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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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waren,
die jetzt mit aller Wucht auf ihn zurückzuprallen drohten.
    Die
Sache mit dem Zeitungsartikel war schlimm genug und warf ein verheerendes Bild auf
die Zustände bei der Rotterdamer Polizei. Bei jedem unbedachten Zeitungsleser
musste der Eindruck entstehen, dass auf den Stationen der Gesetzeshüter Willkür
und Chaos herrschten.
    Er
konnte sich gut ausmalen, dass Jannis Minten bei der Lektüre der Morgenzeitung
beinahe der Unterkiefer aus dem Gesicht oder zumindest die Kaffeetasse aus der
Hand gefallen war. Genau wusste er es natürlich nicht, aber das bevorstehende
Gespräch ließ nichts Gutes erahnen. Langsam trat er ein und ließ die Tür hinter
sich ins Schloss fallen, dann durchschritt er den Büroraum.
    Von
der Wand her schaute ihn das Bild seiner Frau gebieterisch an, als wollte es
ihm mitteilen: „Ich habe dir doch gesagt, keine Sonderbehandlung im Beruf,
nicht einmal für Bekannte und Freunde.“ Er schüttelte den Kopf.
    Hätte
er sich in all den Jahren immer nach seiner Frau gerichtet, wäre er sicher
heute noch nicht viel mehr als ein Surveillant. Zwar hätte Inge ihn -
vermutlich wegen der schmucken Uniform - dennoch mehr bewundert als in den
versnobten Sachen, in denen er mittlerweile herumlief. Das Gefühl von Macht und
Verantwortung konnte man damit – vor allem nach so vielen Ehejahren - wohl kaum
noch aufwiegen. Da diese Überlegungen gerade jedoch alles andere als angebracht
waren, schob er sie beiseite und konzentrierte sich stattdessen auf das
Wesentliche, das Telefon.
    Die
LED des Geräts auf dem Schreibtisch blinkte permanent. Sie wirkte bedrohlich,
einer Bombe gleich, die jeden Augenblick zu explodieren drohte. Van Houden
wischte sich über die Stirn, ehe er widerstrebend die Finger danach
ausstreckte.
    In
gewisser Weise glich die danach folgende Handlung des Höreraufnehmens der
Überwindung, einen Regenwurm anzufassen. Nicolas hatte einen angeborenen Ekel
vor diesen Tieren. Sie verursachten bei ihm selbiges mulmiges Gefühl, das er
gerade in dieser Sekunde verspürte. Der Raum um ihn herum schien zusehends zu
verschwinden, bis es nur noch das leuchtende Telefon und ihn selbst gab. Eine Wahl
oder gar die Option, das Gespräch aus Prinzip nicht zu führen, hatte Van Houden
(obwohl er sie sich gerade sehnlichst herbeiwünschte) nicht. Also ergab er sich
seinem Schicksal und drückte den Freigabeknopf.
    „Hier
Hoofdcommissaris, Nicolas van Houden vom Polizeirevier Rotterdam-Noord.“
     

Kapitel 12
     
     
    Kees
benötigte einige Zeit, um sich selbst zu beruhigen. Das Knallen der Tür hatte
den Druck auf seiner Brust etwas gelindert. Doch noch immer saß eine geballte
Portion Wut dort, mit dem Drang aus ihm herauszubrechen.
    „Zwei
Tage noch, nur noch zwei Tage“, murmelte er, während er in seinem Büro
herumtigerte.
    Halt
dich bedeckt, Bloemberg. Mach keine Dummheiten, klang die Stimme Van Houdens beständig
in seinem Kopf nach.
    Lächerlich!
    Als
ob sich, Kees zu irgendetwas Dummem hinreißen ließe.
    Und
wenn, was soll das überhaupt sein? Einem Journalisten die Nase brechen
vielleicht?
    Er
ließ die Frage unbeantwortet. Das tat jetzt nichts zur Sache. Entscheidend war
nur eines:
    Inspecteur
Kees Bloemberg, bester Absolvent der Rotterdamer Polizeischule seit nunmehr
zwanzig Jahren und Ermittler mit hervorragender Aufklärungsquote, war angezählt
worden. Mehr noch. Man hatte ihm die Pistole bereits auf die Brust gesetzt und
ihm wurde in erschreckender Weise klar, welche Folgen das Versagen in dieser
Sache für sein weiteres Berufsleben haben konnte.
    Natürlich wäre der Entzug der Ermittlungen und seine
Degradierung ein gefundenes Fressen für die ohnehin aufgescheuchte Presse, die
wie eine Meute hungriger Geier auf den nächsten Leckerbissen aus dem
Polizeipräsidium warteten. Die ganze Geschichte würde bis auf die Knochen
ausgeschlachtet werden und Bloemberg auf unabsehbare Zeit nicht mehr der
Aufgaben nachgehen dürfen, für die er am besten geeignet war, ermitteln. Und
das ausgerechnet in einer Zeit, in der er sich in seine Arbeit flüchtete, weil
zu Hause und in der Freizeit nichts und niemand auf ihn warteten.
    „Ich
bin kein Futter für die Medien“, stellte Bloemberg laut fest und fühlte sich
sofort besser. Langsam wich die Wut über seine Hilflosigkeit gegenüber den
Reportern sowie seinem Vorgesetzten und wandelte sich in neues
Selbstbewusstsein. Er konnte beinahe fühlen, wie die „Jetzt erst
recht“-Mentalität in ihm wuchs.
    Er
hatte noch zwei Tage, 48

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