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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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den Rand ihrer Kräfte gebracht.
    Hoffentlich ist Helena stark genug.
    Nach weiteren quälenden Minuten wurde die Tür aufgerissen.
    Frasers Gesicht verriet Furcht.
    Louise spürte einen heftigen Stich in der Brust. »Was ist passiert, Doktor?«
    »Die Lage ist ernst. Das Kind liegt nicht so, wie es sollte. Bestenfalls wird es eine Steißgeburt«, murmelte er betreten.
    Plötzlich schien der Boden unter Louises Füßen zu wanken. Sie stützte sich an der Wand ab und rang um Fassung. »Das Kind ist in Gefahr?«
    Fraser seufzte. »Wenn es sich nicht noch in die richtige Lage dreht, werden wir entscheiden müssen, wer leben soll: die Mutter oder das Kind.«
    Louise wurde eiskalt. »Können Sie denn keinen Kaiserschnitt machen?«
    »Doch. Ein Kaiserschnitt würde das Kind retten. Aber Ihre Schwiegertochter ist sehr schwach. Ich glaube kaum, dass sie den überstehen wird.«
    Louise rang mit ihrem Gewissen. Durfte sie die Mutter für das Kind opfern? »Gibt es keine Möglichkeit, das Kind zu drehen?«
    Fraser schüttelte bekümmert den Kopf. »Keine, die dem Kind nicht schaden würde. Außerdem stellt sich die Frage, wie lange Mutter und Kind noch durchhalten. Noch sind die Herztöne des Kindes zu hören, aber wer weiß, wie lange noch.«
    Louise kaute auf ihren trockenen Lippen herum. Noch nie hatte sie über das Leben eines Menschen bestimmen müssen. Plötzlich kam ihr eine Idee.
    »Versuchen Sie es weiter, Doktor Fraser!«, wies sie den Arzt an, bevor sie in die Küche eilte.
    Die Dienstmädchen schreckten auf, als Louise zur Tür hereinstürmte.
    »Sarah, komm mit!«
    Mit gesenktem Kopf folgte ihr das Mädchen. Im Gang packte Louise es am Ärmel. »Lauf zur tohunga! Wir brauchen ihre Hilfe wegen des Kindes. Es geht um Leben oder Tod!«
    Sarah öffnete erschrocken den Mund.
    »Nun mach schon, lauf!«, fuhr Louise sie an. »Hol sie her, so schnell du kannst!«
    Die Zeit verging zäh. Beunruhigt blickte Louise aus dem Fenster. Weitere Wagen fuhren vor. Schließlich gingen die Arbeiter zur Mittagspause. Wo blieb Sarah nur mit der Heilerin?
    Hinter der Schlafzimmertür war es ruhiger geworden. Hin und wieder redete Fraser auf Helena ein.
    Schließlich streckte der Arzt den Kopf zur Tür hinaus. »Wir können nicht mehr warten. Sie müssen eine Entscheidung treffen.«
    Louise knetete die eiskalten Hände. »Warten Sie nur noch einen Moment, Doktor! Ich habe nach einer Maori-Heilerin geschickt. Sie kennt sich mit Geburten aus.«
    »Sie wollen das Schicksal Ihrer Schwiegertochter und Ihres Enkels in die Hände einer Maori legen?« Fraser war offensichtlich entsetzt.
    »Die Heilerin entbindet sämtliche Frauen ihres Dorfes. Wenn sich jemand mit Geburten auskennt, dann sie.«
    »Aber sie hat keinerlei medizinische Ausbildung!«
    Bevor Louise etwas entgegnen konnte, bemerkte sie eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Die tohunga eilte über den Hof. Trotz ihres Alters bewegte sich die Heilerin so flink wie die junge Sarah an ihrer Seite.
    »Sie ist da!«, rief Louise erleichtert und lief ihr entgegen. »Haere mai, Ahorangi.«
    Die Heilerin nickte zum Gruß. »Wo ist sie?«
    Louise führte sie ins Schlafzimmer. Der Geruch von Schweiß und Blut hing in der Luft. Blutige Tücher lagen auf dem Boden. Helenas Gesicht war kreidebleich, doch ihre Brust hob sich noch unter schwachen Atemzügen.
    Dr. Fraser blickte sie verärgert an. »Madame de Villiers, was soll diese Frau hier?«
    »Die tohunga wird meiner Schwiegertochter helfen.«
    »Wollen Sie es wirklich dieser ... Frau überlassen, das Kind auf die Welt zu holen? Viel Zeit bleibt uns nicht mehr für einen Kaiserschnitt.«
    »Ja«, entgegnete Louise entschieden, während sie Helena nicht aus den Augen ließ. »Sie ist sehr geschickt in solchen Dingen.«
    »Wann die letzte Wehe gekommen?«
    »Vor einer Stunde«, murmelte der Arzt und trat widerwillig beiseite.
    »Schlecht, sehr schlecht«, murmelte Ahorangi, dann lupfte sie das Laken. »Wollen sehen, ob Kind noch lebt.«
    »Aber sie ...«, setzte der Arzt an, doch Louise gebot ihm mit einer herrischen Handbewegung zu schweigen.
    Was die Heilerin tat, sah niemand, aber plötzlich schnappte Helena nach Luft und bäumte sich auf.
    »Kind lebt«, verkündete die Heilerin daraufhin. »Ich muss handeln schnell, sonst beide sterben.«
    Damit kroch sie unter das Laken und machte sich an die Arbeit.
    Wieder blieb Louise und dem Arzt verborgen, was sie tat.
    Erneut bäumte sich Helena schreiend auf.
    Zitternd vor Angst, schlug Louise die Hand

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