Sonne, Wind und Mord (German Edition)
kannte diesen Tonfall. Sein Onkel neigte des Öfteren
dazu, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen verlief.
„Äh… also… ähm“, machte Ronald, der von der
plötzlichen Frage überrascht war.
„Ronald! Ich habe keine Zeit. Ich muss mit
Bloemberg sprechen. Ich muss wissen, wo ihr seid!“ Die Stimme des
Hauptkommissars wurde noch eindringlicher als zuvor. Linda sah misstrauisch
auf. Ihr gefiel der Ton und die Lautstärke, in der der Anrufer mit dem
Surveillant redete, überhaupt nicht.
„Der… äh Inspecteur ist gerade an Deck
gegangen und äh… steuert… das… das Boot“, antwortete Ronald vorsichtig.
„Was redest du da, Neffe! Was für ein Boot? Wo
seid ihr?! Der Empfang ist schlecht! Hallo!?“ Van Houden brüllte jetzt so laut
ins Telefon, dass Ronald das Mobiltelefon von seinem Ohr wegnehmen musste und
40 Zentimeter entfernt immer noch alles verstand.
„Äh auf… ähm Inspecteur Bloembergs Boot“,
wiederholte Ronald unsicher.
„Was hast du gesagt, Ronald?! Hallo!?
Verdammt noch mal! Ronald! Antworte!“ Der Empfang wurde rapide schlechter und
schließlich war nur noch ein Rauschen zu hören, dann brach die Verbindung ab.
Ronald brüllte noch ein paar Mal hoffnungsvoll ins Handy, aber der Anruf war
beendet. Linda war froh, dass er auf diese Weise unterbrochen worden war und
Hauptkommissar Van Houden nicht mitbekommen hatte, wo sie sich in diesen Minuten
befanden.
Der Wellengang musste heftiger geworden sein,
denn mittlerweile schaukelten sie ganz schön hin und her. Ronald und Linda
saßen regungslos nebeneinander und schauten sich an. Ronald wartete darauf,
dass sein Onkel erneut anrief, doch das Handy blieb stumm. So machte er
schließlich ernsthaft Anstalten, an Deck zu klettern und Inspektor Bloemberg zu
informieren. Linda gefiel das nicht. Sie war sich nicht sicher, ob es eine gute
Idee war, jemanden wie Van Houden einzuweihen. Sie fragte sich plötzlich, woher
die Killer gewusst hatten, dass sie bei Bert Van Heelig untergetaucht waren und
erinnerte sich dann daran, dass der seltsame Anrufer, der Auftraggeber eben
dieser Killer, das erste Mal über den Festnetzanschluss von Nicolas Van Houden
Kontakt zu ihnen aufgenommen hatte. Hier stimmte etwas nicht und der
Hauptkommissar musste etwas damit zu tun haben. Vielleicht hatte er sie sogar
verraten. Mittlerweile durften sie niemandem mehr trauen, selbst wenn es sich
dabei um den Onkel des Surveillants handelte. Linda wusste, dass sie verhindern
musste, dass Ronald oder Kees ihren Aufenthaltsort erneut preisgaben. Am besten
war es, Bloemberg würde erst einmal gar nichts von dem Anruf mitbekommen. Sie
musste sich etwas einfallen lassen und zwar schnell, der Surveillant rutschte
bereits nervös hin und her.
***
19:45 Coljinsplaat,
Yachthafen
Joe sprang in das Motorboot und drängte Hassan
zur Eile. Der jedoch konnte aufgrund der Schussverletzungen, die Inspektor
Bloemberg ihm beigebracht hatte, nur hinkenderweise und mit schmerzverzerrtem
Gesicht hinter Joe herhetzen. Außerdem schleppte er zwei schwere Sturmgewehre
auf seinem Rücken mit sich herum und einen Gürtel mit einer Handvoll
hochexplosiver Handgranaten. Erst als Joe bereits die beiden 250 PS starken Motoren
des Rennbootes gestartet hatte und ein wütendes Heulen über den ausgestorbenen
Hafen tönte, erreichte Hassan das Boot und schwang sich ungelenk hinein. Trotz
Regen, Wind und Schmerz konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen. Sie waren
wieder im Geschäft und auf dem Wasser würde es kein Entrinnen mehr geben. Jetzt
würden sie diesem ganzen Spuk endlich ein Ende bereiten und der Auftraggeber
würde sich nicht mehr einmischen. Jetzt galt es, einen Schlussstrich zu ziehen
– endgültig - und dann hieß es: Nichts wie weg.
***
19:45 Oosterschelde,
Bloembergs Yacht
Noch immer saßen Ronald und Linda unter Deck
und sahen sich tief in die Augen. Erst vor ein paar Sekunden hatte Linda den
jungen Surveillant am Arm festgehalten und ihn sanft daran gehindert zu gehen.
In ihrem Blick lag ein seltsames Funkeln, aber
Ronald beachtete es zuerst gar nicht.
„Mein Onkel hörte sich ziemlich ernst und
hektisch an“, sagte er stattdessen nachdenklich und kratzte sich an der rechten
Schläfe. Linda stimmte nickend zu und hielt ihn dabei mit ihrem Blick gefangen.
„Wahr… Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich…
äh… wenn ich den Inspecteur…“, brachte er hervor, während Linda wie
selbstverständlich näher an ihn heranrutschte.
„Du willst mich doch
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