Sonne über Wahi-Koura
erzählen das die Männer.«
»Ach, was wissen die schon!«, winkte Helena ab und machte sich an ihre Morgentoilette.
8
Wenige Tage später konnte Helena das Bett verlassen, denn sie erholte sich schnell.
Laura war kaum noch anzusehen, dass sie einen Monat zu früh geboren wurde. Sie war zwar zart, wirkte aber munter. Helena konnte sich gar nicht sattsehen an dem niedlichen Geschöpf. Hin und wieder übermannte Traurigkeit sie, wenn sie an Laurent dachte, doch ihre Mutterpflichten ließen ihr wenig Zeit für Grübeleien. Inzwischen stillte sie nicht nur selbst, sondern sorgte ganz allein für ihr Töchterchen.
Louise stattete ihr täglich mehrmals einen Besuch ab, um sich über das Befinden ihrer Enkelin zu informieren.
»Wir müssen das Kind taufen lassen und anschließend einen Empfang geben«, eröffnete Louise ihr am Nachmittag, als Helena Laura gestillt hatte.
»Halten Sie das für eine gute Idee?«, fragte Helena, während sie unablässig ihre Tochter betrachtete.
»Natürlich! Die Gesellschaft von Napier erwartet das von uns.«
»Und was ist mit den Abstinenzlern?«
»Wieso sollte ich auf diese Leute Rücksicht nehmen?«
»Es wäre möglich, dass sie die Taufe und die Feier stören.«
Louise schüttelte energisch den Kopf. »Das würden sie nicht wagen!«
Helena bezweifelte das. »Mir wäre es lieber, wenn die Taufe auf dem Gut erfolgen könnte.«
»Damit würden wir unseren Feinden nur zeigen, dass wir Angst vor ihnen haben. Die Familie de Villiers lässt sich nicht einschüchtern.«
Helena seufzte. Warum war ihre Schwiegermutter nur so stur?
»Außerdem geht es ja nur um den Kirchgang«, setzte Louise hinzu. »Den Empfang werden wir natürlich hier abhalten.«
»Und wenn die Abstinenzler in der Kirche auftauchen, um Unheil zu stiften?«
»Die De Villiers sind keine Feiglinge! So viel müssen Sie doch von meinem Sohn mitbekommen haben!«
»Ja, und deshalb ...« Helena stockte und rief sich zur Besinnung. Du kannst ihr nicht vorhalten, dass es gerade dieser Mut war, der Laurent ins Unglück gestürzt hast! Damit würdest du alles nur noch schlimmer machen.
»Was, und deshalb?« Louise musterte sie aus schmalen Augenschlitzen.
»Nichts, Madame. Ich gebe Ihnen Recht, Ihr Sohn war sehr mutig. Aber verstehen Sie doch, dass ich um mein Kind besorgt bin. Ich möchte nicht, dass Laura etwas zustößt.«
Louises Miene wurde weicher. »Das ist sehr lobenswert, aber Sie sollten mir vertrauen, wenn ich sage, dass ihr nichts zustoßen wird. Manson mag vielleicht ein Teufelsbraten sein, aber so feige, sich an einer Mutter und ihrem Kind zu vergreifen, ist er nicht.«
Damit wandte sich Louise wieder um. Als die Tür ins Schloss fiel, betrachtete Helena besorgt ihr Töchterchen. Sie ist das Einzige, was mir von Laurent geblieben ist, dachte sie. Ich darf nicht zulassen, dass ihr etwas geschieht.
Am Abend klopfte es an der Tür von Helenas Salon. Newman stand im Flur. Unter dem Arm trug er eine Wiege.
»Wie geht es Ihnen, Madam? Wie ich sehe, sind Sie bereits wieder auf den Beinen.«
Helena versuchte die Aufregung, die sie angesichts seiner Gegenwart überkam, im Zaum zu halten, und bat ihn herein.
»Vielen Dank der Nachfrage, Mister Newman. Mir geht es bestens. Ich möchte mich auch noch für den wunderschönen Strauß bedanken. Er hat mir viel Freude gemacht.«
Newman trat einen Moment lang verlegen auf der Stelle. Dann besann er sich und stellte die Wiege vor Helena ab. »Wenn Sie erlauben, würden meine Männer und ich Ihnen dies gern als Geschenk überreichen.«
Helena strahlte. »Haben Sie schon als Kind darin gelegen?«
Newman lächelte. »Nein, wir haben zusammengelegt und die Wiege schreinern lassen. Es ist unser Taufgeschenk.«
Als sie die Wiege umrundete, bemerkte Helena, dass Weinblätter und Weinranken in das Holz geschnitzt waren. Ein frischer Holzduft strömte ihr entgegen.
»Das ist die schönste Wiege, die ich je gesehen habe!« Ergriffen blickte Helena zu Newman auf. »Vielen, vielen Dank, auch an Ihre Leute.«
Der Kellermeister nickte und wollte sich schon zurückziehen, als Helena sagte: »Warten Sie, Sie haben meine Tochter ja noch gar nicht gesehen.«
Damit lief Helena ins Schlafzimmer und hob Laura behutsam aus dem Weidenkorb, in dem sie friedlich schlummerte.
Als Helena mit der Kleinen vor den Kellermeister trat, stieß diese einen hellen Laut aus und schlug die blauen Augen auf.
»Darf ich vorstellen: Laura Marie de Villiers.«
Newmans Augen glänzten auf einmal
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