Sonne, Wind und Mord (German Edition)
Dennis
Abnegator schüchtern, als trüge er die Schuld für diese Situation. Michael
Greenly musterte ihn streng.
„Soll ich die Polizei rufen?“, schlug Dennis
rasch vor. Greenly dachte kurz darüber nach, dann schüttelte er energisch den
Kopf.
„Nein, Dennis, das ist doch Kinderkram. Wir
werden nichts unternehmen.“
Der Sekretär glaubte wohl kurz sich verhört zu
haben und stierte irritiert, aber Michael Greenlys Gesicht sprach eine
deutliche Sprache.
„Aber, Mister Greenly. Das… das ist eine
Drohung, die gegen Sie gerichtet ist. Wollen wir denn nichts unternehmen?“
Noch einmal schüttelte der Umweltpolitiker
entschlossen den Kopf.
„Nein, Dennis, wir werden nicht die Polizei
rufen. Das ist es doch was die wollen, wer immer es auch ist. Ich habe in
meinem Leben schon genug Drohbriefe erhalten und weiß, wie ich damit umzugehen
habe, glauben Sie mir.“
Michael Greenly überlegte, ob er noch etwas
anfügen konnte, um seinen Sekretär zu beruhigen, aber ihm fiel nichts mehr dazu
ein.
„Ich werde mich selbst darum kümmern. Sie
können gehen“, stellte der Kongressabgeordnete schließlich nur noch mit ernster
Stimme fest.
„Aber, Mister Greenly…“
„Kein aber, Dennis. Bitte gehen Sie. Ich gebe
Ihnen den Rest des Tages frei.“
„Und was ist mit Ihrer Rede heute Abend?“
„Darum werde ich mich kümmern, danke. Machen
Sie sich keine Sorgen.“
Dennis Abnegator zuckte hilflos mit den
Schultern, dann nickte er dem Kongressabgeordneten noch einmal zu und
wiederholte die Worte, die er gewählt hatte, als er sich zum ersten Mal von
Greenly verabschiedet hatte.
„Ich bleibe in der Nähe, Mister Greenly.
Wenn Sie mich brauchen, Sie wissen ja, mein Mobilephone ist an und mit meinem
Netbook werde ich auch online sein, sollten Sie mich brauchen“, dann verließ
der junge Mann widerwillig die Suite.
Michael Greenly saß allein auf dem Bett, den
blutroten Zettel fest in beiden Händen.
Wut machte sich in ihm breit, als er die
Zeilen noch einmal las.
– Ich behalte dich im Auge Michael Greenly!
Pass auf was du tust! Das worauf du wartest wird nicht eintreffen! Versprochen
gezeichnet
–ein Bewunderer. -
Irgendjemand war ihm auf die Schliche
gekommen, keine Frage. Dabei hatte er sich so sehr um Geheimhaltung bemüht. Der
Umweltpolitiker zitterte plötzlich am ganzen Körper. Irgendwer wollte ihm ans
Bein pinkeln, aber wer? Noch ein letztes Mal las er die Notiz. Irgendwer spielte
ihm einen bösen Streich und verhöhnte ihn dabei auch noch. Er fixierte die
Unterschrift.
Ein Bewunderer? Ein
Bewunderer!
Verärgert zerriss Greenly den Zettel. Seine
Halsschlagader pochte wild und trat deutlich hervor.
Niemand pinkelt mir ans
Bein! Niemand!
„Michael Greenly lässt sich von niemandem
einschüchtern!“, sagte er laut, als hoffte er, der Verantwortliche könne es
hören. „Wenn ich dich bekomme, reiß ich dir den Arsch auf!“
Zwar hatte er keinen exakten Anhaltspunkt,
aber bis zur Konferenz waren es beinahe noch 6 Stunden. Lediglich um 15 Uhr
stand noch ein wichtiges Meeting in einer Tapas-Bar in der Pannekoekstraat auf
dem Plan. Er hatte also noch genug Zeit, um herauszufinden, was hier gespielt
wurde. Von Müdigkeit war keine Spur mehr, zornig erhob sich Greenly und machte
sich an die Arbeit.
***
12:45 Hotel New York
Fonsos Armeemesser steckte tief in einer der
weit aufgerissenen Türen des großen Eichenholzschranks. Direkt daneben lehnte
Joe und hielt dabei Linda Farbers Handy fest in der Hand. Sein Gesicht blieb
ausdruckslos. Ein Handyweckalarm hatte sie in die Irre geführt. Der
Auftraggeber würde gar nicht erfreut sein. Konzentriert tippte der Killer den
vierzehnstelligen Code ein und die Nummer erschien auf dem zweifarbigen Display
des kleinen Siemenshandys älterer Bauart.
Hassan stand beim Fenster und schaute
regungslos hinaus auf den Hafen, der im dichten Regen ein trauriges Bild abgab,
während Fonso damit beschäftigt war, die Einrichtung des Zimmers
auseinanderzunehmen. Ohne Umschweife drückte Joe auf den Anrufknopf und tippte
mit dem rechten Fuß nervös im Takt des Ruftones auf den Boden. Diesmal ließ
sich der Auftraggeber wesentlich länger Zeit als bei ihrem letzten Gespräch. Es
klingelte zehn Mal, und Joe wollte schon wieder auflegen, als doch noch jemand
den Hörer abnahm und voller Kälte und Verachtung nur eine einzige Frage
stellte.
„Joe, sind Sie ein Versager?“
Das Telefongespräch dauerte keine fünf
Minuten, aber nachdem der
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