Sonne, Schnee und Tote
seinen
Handgelenken lösten und zwängte eine Hand hindurch.
„Warte.
Ich bin noch nicht fertig.“
„Keine
Zeit! Das Zeug fängt an zu brennen!“, zischte Kees, zerrte die andere Hand aus
der Schlinge und hatte damit beide Arme wieder frei. Er riss sie nach vorn.
Ungläubig starrte er auf die qualmenden Handflächen, dann schoss sein Blick
umher. Er musste dieses Pulver loswerden.
„Scheiße,
Sonne, was ist das für ‘n Zeug? Geh raus. Es regnet. Wasch dir den Mist ab.“
„Miese
Idee“, knurrte Kees und suchte weiter nach einer Lösung, ohne dabei mit Wasser
in Berührung zu kommen. Wenn man Kulacs Ausführungen Glauben schenkte, wäre das
definitiv der größte anzunehmende Unglücksfall, den er heraufbeschwören konnte.
Das Zeug musste von seinen Händen, schnell, aber wie?
Er
erspähte die Blumenkästen.
„Was
willst du in der Ecke, Mensch. Da drüben geht’s nach draußen. Soll ich die Tür
aufmachen? Moment, da hinten steht eine Gießkanne. Warte.“
Bloemberg
hörte kaum auf Freds Geschwätz. Er hastete zu den Kästen. Sein Puls raste. Eine
Flamme schlug mittig aus seiner rechten Handfläche.
Entsetzen.
Sturzflugähnlich
warf er die Hände nach vorn. Das Feuer breitete sich aus. Kees konnte es sehen.
Seine Fingerspitzen erreichten den Sand in einem der Gefäße. Schmerzen,
stechende, flammende Schmerzen.
Mit
Gewalt stieß er beide Hände bis zu seinen Handgelenken in den Sand. Er rieb den
Dreck verzweifelt zwischen ihnen. Die Hitze an seinen Fingern war
übelkeitserregend.
Geh
ab! Hör auf zu brennen, bitte. Hör auf zu brennen !
Sekunden
verstrichen. Bloembergs Hoffnungen schwanden, aber dann ließ die Hitze
tatsächlich nach und Kees atmete innerlich auf.
Die
erlangte Erleichterung hielt nur kurz.
„Hier
Kees. Hier ist Wasser“, schnaufte Fred und stürzte unvermittelt von hinten
heran. Kees drehte den Kopf. Fassungslos nahm er die Gießkanne in Maartens
Händen wahr. Noch schlimmer wurde es, als sich der Commissaris mit einem Mal
über den Pflanzenkasten und Bloembergs Hände beugte und das Gefäß neigte.
Panik
trat in Bloembergs Augen. Reflexartig riss er beide Hände aus dem Sand, schrie:
„Fred, nicht!“ und torkelte zurück.
Maartens
reagierte einen Hauch zu spät, ein Schwall Wasser fiel eineinhalb Meter tief
und klatschte in den Sand. Atemlos verrannen die folgenden Sekunden.
Nichts
geschah.
Doch
als Bloemberg sich schon wieder aufgerappelt hatte und Fred ihn Verständnis
suchend anschaute, brach im Blumentopf ein Inferno los, das bestens in jedes
Silvesterfeuerwerk gepasst hätte. Beide Polizisten sprangen instinktiv
beiseite. Flammen leckten empor. Brennende Sandklumpen spritzten durch die
Luft. Ein Feuerball schoss in Richtung Decke, verkohlte die Holzverkleidung und
brachte zahlreiche Glühbirnen zum Explodieren. Die übrigen Lampen erloschen,
dann war der Spuk vorüber.
Maartens
und Bloemberg erhoben sich vorsichtig.
„Teufel
noch mal. Was war das?“, fragte Fred und ließ den Blumenkasten dabei nicht aus
den Augen.
„Burning
snow“, murmelte Kees und betrachtete seine Hände. Hier und da hatte die
brennende Substanz die Haut angegriffen, eine ausgedehnte Brandblase am rechten
Handballen dokumentierte, wie knapp der Inspecteur folgenschwereren
Verletzungen entgangen war.
„Nun
also, wie auch immer, Sonne. Das hier war definitiv die letzte Aktion, die du
dir in diesem Fall geleistet hast. Du kommst zurück mit aufs Revier und es ist
dir auf unbestimmte Zeit untersagt, weitere Außeneinsätze ohne Genehmigung
auszuführen. Anordnung von Van Houden und wenn du mich fragst, ist es ganz gut
so. Ich habe keine Lust, dir ständig aus der Scheiße zu helfen.“
„Ich
wollte nur ein Gespräch mit Imar Sinan führen.“
„Das
interessiert mich nicht die Bohne. Die Entscheidung kommt nicht von mir, auch
wenn ich es nicht anders gemacht hätt‘ ... Surveillant!“
„Äh
… Ja …“, antwortete eine Stimme aus dem Flur. Kees machte sich nicht die Mühe,
sich danach umzudrehen. Er verspürte keine große Lust, noch jemandem im Moment
dieses tiefsten aller Rückschläge der letzten Tage in die Augen zu schauen.
„Melden
Sie dem Hoofdcommissaris, dass die Situation unter Kontrolle ist. Danach können
Sie zum Revier zurückfahren. Sie haben Ihre Aufgabe vorbildlich gemacht.“
„Danke
… Äh … In Ordnung … Commissaris.“
Man
hörte die sich entfernende Schritte des Mannes, dann das Knallen einer Tür.
Fred und Kees waren wieder unter
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