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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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beobachtete. Einen eindeutigen Hinweis darauf erlangte er bis
zum Morgengrauen nicht.
    Die
folgenden Tage vergingen, aber sie zogen sich kaugummizäh in die Länge. Bei den
gemeinsamen Arbeiten an den Segelbooten, dem Tauwerk und den Segeltüchern
nachmittags nach Schulschluss sprachen sie kaum miteinander und wenn dann waren
es nur flüchtige oder nichtssagende Sätze und Floskeln.
    Bert
fiel auch auf, dass Imar nach dem Abendessen immer häufiger in seinem Zimmer
verschwand und sich von dort durch das Fenster in die Nacht hinausstahl. Van
Helig hätte ihn ein ums andere Mal zur Rede stellen können, tat es aber nicht.
Er fühlte sich schlecht und hätte den Jungs gerne gesagt, wie leid ihm das
alles tat, zumindest Namir. Allerdings schien nicht einmal der jüngere Bruder
irgendwas von ihm hören zu wollen.
    So
verkamen die letzten Tage zu einem Akt des Schweigens und schließlich geschah
das, was Bert befürchtet hatte. In der Nacht, bevor sie zu den Hadoshs ziehen
sollten, kehrte Imar nicht von einem seiner Ausflüge zurück. Die wenigen Dinge,
die er besaß, hatte er mitgenommen. Bert fragte Namir nach dem Verbleib seines
Bruders, aber dort stieß er auf bloßes Schweigen, auch wenn Bert seinen Hintern
darauf verwettet hätte, dass der Kleine wusste, wohin sich Imar abgesetzt
hatte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, musste er nicht einmal fragen, wohin
Imar verschwunden war. Er ahnte, wen Namirs großer Bruder mit Petr gemeint
hatte, als er sie Tage zuvor belauscht hatte. Der Mann war nicht unbedingt
berühmt, dafür jedoch umso berüchtigter.
    So
war die Aufregung vor allem bei Nicolas van Houden am Tag der Adoption groß.
Zumal ein Journalist des Rotterdamer Regionalmagazins dazu geladen worden war,
um die erfolgreiche Arbeit des Sozialamtes und der Polizei im Bereich der
Integrationsförderung zu dokumentieren.
    Doch
auch all das Toben und Drohen des Hauptkommissars brach Namirs Schweigen nicht.
Trotzig und mit gesenktem Haupt trug er seinen Koffer vor sich hin und sprach
kein Wort. Er brachte nicht einmal einen Abschiedsgruß an Bert über die Lippen.
    Und
so zog letztendlich, von Imar aus sicherer Entfernung mit missgünstigem Blick
beobachtet, nur Namir bei Nasridim Hadosh ein.
     
    ***
     
    Bert
van Helig beendete die Kurzfassung dessen, was ihm auf dem Herzen lag mit dem
Leeren einer halb vollen Bierflasche, die er nach einem Seufzen und sich daran
anschließendem Rülpsen, achtlos hinter sich ins Meer warf.
    „Ich
war immer dagegen, dass er zu diesem Kerl kommt“, brummte er und langte nach
der nächsten Flasche, aber Kees reagierte und schloss den Deckel der Kühlbox.
    „Ich
glaube, du hast erst einmal genug“, entschied er.
    „Wie
willst du denn das beurteilen?“, nörgelte Bert, ließ sich aber nicht auf eine
weitere Konfrontation ein, sondern lehnte sich zurück und schaute in die Luft.
    „Früher
hast du weniger getrunken und geraucht, soweit ich mich erinnere.“
    „Pah!
Früher! Das Früher, das du meinst, is‘ seit mehr als zwanzig Jahren
    Vergangenheit.“
    „Wie
du meinst.“
    „Ja
genau, Herr Inspecteur, wie ich meine. Bist du nur hergekommen, um einem alten
Sack seine letzten verbliebenen Laster madigzumachen?“
    Kees
schüttelte den Kopf.
    „Nein.“
    „Dann
hör auf damit!“
    Kees
änderte instinktiv das Thema. Bert wusste sehr genau, wie Kees‘ Standpunkt in
dieser Sache aussah, völlig sinnlos deswegen ein Fass aufzumachen. Bert war
zwar ein herzensguter Mensch, der jedoch eine Sturheit besaß, die an die
Beständigkeit eines nordholländischen Basaltsteindammes heranreichte.
    „Also
gut. Diese Geschichte, die du mir grade erzählt hast. Was soll die mir sagen?“
    Bert
schlug die Hände über dem Kopf zusammen, löste seinen Blick von den
Schleierwolken und sah ihn mit einem Blick an, der Kees an längst vergangene
Situationen erinnerte, in denen er seinen Ziehvater mehr oder minder enttäuscht
hatte.
    „Is
das nicht klar? Ich dacht‘, du wärst der Polizist.“
    „Da
gebe ich dir recht , aber abgesehen davon, dass es
letzten Endes Van Houdens Entscheidung war, die Jungs in die Obhut von Nasridim
Hadosh zu geben, hast du mir nicht viel Neues erzählt.“
    „Wirklich
nicht?“
    Kees
kratzte sich am Kopf.
    „Ich
nehme nicht an“, sagte er dann, „dass deine Anekdote mit der Schneeballschlacht
darauf abzielt, mir sagen zu wollen, dass Imar, der seitdem spurlos verschwunden
ist, seinen Bruder umgebracht hat.“
    Bert
betrachtete ihn und verschränkte die Arme vor

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