Sonne, Schnee und Tote
dich in dem Zustand dir selbst zu überlassen.“
„Red‘
keinen Blödsinn, Junge. Bin wieder voll aufm Dampfer.“
„Freut
mich zu hören.“
„Pass
auf, ich will nicht lange stören. Du has‘ gestern nach dem Verbleib von Imar
gefragt, gelle? Ich hab eben ein wenig rumtelefoniert und eine Adresse
bekommen. Ich weiß nicht, ob’s dir was bringt, aber ich dachte, das is‘ das
Mindeste, das ich tun kann.“
„Ganz
ehrlich?“
„Jo.
Der Nachname ist Sinan, wie die Limonade nur mit ‘nem N hintendran.“
„Das
ist die erste gute Nachricht, die ich heute bekomme, Bert. Immer her damit.“
Van
Helig nannte ihm eine Adresse und die Anschrift der Firma, die für die
Touristenfahrten im Hafen zuständig war und bei der Imar, nach Van Heligs
Informationen noch immer als Bediensteter gelistet war, dann sagte er:
„Hoffe‘s
bringt dir was.“
„Wird
sich zeigen. Wie sieht der Kerl aus? Hast du ein Bild, das du rüber faxen
kannst? Irgendwas Sachdienliches zur Identifikation? Ich hab‘ den Kerl noch nie
zu Gesicht bekommen.“
„Nee,
Fotos oder so hab‘ ich keine. Ist auch Jahre her, seit
ich ihn das letzte Mal gesehen habe, könnte sein, dass er mittlerweile kaum
noch Haare aufm Kopf hat und fett ist wie en See-Elefant. Sorry, da kann ich
dir nicht helfen. Frag halt nach. Man hat mir versichert, dass die Daten
aktuell sind.“
„Wird
schon.“
„Genau
das wollt ich hörn, mein Junge. Ich mach‘ mir jetzt erst mal nen Tee, der Kopf
is‘ immer noch bisschen daneben. Tut mir übrigens leid, wenn ich gestern nicht
besonders nett war. Habe so meine Tage, weißt du ja. Ach ja, bevor ich’s
vergesse, lass dich von dem Geschwätz aus der Presse nicht einschüchtern. Hab‘
den Kommentar gelesen. Der steht wohl in jeder Tageszeitung von Rotterdam bis
runter nach Terneuzen. Völlig lächerlich. Diese Leute würden mit Sicherheit
ihre eigene Oma für ne gute Story verbrennen.“
„Danke,
Bert, werde es versuchen.“
„Halt
die Ohren steif, Junge.“
„Mach
ich.“
„Bis
die Tage.“
„Bis
die Tage.“
Kees
legte den Hörer weg und studierte die soeben erhaltene Adresse. Die von Bert
genannte Straße lag nicht weit entfernt, etwas nordöstlich von hier. Bloemberg
kannte die Gegend. Einen nicht unmaßgeblichen Teil seiner bisherigen Dienstzeit
war er dort Streife gefahren. Man konnte sie zwar nicht als noblen Vorort
bezeichnen, aber die Häuser und Wohnungen dort waren im Vergleich zu einigen
Behausungen in den Stadteilen südlich der Maas richtige Prunkbauten. Auch die
Gegend um Imar Sinans Arbeitsplatz kannte er zu genüge. Es war eine kleine
Hafenanlage direkt am Stadtpark.
Erneut
meldete sich das Telefon. Im Glauben, Bert habe etwas vergessen nahm er ab.
„Na,
was vergessen?“
„Vergessen?
Wie meinen Sie das, Bloemberg?“, fragte Niandees Stimme aus dem Hörer.
„Entschuldigung,
ich dachte, jemand anderes, würde anrufen.“
„Keine
Ahnung, hier ist Niandee Nasingh, ich wollte nur anrufen wegen …“, unvermittelt
legte Bloembergs Gesprächspartnerin eine Pause ein. Sie schien das häufiger zu
tun, tags zuvor hatte sie in ähnlicher Weise gezögert, bevor sie den Satz
vollendet hatte. „ … wegen dieses Zeitungsartikels.“
„Was
ist damit?“, fragte Bloemberg scharf.
„Ich
wollte Sie wissen lassen, dass ich damit nichts zu tun habe, Bloemberg.“
„Hat
das jemand behauptet?“
„Na
ja, so, wie Sie gerade mit mir reden, würde ich das glatt annehmen, ja.“
„Keine
Sorge, dem ist nicht so. Allerdings ist der Artikel kontraproduktiv, was die
Suche nach Namir Hadoshs Mörder und nach Karim Abusif angeht.“
„Heißt?“
Kees
seufzte. Er sollte ihr das nicht erzählen. Die Frau hatte überhaupt kein Recht
darauf, irgendetwas über die Vorgänge innerhalb der Polizei zu erfahren.
Dennoch war er geneigt, genau dies zu tun. Er mochte sie und vielleicht
vertraute er ihr sogar. Jedenfalls hatte er das Gefühl, Niandee Nasingh
erzählen zu können, was los war. Sie besaß ein zutrauliches, ehrliches Wesen,
das ihm gefiel.
„Man
hat mir ein Ultimatum gesetzt. Ich habe noch zweit Tage, wenn ich bis dahin
nichts Vorzeigbares liefere, wird mir der Fall entzogen und auf unabsehbare
Zeit auch alle weiteren.“
„Klingt
nicht gut.“
„Klingt
nicht nur so, ist so.“
„Passen
Sie auf, Bloemberg. Ich rufe an, weil wir vielleicht eine Gegendarstellung im
Radio machen könnten. Vielleicht räumt das einige Zweifel an Ihrer Arbeit aus?“
Bloemberg
glaubte, sich verhört zu
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