Sonne, Wind und Mord (German Edition)
Fonsos
Richtung, der genauso zufrieden aussah, dann drehte er den Kopf und nickte auch
Hassan zu. Dessen Gesicht, in dem seine gebrochene Nase deutlich rot und
geschwollen herausstach, blieb jedoch regungslos. Es war ersichtlich, dass
Hassan seinem Anführer die Tracht Prügel immer noch übel nahm. Joe hatte für so
etwas keinen Sinn. Er grinste schon wieder. Das hatten sie gut gemacht. Ihr
Auftrag war fast erledigt. Sie mussten nur noch die Akten an sich nehmen. Joe
steckte die Waffe weg,
„Fonso gib mir ein Messer.“
Der Italiener reagierte sofort und zog ein
mittelgroßes Armeemesser aus einer versteckten Halterung des rechten
Pulloverärmels und schnitt dabei eine freudvolle Grimasse. Er wusste, was
gleich passieren würde.
„Danke.“
Joe griff sich die gut ausbalancierte Waffe
aus doppelt gehärtetem, matt glänzendem Stahl, nahm dann beide Hände nach vorn
und riss die Schranktüren auf. Jeder, der dort drin noch lebte, würde sich
spätestens jetzt wünschen, er wäre gestorben. Joe konnte grausam mit dem Messer
sein, sehr grausam.
***
12:40 Rotterdam, Hilton
Hotel
Michael Greenly saß auf dem Bett seiner Suite
im Hilton Hotel. Von hier hatte man einen guten Blick über die Stadt. Heute,
aber auch sonst, lohnte es sich allerdings nicht wirklich, diesen Blick zu
genießen. Zahlreiche Städte in Amerika boten ein weit besseres Panorama, wie
Greenly fand.
Beinahe eine Stunde hatte der Umweltpolitiker
in J. P. Smiths Hummer H2 verbringen müssen. Eine fürchterlich lange Zeit, wenn
man bedachte, dass dieser Mann einer seiner schlimmsten Widersacher war. Aber
dadurch, dass eine große Gruppe Demonstranten, ungeachtet von polizeilichem
Widerstand, friedlich auf dem Hofplein gegen den Umweltgipfel protestierte, war
ein Umweg nicht vermeidbar gewesen. Smith hatte sich köstlich amüsiert über
einige der Protestplakate. „Schert euch weg! Ihr reißt sowieso nichts!“ oder
„Kapitalisten und Globalisierer! Ihr stürzt die Welt nur weiter ins Chaos! Geht
nach Hause!“
Greenly ließ sich davon nicht aus der Ruhe
bringen, auch wenn er wusste, dass sein Gegner genau diese Art von Protesten
begrüßte. In Smiths Idealvorstellung war das hier ein Treffen von
Interessenvertretern, die sich so lange gegeneinander aufstachelten, dass am
Ende nichts dabei herauskam und Politiker wie Greenly am Ende schlecht
dastanden, weil sie von Hoffnung und Veränderung redeten, aber letztlich doch
nichts zuwege brachten.
Es war eine schweigsame Fahrt gewesen. Soweit
es sich hatte vermeiden lassen, war kein Wort gesprochen worden. Ein paar
Sekunden hatte er seinen Konkurrenten hie und da fixiert. Abgesehen von einem
gespielt unschuldigen, gewohnt aalglatten Lächeln, hatte er dem alten Senator
keine ungewöhnliche Gefühlsregung entlocken können. So hatte Greenly also
weitestgehend geschwiegen. Nur einmal, als der Vertreter der Industrie ihn
provokativ fragte, was Greenly diesmal im Schilde führte, war er dazu genötigt
worden, dem Senator zu erklären, dass ihn das einen feuchten Kehricht anging
und, dass Smith sicher der Letzte wäre, dem er diese Informationen auf die Nase
binden würde. Der alte Senator hatte nicht weiter nachgehakt und sich
stattdessen heiser lachend auf das Durchstöbern eines kleinen Notizbuches
konzentriert, während er seinem persönlichen Sekretär verschiedene Anmerkungen
diktiert hatte, die dieser sofort auf seinem Handheld PC eintrug. Auch Greenly
hatte sich während der übrigen Fahrt dem 3G Mobilfunkgerät gewidmet,
verschiedene Nachrichten verschickt und Informationen abgerufen.
Michael Greenly war heilfroh, endlich auf
seinem Zimmer zu sein, weg von diesem verkappten konservativen Senator. Dennis
telefonierte schon wieder seit über einer halben Stunde mit der Botschaft und
schimpfte auf die Arbeitsmoral, die seine Kollegen hier in Europa an den Tag
legten. Greenly wusste genau, dass sie Dennis Abnegator nicht ernst nahmen,
hielt es aber nicht für notwendig, seinem ehrgeizigen, jungen Mitarbeiter diese
Tatsache unter die Nase zu reiben. Er war ein Emporkömmling, ein junger
hoffnungsvoller Uniabsolvent, der versuchte, auf diese Weise selbst irgendwann
im politischen Geschäft Fuß zu fassen. Bisher hatte es immerhin zum Posten des
Privatsekretärs in Michael Greenlys Reihen gereicht. Greenly war sich sicher,
dass Dennis, wenn er weiter so akribisch und perfektionistisch arbeitete wie
bisher, sicher seinen Weg machen würde. Allerdings wirkte der junge Mann
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