Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
nur die Vergangenheit.«
Als die Freien Außenweltler im Neptunsystem angekommen waren, hatten sie entdeckt, dass der größte Mond des Eisriesen, Triton, von den Geistern besetzt und besiedelt worden war, jener Sekte, deren einsiedlerischer Anführer behauptete, von Mitteilungen geleitet zu werden, die ihm sein zukünftiges Ich von einem erdähnlichen Planeten sendet, der um den Stern Beta Hydri kreist. Macy war früher schon mit den Geistern aneinandergeraten. Ein Mitglied ihrer kleinen Bande hatte sie kurz vor dem Krieg entführt, weil sie eine der Galionsfiguren der Friedensbewegung geworden war. Es war ein ziemlicher Schock festzustellen, dass sie die ganze Zeit hier draußen gewohnt hatten, in einer Stadt, die sie unter der vereisten Oberfläche von Triton erbaut hatten. Sie boten an, den Flüchtlingen vom Uranus zu helfen, doch nur, wenn die Freien Außenweltler sich ihrem sogenannten großen Vorhaben anschlossen. Zuerst waren es nur ein paar, die ihrer Aufforderung Folge leisteten. Der Rest ließ sich auf Proteus nieder, dem nächstgelegenen Mond.
Obwohl Proteus der zweitgrößte von Neptuns Monden ist, ist er lediglich ein kleiner Klumpen mit einer Masse von nur einem Viertel eines Prozents der von Triton, einem Durchmesser von etwas über vierhundert Kilometern und einer bewegten Vergangenheit. Vor vier Milliarden Jahren waren Triton und ein binärer Begleiter vom Kuipergürtel nach innen gewandert und mit dem Neptun zusammengetroffen. Nachdem das Paar den Eisriesen umrundet hatte, war der Begleiter davongeschleudert worden und Triton wurde vom Neptun eingefangen. Die bereits vorhandenen inneren Monde wurden aus ihrer Umlaufbahn katapultiert, taumelten planlos umher und krachten ineinander. Durch die Zusammenstöße verwandelten sie sich in eine Trümmerscheibe, und nachdem Tritons Umlaufbahn sich stabilisiert
hatte, fügten sich einige der Trümmer wieder zusammen und bildeten mehrere neue Monde, darunter auch Proteus.
Als die Freien Außenweltler anfangs auf Proteus gelandet waren, hatten sie sich in einigen eilig ausgehobenen Tagebautunneln niedergelassen, da sie nur über wenig Baumaterial und andere Mittel verfügten und vom Verlust vier ihrer Schiffe und sechzehn ihrer Freunde und dem Überlaufen einiger ihrer Mitglieder zu den Geistern demoralisiert waren. Doch sie waren jung und belastbar und entwickelten bald Pläne für eine anspruchsvollere Siedlung. Sie errichteten eine Bergbauanlage auf Sao, einem irregulären äußeren Mond, der reich an kohlenstoffhaltigem Material war, und benutzten ihren übrig gebliebenen Trupp an Baurobotern, um in der Nähe von Proteus’ Äquator einen Krater zu vertiefen, seine Hänge terrassenförmig zu gestalten und ihn mit einer Kuppel aus Baudiamantscheiben und Fullerenstreben zu überdachen. Anfangs war es eine harte und schwierige Arbeit. Alle waren auf kleine Rationen gesetzt worden und arbeiteten lange Schichten. Idriss Barr, der stets gut gelaunt war und unter schlechten Bedingungen regelrecht aufzublühen schien, wurde automatisch ihr Anführer. Er schaffte es sogar, ein paar Leuten auszureden, zu den Geistern überzulaufen, obwohl ungefähr ein Drittel von ihnen abtrünnig wurde.
Es gab noch weitere Verluste. Galileo Alomar starb, als eine provisorische Kabine in der Bergbauanlage auf Sao Druck verlor. Heideki Suso wurde zwischen zwei Platten Baudiamant zerquetscht, während er die Schlussphase der Kuppelkonstruktion überwachte. Und bei der Installation der Lüster rutschte Anya Azimova ab, der Karabinerhaken ihres Sicherheitsharnischs gab nach, und sie fiel über fünfhundert Meter tief, ein Fall, der selbst bei Proteus’ geringer Schwerkraft tödlich war.
Der Verlust von Anya Azimova war besonders tragisch. Ihr Partner, Tor Hertz, hatte eins der Schiffe gesteuert, die nicht mit dem neuen Fusionsantrieb ausgerüstet gewesen waren. Das Schiff war während des Flugs vom Uranus von den brasilianischen Drohnen angegriffen und zerstört worden, und Azimovas Tod hatte ihre Zwillinge Han und Hannah, die damals zwei Jahre alt gewesen waren, zu Waisen gemacht. Nach zahlreichen gemeinschaftlichen Diskussionen, hatten sich Newt und Macy bereiterklärt, die beiden zu adoptieren. Ein ernstes Unterfangen, das ihren Entschluss beschleunigte, ihre Beziehung offiziell zu machen. Ein paar der Außenweltler heirateten den Dogmen ihrer verschiedenen Glaubensrichtungen und Philosophien entsprechend, doch Macy hatte schon lange den Glauben an das verloren, was man ihr
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