Sonne, Schnee und Tote
auch wenn
der Surveillant nicht sonderlich viel Erfreuliches zu berichten hatte,
zumindest nicht, was Maartens Feierabend anbelangte.
„Ich
… äh … wollte nur mitteilen, dass Inspecteur Bloemberg seine Wohnung gemeinsam
mit einer Frau verlassen hat.“
Fred
schnalzte mit der Zunge.
„Hör
mal, Surveillant. Du sollst dich nur melden, wenn der Inspecteur irgendwas verdächtig
Dummes tut. Mit einer Frau auszugehen verstößt nicht unbedingt gegen die
Dienstvorschriften. Also ganz locker bleiben.“
„Ja
… äh … das dachte ich auch erst, aber es ist so … die Beiden sind in sein Auto
gestiegen und … äh …“
„Surveillant“,
mahnte Fred.
„Sie
… äh … sind zum Wilhelmina-Pier gefahren. Ich habe sie verfolgt und … äh … sie
sind … nun … äh … in Hadoshs Lagerhaus.“
Fred
stand abrupt auf.
„Wieso
sagst du das nicht gleich?“
„Habe
ich doch grade.“
„Hat
er dich bemerkt?“
„Äh
… ich glaube nicht. Er wirkte angespannt und konzentriert.“
„Nun
also, gut. Du rührst dich nicht vom Fleck. Ich trommle ein paar Mann von der Nachtschicht zusammen. Van Houdens Anweisungen
waren unmissverständlich. Wenn nötig werden wir ihn verhaften müssen.“
„Aber
… äh …“
„Mach
dir mal keinen Kopf. Ich habe Erfahrungen mit querschießenden Kollegen.
Manchmal muss man denen ordentlich vor den Bug schießen, um die wieder in die
Spur zu leiten. Bloemberg ist die Sache mit der Mordermittlung einfach über den
Kopf gewachsen. Er ist völlig außer Kontrolle. Halt die Stellung. Ich bin
gleich da.“
Er
drückte Ronald Rudjard weg, schob den Stuhl zurück und manövrierte sich in
Richtung Ausgang. Dick Vanderloh hängte sich automatisch an ihn dran, doch noch
bevor sie ins Freie traten, wirbelte Maartens herum und packte ihn am Kragen.
„Was
glaubst du, was du gerade tust, Dick?“
„Ihnen
folgen, Commissaris? Hörte sich nach einer spannenden Geschichte an.“
„Das
ist es, aber nicht für dich. Du setzt dich jetzt zurück auf deine vier
Buchstaben, frisst deinen Salat und gehst nach Hause. Kapiert ?` “
„Aber
… Ich denke, das wäre für die Leute da draußen vielleicht von Interesse, wenn
ich was darüber schreibe.“
Fred
funkelte ihn an und der Journalist ruderte eilig zurück.
„Schon
gut. Schon gut. Ich habe verstanden.“
„Braver
Junge“, sagte Fred, klatschte ihm mit der flachen Hand gegen die rechte Wange
und eilte davon.
Wenn
er Bloemberg tatsächlich festnehmen musste, war ihr derzeit ohnehin zum
Zerreißen gespanntes Verhältnis endgültig im Eimer. Doch darauf mochte er keine
Rücksicht mehr nehmen. Er glaubte nicht daran, dass Kees und er je wieder auf
einen grünen Zweig kommen würden. Fred hatte mit Erfolg alles getan, um ihm zu
schaden. Es galt jetzt nur noch, die Sache zu beenden und seinem eigenen Ego
die Genugtuung zu verschaffen, den Kollegen abstürzen zu sehen. Van Houden
hatte ihm dafür quasi alle Vollmachten eingeräumt. Zwar war der Hauptkommissar
vor allem darauf bedacht, dass Bloemberg die Füße stillhielt, aber er hatte
Fred klare Anweisungen gegeben, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, sollte
der Inspecteur sich nicht daran halten.
Das
kommt davon, wenn man versucht Commissaris Maartens zu überflügeln, Bloemberg.
***
Die
niedrige, vergitterte Decke und die winzige weiß geflieste Fläche des Raumes
verursachten sofort ein Gefühl von Beklommenheit. Kees hatte zwar keinerlei
Probleme mit Raumängsten, trotzdem verursachte die Enge und die mit dem Gestank
von Exkrementen durchsetzte, miefige Luft Gänsehaut und Unbehagen. An der
rückwärtigen Wand kauerte eine Gestalt unter einem schmutzigen Haufen von
Sackleinen. Niandee kniete daneben. Ihr Schluchzen und Wimmern ließ keinen
anderen Schluss zu, als dass es sich bei dem Elend, das sich dort vor Kees
Augen offenbarte, tatsächlich um Karim Abusif handelte. Jenem Mann, den er
gestern zur Fahndung hatte ausschreiben lassen und den er verdächtigt hatte,
Namir Hadosh umgebracht zu haben. In diesem Moment war Kees sich nicht mehr so
sicher. Da lag er, einem Gefangenen gleich, den man hier vor beinahe einer
Woche herunter geschleppt und dann mit voller Absicht vergessen hatte.
Fatmanour
stand etwas abseits vom Geschehen und hielt sich beide Hände vor den Mund. Des
Entsetzens oder des Gestankes wegen, war nicht auszumachen. Das Bild, das sich
vor Bloembergs Augen ausbreitetet , wurde zu einem der
tragischen Erinnerungen, die er sein Lebtag nicht mehr
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