die Luft und
rief von Weitem : „Erklären Sie mir das, Bloemberg! Ich
will sofort eine Erklärung! Erklären Sie mir das!“
Sekunden
später stand sein Vorgesetzter wütend und der Anstrengung wegen schnaubend vor
ihm, wedelte mit dem knitternden Papier vor Kees Nase herum und wiederholte
sich lautstark.
„Erklären
Sie mir das, Bloemberg!“
Der
Angesprochene schaute Van Houden an. Nicht wissend, worauf dieser hinauswollte,
trug Kees mit seiner augenscheinlich auf Verwirrung hindeutenden Mimik nicht
zur Entspannung der Situation bei. Offensichtlich war nur, dass es etwas mit
den Zeitungsseiten in Van Houdens Hand zu tun hatte und ein Blick genügte, um
zu erkennen, dass es sich um die Titelseiten verschiedener Erzeugnisse der
Tagespresse handelte. Da Kees weder an diesem noch an sonst einem vergangenen
Morgen seines Lebens Zeit zum Lesen gefunden hatte, war ihm nicht klar, was den
Hauptkommissar so in Aufruhr versetzte.
„Guten
Morgen erst mal“, sagte er so neutral wie möglich und versuchte das dumme
Gefühl zu verdrängen, dass die ganze Aufregung mit dem gestrigen Tag
zusammenhing und dass jemand Informationen über seinen handfesten Streit mit
Nicolas Van Houden an die Presse weitergeleitet hatte. Doch das Gefühl
verflüchtigte sich.
„Hören
Sie auf damit, Bloemberg. Es ist kein guter Morgen, das steht schon mal fest.
Und sagen Sie mir jetzt nicht, Sie haben hiervon nichts mitbekommen!“
„Wovon
mitbekommen?“
Übellaunig
drückte der Hauptkommissar Kees die Seiten in die Hand.
„Lesen
Sie! Es steht überall drin, direkt auf der dritten Seite jeder verdammten
Tageszeitung im Großraum Rotterdam. Und nicht nur das, nein. Die überregionalen
Blätter hängen sich auch schon dran. Ein Journalist von De Telegraph hat
heute Morgen angerufen, wollte mehr Informationen und eine Bestätigung der
Vorfälle.“
„Bestätigung?
Vorfälle? De Telegraph ?“
Kees
verstand nur Bahnhof.
„Lesen
Sie!“, forderte Van Houden erneut und sah ihn mit bitterer Miene an.
Der
Surveillant war weiter hinten im Flur stehen geblieben und zupfte sich
imaginäre Fussel von der Uniform, während Fred, der ebenfalls ein bisschen
Abseits stand, die Szene nur nichtssagend beobachtete. Selbst auf Kees‘
fragenden Blick antwortete der Kollege nur mit Kopfschütteln und hörbarem „Tz“,
bevor er die
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