Sonne, Wind und Mord (German Edition)
Zuhause zu verlieren.“
Er nickte zweimal in die Versammlung und
setzte sich danach wieder mutig lächelnd auf seinen Stuhl. Im Konferenzraum war
es still geworden. Viele sahen immer noch zu Ohnanga hinüber und schienen sich
ihre Gedanken zu machen. Greenly konnte kaum glauben, dass niemand etwas
erwiderte. Dabei war selbst er in diesem Augenblick sprachlos. Youssef Ohnanga
hatte es ganz einfach geschafft, Betroffenheit auszulösen, ohne dabei mitleidig
zu wirken. Er hatte auf die direkten Probleme aufmerksam gemacht, die der
Klimawandel mit sich brachte. Er hatte mit seinem Statement dem Klimawandel ein
Gesicht gegeben, ein Gesicht, das niemand von der Hand zu weisen versuchte. Es
würde zwar nur einige Sekunden in den Köpfen der anderen Politiker überdauern,
aber immerhin war es ein Anfang.
***
19:30 Oosterschelde
Kees Bloemberg war keine zehn Minuten an Deck
geblieben, da kam er pitschnass wieder den Niedergang heruntergestapft. Zwar
hatte er seinen Regenmantel anbehalten, aber bei der Flut an Regen, der vom
Wind getrieben von überall herzukommen schien, hatte das Kleidungsstück nicht
dazu beitragen können, dass der Inspektor trocken blieb. Selbst jetzt, da er
wieder im trockenen Innern der Isabella stand, sah er sich plötzlich mit einem
stürmischen Emotionsklima konfrontiert. Lindas Kopf lag an Rudjards Brust
gedrängt und sie weinte aus Herz und Seele, während sich ihre Hände an die Arme
des hilflos dreinblickenden Surveillants klammerten.
„Verdomme, was ist denn hier los?“, fragte der
Inspektor.
„Ich… äh… ich weiß nicht, Inspecteur… Frau
Farber… ähm… also sie ist eingeschlafen und… und dann, als sie wieder wach war…
da… äh… da hat sie einfach… einfach… angefangen“ stammelte der Surveillant
entschuldigend und man sah, dass ihm Lindas Tränenausbruch sehr betroffen
machte.
Kees Bloemberg besah sich die Szene ein paar
Sekunden, konnte jedoch nichts entdecken, was die außergewöhnliche Situation
erklären konnte. Schließlich raffte er sich auf, Linda direkt zu fragen.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er gewohnt
unsensibel und erntete Ronalds verständnislosen Blick. Linda schluchzte heftig
und hob langsam den Kopf. Ihre Augen waren rot und verheult.
„Es ist vorbei! Wir haben nichts mehr in der
Hand“, brachte sie nach unendlich zähen Sekunden endlich hervor.
Bloemberg verstand nicht und sah sie weiter
fragend an.
„Wir haben alles verloren“, wiederholte sie,
wischte sich trotzig mit der Hand quer über das Gesicht und sprach dann
aufgewühlt weiter. „Es ist aus, Bloemberg…. Es ist aus… Wir sind entkommen,
aber…. aber wir haben in aller Hektik die Daten zurückgelassen. Wir… wir haben
nichts mehr in der Hand. Nichts! Die Forschungsergebnisse sind verloren. Alles
ist verloren!“
Erst jetzt, als Linda es ansprach, bemerkte
auch der Inspektor, dass sie tatsächlich nicht daran gedacht hatten, Lindas
Laptoptasche mitzunehmen. Linda sah ihn frustriert und traurig an. Letztendlich
war ihre lange Flucht also doch sinnlos gewesen. Nun ja, wenn man es genau
nahm, nicht ganz sinnlos, schließlich waren sie bis hierhin mit dem Leben davon
gekommen. Aber was jetzt?
Kees Bloemberg gab ein langgezogenes „Hm“ von
sich und dachte nach. Die Möglichkeit zurückzufahren, um die Tasche zu holen,
schloss er von vorn herein aus. Erstens war das viel zu gefährlich und zweitens
war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Killer nicht ganz blöd waren und die
Daten bereits in ihren Besitz gebracht hatten. Was also konnten sie jetzt noch
tun?
Kurz spielte er mit dem Gedanken, einfach für
ein paar Tage auf dem Boot zu bleiben in der Hoffnung, dass Joe und seine
beiden Handlanger nur hinter den Daten hergewesen waren und sie fortan in Ruhe
ließen. So wäre zwar das Forschungsergebnis verloren, ihr Leben würde dies
jedoch wahrscheinlich retten. Er fragte sich sogar kurz, ob es für ihn
persönlich eine Rolle spielte, was mit den Forschungsergebnissen der Gruppe Van
Kessner passierte. Wenn er ehrlich war, ging ihm das alles nicht sonderlich nahe
und hatte auch keine besondere Bedeutung für ihn. Klimawandel, neue
Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien? Damit kannte er sich nicht
aus. Dafür hatte er sich nie interessiert. In diese ganze Projektscheiße war er nur rein zufällig hereingerutscht und hatte bisher, ohne darüber
nachzudenken, alles getan, um Linda bei der Rettung der Ergebnisse der
Forschungsgruppe Van Kessner behilflich zu
Weitere Kostenlose Bücher