Sonne, Wind und Mord (German Edition)
Räumlichkeiten schlicht und
einfach viel zu klein für die Masse der angereisten Politiker war. Dicht an
dicht saß man hier nebeneinander und hatte kaum 30 Zentimeter Ellbogenfreiheit
und die Überfüllung des Saals tat auch der Luft nicht gut. Obwohl mit einem
modernen Entlüftungssystem versehen, war es ungemein stickig hier drin.
Michael Greenly hatte das Rednerpult erreicht,
stellte seine leere Laptoptasche beiseite und ließ seinen Blick über die
Anwesenden schweifen. Recht weit vorn erkannte er Doktor Peters und Senator
Smith, die nebeneinander Platz genommen hatten und ihn abfällig betrachteten.
Sein Blick blieb nicht auf den beiden haften, sondern schweifte weiter. Song
Hui Yun, ein konservativer Vertreter Chinas, David Mac Needle der bekannter
Umweltpolitiker aus Australien und Youssef Ohnanga, politischer Vertreter der
Malediven, fielen ihm ins Auge. Diese drei hatte er auf den letzten
Umweltkonferenzen bereits ganz gut kennengelernt. Der Rest verschwand in einer
unbekannten grauen Masse, die teils interessiert und teils teilnahmslos dort
saß und darauf wartete, dass er endlich begann. Youssef und David konnte er als
wahre Brüder im Geiste betrachten, sie kämpften wirklich mit dem Herzen für die
Rettung des Klimas, während Song ein versteifter junger Politiker war, dem es -
ähnlich wie Smith in Amerika - nur um die Gesundheit der chinesischen Industrie
ging. David nickte ihm aufmunternd zu, als sich ihre Blicke trafen. Mit ein
wenig Unsicherheit im Nacken räusperte sich Michael Greenly, wohlwissend, dass
er eigentlich nichts in der Hand hielt. Nicht einmal mehr ein paar Stichpunkte
hatte er sich noch machen können. Die zusammengehefteten Din-A 4 Blätter, die
er vor sich auf dem Rednerpult ausgebreitet hatte, waren allesamt leer. Noch
einmal räusperte sich der Umweltpolitiker. Er musste jetzt da durch. Es gab
keinen anderen Weg.
„Meine sehr verehrten Damen und Herren,
geschätzte Politikerinnen und Politiker, Wirtschaftsvertreterinnen und
-vertreter, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, liebe Kolleginnen und
Kollegen“, begann er mit gewohnt souverän sonorer Stimme und die Selbstsicherheit
kehrte langsam zurück. „Ich begrüße Sie alle ganz herzlich zur diesjährigen
Weltklimakonferenz in Rotterdam. Ich danke Ihnen vielmals, dass Sie den Weg
hierher gefunden haben, trotz der widrigen Bedingungen. Ich danke auch und vor
allem unseren niederländischen Kollegen für die kurzfristige Planung und
Umsetzung dieser wichtigen Konferenz. Die außerordentliche Gastfreundschaft und
die sympathische niederländische Gelassenheit sind wieder einmal
unübertroffen.“ Greenly legte eine rhetorische Pause ein, um dem vereinzelt
aufkeimenden Applaus Gelegenheit zu geben sich auszubreiten. Als sich die
Applaudierenden beruhigt hatten, setzte seine Stimme wieder ein und wurde dabei
schnell ernst und eindringlich.
„Verehrte Damen und Herren aus aller Welt, Sie
alle wissen, wieso wir hier sind“, sagte er und schaute in den Saal.
„Es ist seit langem kein Geheimnis mehr, dass
unsere Welt, so wie wir sie kennen, der Katastrophe entgegensteuert. Hunderte
handfeste Studien haben in den letzten Jahren eindeutig belegt, dass unsere
Erde ein Klimaproblem hat. Die fortschreitende Industrialisierung, die
Kraftfahrzeug basierende Mobilisierung unseres Planeten und nicht zuletzt die
allgemeine Gleichgültigkeit gegenüber des rasant wachsenden
Schadstoffausstoßes, der unsere Atmosphäre zunehmend vergiftet, stellt uns
heute mehr denn je vor das größte Problem, dem Menschen, seit es uns auf diesem
Planeten gibt, entgegentreten mussten.“
Zustimmendes und ablehnendes Murren hielten
sich im Saal die Waage. Das war zu erwarten gewesen. Greenly ließ sich davon
nicht irritieren und redete weiter.
„Die Probleme, die wir mit dem Klima bereits
heute haben und in Zukunft noch bekommen werden, sind größer als Kriege, größer
als Krankheiten, größer als die andauernde Wirtschafts- und Finanzkrise. Unser
Problem betrifft das Klima unserer Erde. Der Erde, auf der wir alle leben. Der
Erde, die einzigartig ist in unserem Universum. Der Erde, für die wir alle
verantwortlich sind. Wir, die Entscheidungsträger der Regierungen dieser Welt
vor allen Dingen. Und obwohl uns die Ernsthaftigkeit und die drohenden Folgen
seit Jahren bekannt sind, haben wir bisher nur wenig bewegt, um dieses Problem,
das uns Menschen schon bald die Grundlage unserer Existenz kosten könnte, zu
lösen.“ Die murrende
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