Sonne, Wind und Mord (German Edition)
fahren, muss
ich Sie bitten, mich raus zu lassen. Es ist wirklich unglaublich wichtig. Wenn
wir überleben wollen, müssen wir noch einmal zurück! Ich werde Ihnen alles
erklären.“
Es entstand eine kurze Pause. Inspecteur
Bloemberg war mit der seltsamen Frau fertig und schüttelte nur noch verächtlich
den Kopf. Wenn sie sich erschießen lassen wollte, sein Problem war das nicht.
Ihre Aussage, dass sie wusste, wieso sie in diesem Schlamassel steckten, ließ
ihn für kurze Zeit zwar nachdenklich werden, aber schnell hatte er für sich
entschieden, dass sie wahrscheinlich nur bluffte.
Der Surveillant war hin- und hergerissen und
hatte Angst sich für die falsche Option zu entschließen.
Linda Farber saß auf der Rückbank und wartete
gespannt auf Rudjards Antwort. Dafür, dass die Frau vor Minuten noch herum
gesessen hatte wie ein Geist, befand sie sich jetzt in heller Aufregung.
„Fahr durch den Tunnel und dann in Richtung
Autobahn, Surveillant. Mach nichts, was du nicht verantworten kannst und später
schwer bereust. Hätte Frau Farber irgendetwas, das uns behilflich sein könnte,
hätte sie am besten früher ausgepackt“, mahnte der Inspektor ein letztes Mal.
„Und wenn Frau Farber es darauf anlegt, auszusteigen, um sich auf offener
Straße erschießen zu lassen, ist das ihre Entscheidung.“
„Entschuldigung, Inspecteur Bloemberg, aber
Sie sind ein … Sie sind wirklich das Letzte“, giftete Linda Farber unverhohlen
und Kees Bloemberg schoss trocken zurück.
„Danke, dass Sie mich daran erinnern, Frau
Farber. So eine weise Aussage kann nur von einer lebensmüden, deutschen
Akademikerin kommen, nehme ich an. Was ist das jetzt hier für eine Aktion?
Lebenswichtige Informationen? Da kommen Sie jetzt mit? Ich glaube Ihnen kein
Wort! Ihr Deutschen, ihr seid doch alle gleich. Ihr glaubt doch, alles muss
immer nach eurer Pfeife tanzen. Da ist euch doch jedes Mittel recht. Ihr seid
so was von arrogant! Ich hoffe, Rudjard wirft Sie noch vor der Autobahn aus dem
Wagen!“
„So wie Sie sich aufführen, könnte man eher
denken, Sie sind hier der Deutsche!“
„Jetzt machen Sie mal einen Punkt!“
„Nein, machen Sie mal einen Punkt! Es geht
hier um mein Leben!“
„Ach so, und um unser Leben geht es wohl
nicht?! Wir sind nicht zufällig auch beschossen worden?!“
Surveillant Ronald Rudjard schloss trotz des
dichten Verkehrs kurz die Augen und versuchte verzweifelt, eine Lösung zu
finden. Die beiden führten sich auf wie Kinder, dabei waren sie doch so viel
älter als er, der junge verzogene Mann, der bislang nur Flausen im Kopf gehabt
hatte und für den die Arbeit bei der Polizei die letzte Chance war, in ein
geordnetes Leben zu finden.
Als er seine Augen wieder öffnete und steil
auf die Bremse trat, um keinen Auffahrunfall zu bauen, hatte er eine
Entscheidung gefällt.
***
12:21 Hafen Rotterdam,
Hotel New York
Beinahe eine Stunde war seit den tödlichen
Schüssen im Rotterdamer Hafen vergangen. Sicher fühlte sich Inspektor Bloemberg
jedoch nicht. Surveillant Rudjard hatte gegen sein Drängen den Wagen zum Hotel
New York gefahren. Die schlechteste Entscheidung, die er hatte treffen können.
Wenn die „Sachen“, die Linda Farber aus ihrem Hotelzimmer holen wollte, so
prägnant wichtig waren, war das Risiko, hier auf unliebsame Gestalten zu
treffen, wesentlich höher. Das schmeckte Kees Bloemberg überhaupt nicht, zumal
der Surveillant gegen seinen Befehl gehandelt hatte. Das würde sicher ein
Nachspiel haben, sollten sie das hier überstehen. Diese verdammte
Wissenschaftlerin hatte einfach seine Autorität untergraben und das
ausgerechnet in einer solch brenzligen Situation. Wenn so etwas vorkam, musste
man sich schon die Frage stellen, ob man den Titel Inspecteur wirklich
verdiente. Um sich darüber jedoch den Kopf zerbrechen zu können, brauchte man
Zeit und Ruhe. Kees hatte weder das eine noch das andere. Zwar wusste er nicht,
was ihn dazu bewogen hatte, aber entgegen seiner ersten Gedanken, hatte er den
Surveillant dazu verdonnert, mit laufendem Motor vor dem Hotel zu warten und
war selbst mit ins Gebäude gekommen. Vermutlich hatte er Rudjard einfach nicht
zugetraut, in einer solch brenzligen Situation, die Nerven zu behalten. Wenn es
hart auf hart kam, benötigte man einen kühlen Kopf.
Angestrengt beobachtete Kees den Eingang vom
Barbereich des Hotels aus. Linda Farber stand einen Meter neben ihm und
trippelte ungeduldig mit den Fingernägeln auf der Theke
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