Sonne, Schnee und Tote
Arme verschränkte und zu Boden schaute. Bloemberg blieb nichts
anderes übrig, als sich aus dem Papierklumpen zwischen den Händen eine Seite zu
suchen und es selbst herauszufinden. Die Suche dauerte nicht lange. Der
Artikel, der mit großer Wahrscheinlichkeit so für Aufregung sorgte, war
übertitelt mit: „Schlampige Ermittlungsarbeit gefährdet Mordaufklärung.“
Im
Untertitel stand: „Polizei setzt bei Ermittlungen zum Mord am Wilhelmina-Pier
auf Inspecteur mit krimineller Vergangenheit.“
Und
ganz sicher war Bloemberg, als er genauer auf das kleine, darin eingebettete
Foto schaute und erkannte, dass es sich um die ziemlich unvorteilhafte
Ablichtung seiner selbst handelte. Trotzdem hatte er keinen blassen Schimmer,
was das zu bedeuten hatte. Er schaute auf, nur um von Van Houdens
durchdringendem Blick unnachgiebig zum Lesen aufgefordert zu werden.
Da
sich keiner bereit erklärte, irgendetwas zu sagen, gab sich Bloemberg endlich
geschlagen. Seine Augen flogen über die Zeilen.
Schlampige
Ermittlungsarbeit gefährdet Mordaufklärung.
Polizei
setzt bei Ermittlungen zum Mord am Wilhelmina-Pier auf Inspecteur mit
krimineller Vergangenheit. – ein Kommentar
23.06.2010,
Rotterdam. Die Vorfälle waren nur eine traurige Randnotiz, ein weiteres kleines
Kapitel, in der sich immer weiter kriminalisierenden Geschichte Rotterdams. Und
so berichtete am vergangenen Wochenende auch lediglich eine regionale Zeitung
über den Mord, der sich in der Nacht von Freitag auf Samstag in einem Kühlhaus
am Wilhelmina-Pier ereignete. Was jedoch seitdem vonseiten der Ermittler
geschah, ist eine nahezu unglaubliche Geschichte über Dilettantismus und
stümperhafte Arbeit bei der Spuren- und Tätersuche. Ein Kommentar von DV .
Knapp
eine Woche ist vergangen, seit am Kop van Zuid , dem Prestigeprojekt
Rotterdams zur Stadterneuerung, die Leiche eines jungen Mannes gefunden wurde.
Der Mord, der kaum mediales Interesse hervorrief, obwohl es sich dabei,
übereinstimmenden Polizeiinformationen nach, um einen Fall grausamster Folter
bis hin zum Tod handelte, kann als ein weiterer Hinweis auf die Verrohung der
sozialen Strukturen dieser Stadt angesehen werden. Oder doch nicht? Vielleicht
hätte es eine Anteilnahme gegeben, ein größeres Echo aus der Bevölkerung, die
Bezeugung von Trauer, Kerzen und Mahnwachen, wäre dieser Fall nicht von
vorneherein geschickt an der Öffentlichkeit vorbei in Angriff genommen worden.
Denn in puncto Informationspolitik hat sich die zuständige Dienststelle bis zum
heutigen Tag als äußerst diskret und wenig informativ hervorgetan, sodass es
für jeden Journalisten schwierig war und ist, Näheres über den Fall zu
erfahren. Das ist nichts, worauf man besonders stolz
sein kann und darüber hinaus offenbar alles, was die Ermittler zustande
gebracht haben.
Glaubt
man internen Mitteilungen, die unserer Zeitung zugetragen wurden, tappen die
zuständigen Beamten nämlich weitgehend im Dunkeln. Wichtige Beweise wurden auf
dilettantische Weise vernichtet und sogar der Leichnam des Mordopfers wurde bei
einem Brand am Fundort dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass die
Gerichtsmedizin nur noch in verkohlten Überresten nach der Nadel im Heuhaufen
sucht. Auch internes Kompetenzgerangel soll es bei den Ermittlern gegeben
haben, was der schnellen seriösen Tätersuche nicht gerade zuträglich gewesen
sein dürfte. Erst drei (!) Tage nach Aufnahme der Ermittlungen ließ die Polizei
nun endlich den im Tatverdacht stehenden und noch am Samstag am Fundort
anwesenden Karim A. zur Fahndung ausschreiben. Problematisch an dieser Sache
ist lediglich, dass weder gegen das Fahndungsziel noch irgendwen sonst
belastbare Beweise vorliegen. Dem objektiven Betrachter kann da eigentlich nur
der Gedanke kommen, dass es sich auch bei diesem Schritt der Ermittler um
reinen Aktionismus handelt, der verschleiern soll, dass bei diesem Fall mehr im
Argen liegt, als man der Öffentlichkeit zugestehen will. Leider blieben alle
bisherigen Anfragen zur Aufklärung möglicher Missverständnisse zwischen Presse
und Polizei erfolglos, da von offizieller Seite weiter keine Stellungnahme zu erhalten ist.
Verantwortlich
für das gesamte Ausmaß an Dilettantismus ist ein Ermittler, der selbst in
jungen Jahren häufig mit dem Gesetz unseres Landes im Clinch lag (dazu später
mehr), Inspecteur Kees Bloemberg.
Bloemberg
gilt zwar in Dienstkreisen als talentierter Ermittler mit einer hervorragenden
Aufklärungsquote, aber auch als
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