Sonne, Schnee und Tote
an.
„Dann
sollten wir besser nicht versagen, oder?“
Die
anderen nickten. Ruben erhob sich schwerfällig von seinem Stuhl.
„Also
dann, Chef“, sagte er mit Blick auf Rogelio, „gehen wir wieder rein?“
„Ja
doch! Ihr könnte es wohl kaum erwarten, aufgeknüpft an einer Brücke von Santa
Cruz zu enden.“
Scheinbar
ungerührt von dem Gespräch, das in seinem Restaurant geführt wurde, wuselte der
kleine Chinese durch den Raum und wischte die Tische ab.
Als
sich die drei jedoch auch noch nach Minuten nicht auf den Weg gemacht hatten,
trat eine säuerliche Mine in sein sonst so emotionsloses wie blasses Gesicht.
„Egal
ob aufgeknüpft oder nicht“, sagte er und polierte dabei über einen hartnäckigen
Fleck am Tresen, „ihr müsst jetzt gehen. Ich öffne in einer viertel Stunde.
Drei zwielichtige Gestalten, die über kriminelles Zeug reden und das so laut,
dass es an ein Wunder grenzt, dass der Polizist nicht umgedreht ist, um euch zu
verhaften, sind nicht gut fürs Geschäft. Also verschwindet endlich. Und macht
nicht schon wieder eine Sauerei. Ich habe genug von euren barbarischen
Methoden.“
„Wir
haben nicht …“, widersprach Rogelio, wurde jedoch harsch unterbrochen.
„Es
interessiert mich nicht. Geht jetzt!“
Rogelio
trollte sich zum Ausgang, der dicke Ruben folgte ihm. Margez öffnete ihnen die
Tür und gemeinsam verließen sie das Restaurant. Auf der Straße blickten sie
sich kurz um und gingen - als sie sicher waren, dass die Luft rein war -
geradewegs ihrem Ziel entgegen. Diesmal würde sie keiner aufhalten.
***
Kees
Bloemberg wollte geradewegs zur Polizeidienststelle an der Prins-Frederick-Henry-Straat zurückkehren. Es war ihm egal, ob Van Houden von Ministerpräsident Minten
in Beschlag genommen wurde oder sonst wem. Zwar war jedem bekannt, dass Jannis
Minten ein sehr einnehmender Charakter war, der seit seinem Amtsantritt im
vergangenen Jahr mit Ehrgeiz und einer beinahe anmaßenden Rücksichtslosigkeit
hinter seiner „Politik der Gerechtigkeit“ stand, aber das war nicht Bloembergs
Problem.
Minten
war ein kleiner, überkorrekter Politiker, dessen tonsurähnlicher Haarschnitt
das einzige äußerlich auffällige Merkmal an ihm war. Er hatte große Versprechen
während des Wahlkampfes gemacht und war durch eine Koalition mit der Partei der
Rechtspopulisten bei einer knappen Mehrheit der Niederländer damit auf offene
Ohren gestoßen. Das erste Jahr seiner Regierung war für den redegewandten,
nicht immer glücklich agierenden Politiker bislang ein sehr durchwachsenes
gewesen. In vielen Punkten hatte sich seine Partei mit dem Koalitionspartner
gestritten und nur mit Mühe hatte Minten wichtige Entscheidungen durchs
Parlament gebracht. Die Umfragewerte dümpelten nach unten, die Arbeitslosigkeit
sank - trotz der sich von der Krise erholenden Wirtschaft - nur langsam und im
Land machte sich zunehmend eine antieuropäische Stimmung breit, die dem
Pro-Europa-Politiker ein Dorn im Auge war. Der geplante Klimakongress der UNO
musste deshalb pünktlich zur zweiten Hälfte seiner Amtszeit den nötigen Schub
in eine positive Richtung geben. Minten hatte noch zu seiner Zeit als
Umweltminister alles daran gesetzt, dass die UNO diesmal in den Niederlanden
tagte und er war erhört worden. Die Wahl war auf Rotterdam gefallen, was seit
der Bekanntgabe vor sechs Monaten für einiges Kopfschütteln im Land gesorgt
hatte.
Minten
wollte von der Kritik an seiner Planung (auch aus den eigenen Reihen) nichts
wissen und versprach in aller Öffentlichkeit eine perfekt organisierte,
zielführende Veranstaltung. Dafür musste er jetzt Sorge tragen und in puncto
Sicherheit war der Rotterdamer Polizeiapparat bei dieser Angelegenheit sein
bester Freund. Ein Freund, den er unbedingt auf Linie halten und dem er klar
machen musste, wie wichtig ein reibungsloser Ablauf für alle Beteiligten wäre.
Hoofdcommissaris Van Houden war einer der ersten Ansprechpartner für den
Politiker.
Bloemberg
ahnte, dass sein Vorgesetzter damit selbst unter Druck stand, aber in der
jetzigen Situation war ihm das schlichtweg egal. Er war gereizt. Er wollte
Antworten, und zwar schnell. Es gab etwas, das ihm in dieser Sache verschwiegen
worden war und das musste sich ändern.
Auf
halbem Wege jedoch kam ihm eine andere Idee.
„Ja,
wieso eigentlich nicht“, sagte er zu sich selbst, während er in einer langen
Autoschlange vor einer roten Ampel in der Nähe der Erasmus-Universität stand.
„Wenn
er unschuldig ist, hat
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