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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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mir!“,
fauchte Nasridim.
    „Vermutlich
kein Backpulver.“
    „Nein,
natürlich nicht! Ich hab herausgefunden, was dieser kleine Mistkerl hier
abgezogen hat. Die Kakerlake hat meine Firma als Drogenumschlagsplatz genommen!
Schande über ihn!“ Nasridim spuckte auf den Boden. Verachtung und Wut kämpften
in seiner Miene um die Vorherrschaft.
    Bloemberg
wusste nicht, wie ihm geschah. Was er da gerade hörte, passte gar nicht mehr zu
dem gebrochenen Mann, dem er am Wochenende begegnet war und der um sein
getötetes Kind getrauert hatte. Außerdem lieferte Nasridim mit jedem Satz, der
über seine Lippen polterte, mehr Fragen als Antworten. Was hatte Bert van Helig
mit der ganzen Sache zu tun? Woher kam dieser Beutel? War darin wirklich das,
wonach es aussah? Und was - zum Teufel - ging hier vor?
    „Hören
Sie, Herr Hadosh, beruhigen Sie sich wieder“, versuchte Kees, den Tobenden
zurück auf den Boden zu holen.
    „Ich
beruhige mich, wann ich das will!“, brüllte Hadosh und hob den Zeigefinger in
Richtung des Beutels. „Das da ist die Saat des Bösen und ich habe sie freiwillig
in mein Haus aufgenommen. Wie ein Tumor hat sie sich hier eingenistet. Ein
Krebsgeschwür, das von innen alles zerstört hat.“
    Die
Tür schwang auf. Kees riss den Blick herum, und ehe er sich versah, war er auf
einmal nur noch Nebendarsteller in einem sich anbahnenden Disput.
    „Rede
nicht so über Namir“, zischte Hadoshs Frau und kam mit schnellen kleinen
Schritten in den Raum.
    „Er
war uns genauso lieb und teuer, wie unsere andern Kinder.“ In ihrem schmalen
Gesicht zeichneten sich Tränen ab. Sie litt, das sah man deutlich.
    „Schweig,
Fatmanour! Du hast gar nichts verstanden. Er hat uns benutzt“, brüllte
Nasridim.
    „Er
war ein guter Junge“, heulte die Frau.
    „Ein
Hundesohn war er. Und jetzt verlass den Raum, oder ich vergesse mich!“
    Er
machte einen Schritt auf seine Frau zu und hob drohend die Hand. Kees sprang
auf.
    „Sachte,
sachte!“, rief er und stellte sich zwischen die beiden Streitenden. In
Nasridims Augen glühte der Zorn und es fehlte nicht viel, dann hätte er dem um
einen halben Kopf größeren Bloemberg eine runtergehauen. Im allerletzten
Augenblick schien er sich unter Kontrolle zu bekommen. Er ballte die Fäuste.
    „Raus
hier, Fatmanour! Wir reden später, darauf kannst du dich verlassen.“
    Seine
Mundwinkel zuckten. Nur schwerlich nachgebend und am ganzen Körper zitternd
ließ er sich zurück in seinen Sessel sinken. Kees beobachtete, wie er mehrmals
durchschnaufte und die Augen dabei schloss. Eine Hand legte er währenddessen an
seine linke Brust. Hadoshs Frau weinte bitterlich und machte keine Anstalten,
der Aufforderung ihres Ehemannes nachzukommen.
    Bloemberg
stand noch immer dort und fühlte sich überfordert.
    Das
war immer so, wenn er Frauen weinen sah. Er konnte einfach nicht damit umgehen
und blieb dann stumm daneben stehen, bis sie sich beruhigt hatten.
    Er
hatte seine Mutter oft weinen sehen, aber je mehr sie geweint hatte, desto mehr
hatte sein Vater gebrüllt und hin und wieder mit der Hand ausgeholt. Es war
eine Art Kindheitstrauma, das er nicht bezwingen konnte.
    Er
kam mit weinenden Frauen einfach nicht klar, egal ob er sie näher kannte oder
nicht. Miriam, seine Ex-Frau, bezeichnete das fälschlicherweise als innere
emotionale Kälte, obwohl es das nicht war. Nur hatte Kees ihr nie erklären
können, was sich in seinem Innern wirklich abspielte. Er wurde immer ganz
starr, fühlte sich so hilflos wie schwach und spürte eine immer stärker
werdende Blockade, etwas dagegen zu unternehmen.
    Und
so blieb er auch jetzt weiter regungslos stehen, bis die Frau Sekunden später
endlich nachgab, gebeugt und unter Tränen aus dem Raum schlich und hinter sich
die Tür schloss.
    Als
die Ruhe in das kleine Büro zurückgekehrt war, setzte sich auch Kees wieder
hin. Die innere Sperre ließ nach. Er spürte, wie der Druck und das Gefühl
beklemmender Enge auf der Brust langsam wichen. Als er endlich wieder einen
klaren Gedanken fassen konnte, sah er Nasridim Hadosh, der mit gesenktem Kopf
und geschlossenen Augen vor ihm kauerte, ernst an und wartete. Das würde der
alte Mann ihm jetzt ganz ausführlich erklären müssen, so viel stand fest.
     
    ***
     
    Die
Zeiger der Wanduhr wollten sich einfach nicht weiterbewegen und je öfter
Frederick Maartens sie anstarrte, desto mehr schienen sie sich zu weigern, ihre
Arbeit zu tun. Das Gerät, das er seit nunmehr einer Stunde immer wieder
anstarrte,

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