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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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Durchgang. Das Wasser stand ihm mittlerweile
bis zum Bauchnabel, und es strömte nicht mehr weiter durch die Öffnung. Der
Pegel schien sich angeglichen zu haben. Kees zog sich ans Mauerwerk. Karim
drohte ihm von der Schulter zu rutschen.
    Lass
den Mistkerl fallen. Lass ihn hier ,
schrie etwas hinter seiner Stirn. Kees weigerte sich. Er neigte sich in die
andere Richtung und fing das Gewicht auf, dann schob er seinen Körper durch die
Öffnung. Sekunden später erblickte er schwaches Licht.
    Einen
Meter noch und er war draußen.
    Der
Boden unter seinen Füßen verschwand jäh, als er hinausgelangte und sich unter
freiem Himmel im Hafenbecken wiederfand. Er berührte mit einer Hand die glatte
Kaimauer und trat Wasser, während er eine Möglichkeit suchte, noch weiter von
hier wegzukommen. Ein markerschütterndes Kreischen, wie von berstendem Metall
ließ ihn zusammenfahren und trieb ihn zusätzlich an.
    Höchste
Zeit, zu verschwinden.
    Der
halb zerstörte Steg drei Meter entfernt erwies sich als nächste und einzige
Möglichkeit. Gleichzeitig erwies er sich als schwer zu erklimmendes Hindernis.
Er stand gut einen halben Meter oberhalb des
Wasserspiegels aus der bedrohlich aufragenden Kaimauer.
    Kees
schob Karim darauf und gelangte auf Biegen und Brechen irgendwie selbst hinauf.
    Das
an dem zugehörigen Poller befestigte Boot war Imar Sinans letzte und einzige
Hinterlassenschaft. Die Explosion in der Ladeluke hatte ihn faktisch ins
Jenseits befördert. Hier draußen zumindest fehlte jede Spur von ihm und seinem
Rucksack. Kees dachte nicht weiter darüber nach, verfrachtete sich und den
leblosen Körper in das Boot, löste die Leinen und warf den Motor an. Während er
den Handgasschalter betätigte und sich das Boot in Bewegung setzte, begann Kees
heftig zu zittern. Seine Muskeln brannten. Er war erschöpft, hatte kaum noch
Kraft. Seine Kleidung war völlig durchnässt. Regen prasselte von oben herab.
Blitze zuckten. Böiger Wind trieb die Wolkenmassen über den Nachthimmel. Donner
grollte.
    Er
hatte noch keine zehn Meter zwischen sich und den Steg gebracht, da stürzte das
gesamte Gebäude in sich zusammen.
    Das
flache Dach sackte ab. Flammen schlugen ins Freie. Ächzend verbogen sich die
Stahlträger. Die Metallverkleidungen an den Außenwänden platzten ab. Risse
traten ins Mauerwerk. Ein ohrenbetäubender Knall. Lodernde Flammen. Schwarzer
Rauch. Trümmerteile fielen ins Hafenbecken und schlugen rund um das Boot auf
dem Wasser auf.
    Hadoshs
Lagerhaus brach vollends auseinander.
    Noch
zwei Minuten Feuerwerk und ohrenbetäubendes Getöse, dann wurde es still.
    Kees
seufzte und steuerte den nächsten Anleger an. Dort vertäute er das Motorboot,
ließ sich zurücksinken und schloss die Augen. Schmerzempfinden und Müdigkeit
setzten ein. Er spürte, wie sich sein Brustkorb unregelmäßig hob und senkte,
außerdem die Tropfen, die auf sein Gesicht klatschten. Er lebte und es war
vorbei, endgültig vorbei.  
     
     

Kapitel 20
     
     
    Donnerstag 24. Juni ,
    10:15 Polizeistation
Rotterdam-Noord
    Die
- gut vier Zentimeter lange - Platzwunde war ordnungsgemäß genäht und mit einem
nicht zu übersehenden Pflaster überklebt worden. Die Kopfschmerzen waren
dennoch unerträglich. Während er draußen auf dem Flur vor Nicolas van Houdens
Büro saß, an einem Heißgetränk nippte und mit anhören musste, wie sein
Vorgesetzter am Telefon lautstark mit jemandem vom Innenministerium
debattierte, hatte er das Gefühl, irgendwer malträtierte ihn mit einem
Vorschlaghammer.
    Den
halben Vormittag verbrachte er mittlerweile auf dem ungemütlichen Holzstuhl. Er
war müde und ausgelaugt, hatte aber noch kein Augen zumachen können. Sein
Körper stand immer noch unter Strom. Sobald er die Augen schloss, waren alle
Eindrücke der vergangenen Nacht wieder da. Die einzige Möglichkeit, dem zu
entgehen, bestand derzeit darin, an die gegenüberliegende Wand zu starren und
konzentriert dem Telefonat in Van Houdens Büro zu lauschen und das tat Kees
Bloemberg.
    „Es
ist mir vollkommen klar, dass das Konsequenzen haben muss“, brüllte Van Houden
gerade. „Nein, ich kümmere mich persönlich darum. Halten Sie sich da raus. Sie
müssen nicht meine Arbeit erledigen. Es wird sich sicher alles klären … Was?“
    …
    „Natürlich
habe ich die Tageszeitungen studiert und die Berichte im Fernsehen gesehen.
Nein, es gibt noch keine Spur von Nasridim Hadosh. Niemand konnte ihn
erreichen. Zu Hause ist er nicht … Nein, seine Frau auch nicht. Wir

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